Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Titel: Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Orringer
Vom Netzwerk:
Mittelmeer bekämpft werden? Mit freundlichen Grüßen, POPEYE
    LIEBER POPEYE : Zuerst einmal: Ich bin ein großer Bewunderer von Ihnen! Ich verzeihe Ihnen, dass Sie Amerikaner sind, und hoffe, dass Sie das Reich mit einem Besuch beehren, sobald diese hässliche Angelegenheit vorbei ist. Mein Plan lautet folgendermaßen: Ich werfe meine Admirale so lange raus, bis ich einen finde, der Befehle von einem Führer entgegennimmt, der noch nie zur See gefahren ist. Voller Bewunderung, A. HITLER
    LIEBER HERR HITLER : Welche Stellung beziehen Sie betreffend der Judenfrage in Ungarn? Ihr M. HORTHY
    LIEBER HORTHY : Die Missionarsstellung, obwohl mir a tergo manchmal lieber ist, nur so zur Abwechslung. Voller Liebe, IHR A. HITLER
    »Vielleicht sollten wir mal mit Frigyes Eppler sprechen«, sagte Andras, als er alles gelesen hatte. »Vielleicht lässt er uns die Zeitung beim Journal drucken. Ein Verlagsprodukt dieser Qualität würde ich nur ungern der Vervielfältigungsmaschine anvertrauen.«
    »Du schmeichelst mir, Parisi«, sagte Mendel. »Glaubst du denn, er würde sich darauf einlassen?«
    »Fragen kostet nichts«, gab Andras zurück. »Er hat bestimmt nichts dagegen, uns ein bisschen Farbe und Papier abzugeben.«
    »Mach dich an die Bilder«, sagte Mendel. »Das kann nur helfen.«
    Andras gehorchte. Er verbrachte eine schlaflose Nacht am Zeichentisch. Zuerst entwarf er ein kunstvolles Titelblatt: der Name in Frakturschrift, flankiert von zwei leeren Güterwaggons rechts und links. Den Modeteil zierte die Zeichnung eines jungen Dandys in voller Munkaszolgálat-Uniform und leuchtend gelber Armbinde. Die Ballettkritik wurde von einer Gruppe Arbeiter illustriert, dick und dünn, jung und alt, die mit Mühe Kisten voller Munition balancierten. Für den Hitler-Teil erschien Andras eine nüchterne, ernste Herangehensweise die beste; er fertigte eine detaillierte Bleistiftzeichnung des Führers nach einem Bild in einer älteren Ausgabe der Pesti Napló an. Um vier Uhr morgens wachte Klara auf, um Tamás zu stillen, der nachts noch nicht durchschlief. Als sie ihn wieder ins Bett gelegt hatte, kam sie ins Wohnzimmer, ging zu Andras und drückte ihren Körper an seinen Rücken.
    »Was machst du noch so spät?«, fragte sie. »Willst du nicht ins Bett kommen?«
    »Ich bin fast fertig. Ich komme gleich.«
    Sie beugte sich über den Zeichentisch und betrachtete, was er an die schräge Fläche geklebt hatte. »Die schiefe Bahn« , las sie. »Was ist das? Wieder eine Zeitung?«
    »Die beste, die wir bisher gemacht haben.«
    »Das ist doch nicht dein Ernst, Andras! Denk daran, was in Transsilvanien passiert ist!«
    »Tue ich«, sagte er. »Aber zum Glück sind wir nicht in Transsilvanien. Varsádi ist nicht Kálozi.«
    »Varsádi, Kálozi, das ist alles dasselbe. Diese Männer haben dein Leben in der Hand. Ist es nicht schlimm genug, dass du wieder eingezogen wurdest? ›Sie fragen, Hitler antwortet‹?«
    »Die Situation in Szentendre ist anders«, erklärte er. »Die Kommandostruktur hat diesen Namen kaum verdient. Wir werden nicht mal heimlich veröffentlichen.«
    »Wie wollt ihr das denn anstellen? Wollt ihr Varsádi vielleicht ein Abonnement anbieten?«
    »Sobald die erste Ausgabe gedruckt ist.«
    Klara schüttelte den Kopf. »Das kannst du nicht machen«, sagte sie. »Das ist zu gefährlich.«
    »Ich kann das Risiko abschätzen«, sagte Andras. »Vielleicht sogar besser als du. Diese Zeitung ist nicht nur ein Spaß, Klara. Wir wollen unsere Leute zum Nachdenken über das anregen, was in Szentendre passiert. Jeden Tag hintergehen wir unsere Brüder an der Front. In meinem Fall vielleicht sogar wörtlich.«
    »Und wieso glaubst du, dass Varsádi nichts dagegen haben wird?«
    »Er ist ein Genießer, ein gutmütiger alter Narr. Die Zeitung wird seine Führungsqualitäten in den Himmel loben. Das wird ihn für alles andere blind machen. Er fühlt sich nichts und niemandem verpflichtet, außer seinem eigenen Vergnügen. Ich würde mich wundern, wenn er überhaupt eine politische Überzeugung hätte.«
    »Und wenn du dich irrst?«
    »Dann hören wir sofort auf.« Andras erhob sich und nahm Klara in die Arme, doch sie blieb aufrecht stehen und sah ihm fest in die Augen.
    »Ich kann die Vorstellung nicht ertragen, dass dir etwas zustößt«, sagte sie.
    »Ich bin Ehemann und Vater«, sagte er und fuhr mit der Hand über den Kamm ihres Rückgrats. »Ich werde sofort aufhören, wenn ich glaube, dass es gefährlich wird.«
    In dem Moment begann

Weitere Kostenlose Bücher