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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Englandfahrer so wie ich.«
    »Englandfahrer ja, aber gewiss nicht wie Ihr, Felding. Für uns Lübecker sind Ehre und Glaubwürdigkeit höchste Güter. Ihr Kölner dagegen schert Euch nicht um derartige Werte. Ihr habt gut dafür gesorgt, dass wir Euch nicht gleichgestellt sind, sondern einen großen Nachteil haben.«
    »Ehre und Glaubwürdigkeit schön und gut. Darauf halten auch die Kölner große Stücke. Bloß sind es keine einfachen Zeiten. Jeder muss sehen, wo er bleibt. Und was heißt schon Nachteil? Wenn einer blind ist, kann er umso besser hören, sagt man.«
    »Ihr habt gut reden. Euch hat man das Auge nicht ausgestochen.«
    »Und darüber bin ich von Herzen froh. Sonst wäre mir der Liebreiz dieser Dame entgangen, und das wäre zutiefst bedauerlich.« Er deutete eine Verbeugung vor Esther an. Wie unangenehm das alles war. Die Spannung zwischen den beiden Männern hing geradezu greifbar im Raum, und sie stand mitten dazwischen. Zu gern hätte sie Vitus ein Zeichen gegeben, damit er ein wenig freundlicher zu dem Mann war. Der konnte es sich immerhin jederzeit anders überlegen und sie nicht so einfach davonkommen lassen.
    Vitus funkelte sie an. »Nun, meine Dame, wenn ich Euch mit diesem Herrn allein lassen soll, damit er weiter in den Honigtopf greifen und Euch das süße Zeug um den Mund schmieren kann, lasst es mich nur wissen!«
    Sie schnappte nach Luft. »So ein Unfug«, murmelte sie leise. Lauter setzte sie hinzu: »Kaufmann Felding ist Kaspars Kunde. Wir haben soeben über einen Auftrag gesprochen.«
    »Ach ja? Dann flüsterst du wohl jedem Kunden Dinge, wie es sonst kein Weib zu tun vermag.«
    »Vitus, was …?« Wenn er doch nur aufhören würde so zu reden. Sie wünschte sich sehnlich, dass er warten und die Angelegenheit in aller Ruhe mit ihr besprechen würde, wenn sie alleine waren.
    »Sie lud mich ein, noch ein wenig zu bleiben, anstatt mich bei diesem unmenschlichen Regen zum Gehen aufzufordern. Dabei war alles besprochen. Seht Ihr, Vitus Alardus, Euch mögen Frauen ganz andere Dinge sagen. Aber für mich war diese Freundlichkeit schon das Höchste. Deshalb sagte ich diesen Satz zu ihr, als Ihr hinzukamt.«
    Vitus war für einen Moment sprachlos, Esther hoffte sehr, er würde sich entschuldigen, doch dazu ließ Felding ihm keine Gelegenheit.
    »Ich werde jetzt gehen, denn ich will ja nicht Zwietracht säen zwischen zwei Menschen, die innig verbunden sind. Vitus Alardus.« Er nickte ihm höflich zu, als wäre nichts weiter vorgefallen. »Schöne Esther aus Schleswig.« Vor ihr verneigte er sich. »Es ist ein Vergnügen, mit Euch Geschäfte zu machen.« Damit ging er hinaus in den Regen, der immer lauter auf das kleine Querhaus prasselte.
     
    »Schöne Esther«, schnaubte Vitus, kaum dass sich die Tür hinter Felding geschlossen hatte. »Mit Euch Geschäfte zu machen! Was sollen das wohl für Geschäfte sein, die er mit einer Frau macht? Kannst du mir das erklären?«
    »Ja, das kann ich«, sagte sie fest. »Wenn du dich nur beruhigen willst.« Er würde nicht übel staunen, wenn sie ihm erzählte, dass er sich nicht länger um den Schmuggel des falschen Schreibens sorgen musste, dass einiges für sie viel leichter ablaufen konnte, als sie es sich ausgemalt hatten.
    »Ich will mich aber nicht beruhigen!« Er war außer sich. »Dich in einer innigen Begegnung mit einem anderen zu finden. Obendrein mit einem Kölner!« Das schien schwerer zu wiegen als alles andere. »Gerade jetzt, wo Vertrauen das Wichtigste ist, das wir einander geben müssen. Das hätte ich nie von dir gedacht, Esther, nie und nimmer.«
    »Du solltest auch jetzt nicht schlecht von mir denken, Vitus. Was dir wie eine innige Begegnung erschienen sein mag, war gar nichts.«
    »Gar nichts? Schon für die Berührung deiner Hand hätte er mit einer Strafe rechnen müssen, wenn man ihn dabei erwischt. Er aber hat deine Wange berührt und seine dreckigen Finger nicht etwa eilig zurückgezogen, als ich eingetreten bin. Er muss sehr unerschrocken sein. Oder er hatte deine Einwilligung.«
    »So war es nicht, Vitus. Diese Berührung war ohne Bedeutung. Er ist ein einsamer Mensch, der einen lohnenden Auftrag für Kaspar hat. Ich war nur freundlich zu ihm.«
    Sein Gesicht war dunkelrot, seine Augen blitzten vor Zorn. Eine Strähne seines schwarzen Haars fiel ihm in die Stirn. Sogleich strich er sie unwirsch zurück.
    »Ein einsamer Mann, der mit einem lohnenden Auftrag wedelt, erhält in diesem Skriptorium also eine Zusatzleistung von der

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