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Die unsicherste aller Tageszeiten

Die unsicherste aller Tageszeiten

Titel: Die unsicherste aller Tageszeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pregel
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für einen Moment erstarrte er völlig und vergaß sogar das Atmen, dann flackerten seine Augen, sein Atem flirrte und – er sank mir endlich lächelnd in die Arme. Triumph auf der ganzen Linie.
    Ich hielt ihn, bis er sich beruhigt hatte, bis er mir seine Dankbarkeit und Freude über das, was gerade geschehen war, heiß ins Ohr flüstern konnte. Dabei rieb er seinen Unterleib leicht an meinem, genoss den Schmierfilm seiner ersten echten, weil zwischenmenschlichen, sexuellen Erfahrung auf der Haut und wurde gleich wieder steif, obwohl sein Glied noch kaum etwas von seinem erigierten Zustand verloren hatte. Sehen konnte ich seinen Gesichtsausdruck dabei nicht, ich wusste aber, dass er dabei selig grinste. Die leisen Schmatzgeräusche, die er dann zwischen uns probeweise erzeugte, entlockten ihm sogar ein verzücktes Glucksen. Ich musste ebenfalls lächeln, vor gar nicht allzu langer Zeit war ich auch noch für solche kindlichen Späße zu haben gewesen. Ich ließ ihn machen.
    Einen kritischen Moment gab es noch, als erst ein Vater mit seinem kleinen Sohn die Toilette betrat und gleich danach zwei Jungs, die nicht nur pinkelten, sondern auch rumalberten, sodass wir eine ganze Weile in völliger Stille verharren mussten, um nicht entdeckt zu werden. In meinen Armen geriet mein junger Gespiele jedoch nicht in Panik, auf einmal schien ihm die Möglichkeit, in flagranti auf der Toilette erwischt zu werden, eher noch erotisierend: Das Blut pochte so hart und heiß in seinem Schwanz, dass ich es selbst durch meine Bauchdecke spürte.
    »Ich heiße Tim«, sagte er, als wir endlich wieder allein waren. »Ich will mehr davon.«
    »Nachmittags bin ich immer zu Hause, du kannst mich jederzeit besuchen. Dann zeige ich dir, wie Männer richtig Liebe machen«, antwortete ich, während ich uns mit Klopapier säuberte. Er erbebte sichtlich vor Verlangen, als ich ihm mein Angebot machte.
    »Wo wohnst du?«
    Ich nannte ihm die Adresse.
    »Wo ist das?«
    Ich erklärte ihm den Weg. »Findest du das?«
    »Ja, ich kenne mich hier aus. Wir kommen seit Jahren in den Ferien her.«
    »Prima.«
    »Welcher Name steht an der Tür? Bei wem muss ich klingeln?«
    Sein Sinn fürs Praktische gefiel mir.
    »Brandstätter«, antwortete ich.
    »Ist das dein Name?«
    »Nein.« Ich grinste ihn an und öffnete das Schloss der Kabinentür. »Also bis morgen. Und nicht vergessen. Ich freu mich.«
    Ich ließ ihn stehen, wo und wie er war, mit immer noch halb heruntergelassenen Hosen, und ging, mit dem Lächeln des erfolgreichen Eroberers auf den Lippen, duschen. Ob er wirklich kommen würde, wusste ich natürlich nicht, was ich hingegen wusste, war, dass ich mich tatsächlich über sein Kommen freuen würde. Das war einfach zu geil gewesen mit ihm. Gleichzeitig überlegte ich, ob ich das Rendezvous am späten Abend jetzt einfach so sausen lassen konnte, ich war ja eigentlich befriedigt, entschied mich aber dagegen, bis ich Gewissheit hatte, dass Tim auch tatsächlich zu mir kommen würde, obwohl mir der ältere Kerl auf einmal nicht nur irgendwie schwermütig vorkam neben dieser jugendlichen Agilität und Begeisterung, sondern geradezu schwerblütig.
    Und er kam wirklich. Am nächsten Tag, kurz nach dem Mittagessen, stand er bei mir auf der Matte. Sein Herz klopfte so laut, dass man es bis in den afrikanischen Busch gehört hätte, in seinem Gesicht aber saß ein so fettes und überglückliches Grinsen, es gegen alle äußeren und inneren Widerstände bis an meine Tür geschafft zu haben, als hätte er gerade nicht nur ein Heilmittel gegen Krebs entdeckt, sondern auch noch den Jackpot im Lotto geknackt.
    »Ich hab meinen Eltern gesagt, ich will alleine eine Radtour machen«, sagte er noch vor dem ersten Hallo. »Sie mussten es mir erlauben, ich habe heute Geburtstag.«
    »Na, dann komm rein. Ich habe das passende Geschenk für dich.« Ich zog ihn in mein geborgtes Haus und ließ meinen abgedroschenen Worten sogleich Taten folgen.
    Ich wache erschrocken auf, beinahe wäre mein Kinn von der Hand, auf die ich es gestützt halte, gerutscht und mit voller Wucht in mein halb leeres Pharisäer-Glas geknallt. Die Dünung ist nicht mehr als ein sanftes Schaukeln, das das große Schiff, diesen komprimierten Haufen träger Masse, kaum zu heben und senken vermag, dennoch komme ich mir wie in einer Wiege vor. Die Wärme, die sowohl von dem Heizkörper neben mir als auch von dem alkoholischen Heißgetränk in meinem Magen ausgeht, tut ihr übriges, um Schläfrigkeit zu

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