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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gekommen, sondern hatte zunächst Cord von Lizard im Verdacht. Ha! Diesen alten Recken. Ist das nicht komisch?«
    Wulf badete regelrecht im Gefühl der Überlegenheit. Trevirs sprachlose Überraschung genoss er wie süßen Met, was wohl auch seine prahlerische Gesprächigkeit erklärte. Mit seinem arroganten Lachen hatte er Molog vollends aus dem Schlaf gerissen. Der Herr des Schwarzen Heeres fuhr mit einem Ruck vom Feldbett hoch. Dabei ging er seiner wärmenden Decke verlustig und stand nun im Nachthemd vor den beiden Störenfrieden.
    »Was ist hier los?«, donnerte er mit Furcht erregendem Bass.
    »Ich habe einen Spion auf frischer Tat ertappt, Vater. Sieh selbst, die Dokumentenhalter. Er wollte sie dir stehlen. Was soll ich mit ihm anfangen?«
    »Wirf seinen Kopf den Krähen zum Fraß vor«, lautete Mologs erster spontaner Einfall. Er war vom Schlaf noch sichtlich benommen und blickte verwirrt auf den Stapel Röhren, dann wieder auf den vermeintlichen Spion.
    Trevirs Augen und Mund standen weit offen. Warum hatte Wulf kein Sterbenswörtchen über ihre Wesensgleichheit verloren? Fürchtete er seinen Gefangenen etwa ernsthaft als Rivalen?
    Der Rekrut holte Atem. »Aber…!« Der Einspruch blieb ihm buchstäblich im Halse stecken – Wulf hatte ihm die Schwertspitze an die Kehle gesetzt.
    »Nicht hier!«, sagte Molog rasch. »Willst du mir die Teppiche verderben? Erledige das draußen.«
    »Du hast gehört, was dein Herr und Gebieter befiehlt«, sagte Wulf und gab ein wenig mehr Druck auf das Schwert an Trevirs Hals.
    Der junge Hüter stolperte lahm einen Schritt zurück, dann wandte er sich um und ließ sich widerstandslos zum Ausgang führen. In seinem Kopf rasten die Gedanken dafür umso wilder durcheinander. Was sollte er tun? An seinem Gürtel war noch ein Beutel mit Blendpulver, aber er würde wohl kaum unbemerkt die Tunika heben und das Mittel zum Einsatz bringen können. Sollte er Wulf das Schwert entreißen? Unwillkürlich tastete sein Geist nach der Klinge, die er im Rücken spürte.
    »Lass das!«, herrschte ihn Wulf an.
    Trevirs Beine wurden weich. Seine Verzweiflung drohte ihn zu übermannen. Gerade hatte er den Zeltausgang erreicht, konnte am Boden zu seiner Rechten schon die gelähmten Wachen erblicken, sah sich schon ebenso da liegen – nur ohne Kopf –, als plötzlich hinter ihm Mologs Stimme erscholl.
    »Wartet!«
    Trevir spürte eine Hand, die ihn am Kragen packte, hörte zugleich Wulfweardsweorths Stimme, die ihm Halt gebot und hiernach fragte: »Was ist, Vater?«
    »Bring den Jungen noch einmal her.«
    Eine ganze Steinlawine löste sich von Trevirs Herz und legte neue Hoffnung frei. Nur allzu gern ließ er sich wieder in das Zelt schubsen.
    »Wie lautet dein Name?«, erkundigte sich Molog streng.
    Der Gefragte hielt den Kopf gesenkt, um sein Gegenüber nicht unnötig zu provozieren. »Trevir.«
    »Er nennt sich Pilger«, warf Wulf ein.
    Das Blut schoss Trevir in den Kopf und spülte einen Herzschlag lang beunruhigende Gedanken herein. Der erste galt Featherbeard. Du Verräter! Die nächsten brachten die Einsicht, dass Wulf den Beinamen auch von anderen erfahren haben konnte, von jemandem, der die Unterhaltung mit seinem Waffenpaten belauscht hatte, oder vom Wirt der Schenke Zum lockeren Mundwerk … Wie lange würde es im letzten Fall noch dauern, bis der Kriegslord eins und eins zusammenzählte und den Dieb von Zennor Quoit sowie den hier auf frischer Tat Ertappten als ein und denselben entlarvte?
    Molog hatte seinen Ziehsohn für den Zwischenruf mit einem eisigen Blick bedacht, der Wulfs Mitteilungsbedürfnis vorübergehend dämpfte. Jetzt richtete der Kriegslord das Wort wieder an den vermeintlichen Spion. »Was ist das Ziel deiner Pilgerfahrt, Trevir?«
    Nur allzu deutlich erinnerte sich der Gefragte an Aluuins Warnung – Nie darfst du dich in die Gewalt von jemandem begeben, der das von dir Empfangene zu missbrauchen sucht; es wäre womöglich das Ende nicht nur unserer Welt – und erwiderte ausweichend: »Ich suche die Vollkommenheit.«
    »Das ist ein großes Vorhaben für einen so jungen Mann. Warum bist du dann in mein Heer gekommen?«
    »Ich wurde eingefangen und hatte keine andere Wahl.«
    »Das ist richtig«, meldete sich überraschend eine volle Stimme zu Wort. Alle blickten zum Zelteingang. Cord von Lizard trat ein, in der Hand eine Fackel, und bedeutete seinem Gefolge aus Soldaten draußen zu warten. Er verbeugte sich vor seinem Herrn. »Ich hörte Eure Stimme.«
    »Wäre dieser

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