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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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auslieferst, bist du der Staatsfeind Nummer eins. Sie werden dich nie in Ruhe lassen.«
    »Ich weiß. Aber wenn ich ihnen Naïs übergebe, bringen sie mich auch um.«
    »Wenn du nicht mit dem Leben davonkommst, was erhoffst du dir dann?«
    Umaru schwieg, ehe er fragte: »Wer hat gesagt, dass ich nicht davonkommen kann?«
    »Und wie willst du das anstellen?«
    »Das, Henry, möchte ich lieber für mich behalten.« Der Albino deutete auf den Oberschenkel von Okah und den größer werdenden roten Fleck. »Meine Männer werden dich behandeln. Anschließend werden wir dich vor der nächstgelegenen Stadt absetzen.«
    Er wandte sich der Gruppe von Söldnern zu, die den Geländewagen im Auge behielten.
    »Holt sie raus«, befahl er und zeigte auf die Krankenschwester.
    Hinter der Windschutzscheibe glaubte Megan, einen frostigen Luftzug in ihrem Rücken zu spüren. Sie hatte nur Fetzen von dem Wortwechsel zwischen den beiden Männern aufgeschnappt, so groß war ihre Angst, dass sie sie umbringen würden, sobald sie aufhörten, miteinander zu sprechen.
    Atochas Männer gehorchten und näherten sich dem Fahrzeug wie Raubvögel. Megan zählte drei, alle waren bewaffnet.
    Ihre Hand griff langsam nach dem Zündschlüssel.
    Die bläulichen Lichtkegel der Scheinwerfer erhellten die staubige Piste, die eine Fluchtlinie bis zu den rauchenden Ruinen der katholischen Missionsstation zog.
    »He!«, sagte einer der Söldner und klopfte mit dem Lauf seiner Waffe gegen die Scheibe. »He, du, aussteigen.«
    Der Mann zerquetschte eine Stechmücke in seinem Nacken und zog an dem Türgriff. Er seufzte, als er feststellte, dass sie verschlossen war.
    »Madame, zwingen Sie mich nicht … «
    Er schlug mit der Faust gegen die Scheibe.
    Der Stoß ließ Megan zusammenzucken. Sie schloss die Augen. Die anderen Söldner versuchten, die Türen auf der Beifahrerseite zu öffnen. Sie traten gegen die Karosserie. Sie beschimpften sie. Die Geräusche hallten im Fahrzeug wider.
    Umaru Atochas Lippen bewegten sich, doch sie hörte nicht, was er sagte. Im Rückspiegel sah sie, wie einer der Männer mit dem Ellbogen ausholte und zuschlug.
    Die Scheibe zersplitterte. Die Glassplitter peitschten ihren Nacken und verteilten sich auf der Rückbank.
    Megan drehte den Zündschlüssel und stieg aufs Gas. Die Reifen des Geländewagens drehten für einen kurzen Moment durch und schleuderten schaufelweise Erde und Gräser in die Nacht. Als die Reifen wieder griffen, schrie sich der Mann vor der Motorhaube die Kehle aus dem Hals. Die Scheinwerfer verwandelten ihn in eine Wachspuppe. Der Frontschutzbügel traf ihn mit voller Wucht am Bauch, sein Kopf knallte gegen das Blech. Der Defender hüpfte, als er über den Körper fuhr, und die Reifen brachen ihm die Beine.
    Ein Gebrüll dröhnte Megan in den Ohren, und alles, was sie umgab, verschwand in einem Augenblick. Gesichter, die vor Überraschung verzerrt waren. Die Gestalt des knienden Okah. Die Söldner in den Pick-ups. Sie sah nur eine gleichmäßig tiefschwarze Fläche, eine in Finsternis gehüllte Weite, die so undurchdringlich war, dass sie ins Nichts zu rasen glaubte.

118
    Der Motor war überhitzt, und die Radaufhängungen kreischten. Sie hatte das Gefühl, dass sich die Landschaft auflöste.
    Äste zerkratzten die Karosserie, rissen den Außenspiegel ab. Sie fuhr zu schnell. Auf der holprigen Piste wurde der Wagen durchgerüttelt, die Erschütterungen übertrugen sich über das Steuer auf ihre Hände und Handgelenke, wie wenn sie einen Presslufthammer bediente. Der Geländewagen geriet ins Schleudern, der rechte Kotflügel knallte gegen einen Fels, was Megan dazu zwang, die Bremse durchzutreten.
    Die grellen bläulich-weißen Lichtkegel eines Scheinwerferpaars beleuchteten sie von hinten. Im Rückspiegel erkannte sie den schwarzen Schattenriss eines Pick-ups, der sie verfolgte. Das Geräusch des Fahrzeugs, das Heulen der Zylinder gelangte nicht bis zu ihr.
    Was sie hörte, war weit schlimmer.
    Ein langer Knall hallte durch die Nacht, unmittelbar gefolgt von einem Fauchen, das sich in der riesigen Steinwüste verlor. Ein weiterer Schuss in der Ferne ließ einen Schwarm Raben auffliegen.
    Reflexartig warf sich Megan der Länge nach auf den Beifahrersitz. Sie unterdrückte einen Schrei, als sie das Blut von Okah, das den Textilstoff getränkt hatte, an ihrer Wange verspürte. Weniger als eine Sekunde verging, ehe die Kugel mit einem dumpfen, leisen Klirren die Windschutzscheibe durchschlug.
    Tränen rannen ihr über

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