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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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halten.«
    »Das geht vielen Vätern so, Herr.« Cord bückte sich nach dem herrenlosen Schwert und hob es vom Boden auf.
    Molog nickte grimmig. »Obwohl es dumm ist, und das ärgert mich – als wir seinerzeit nach Annwn zogen, war ich nur fünf oder sechs Jahre älter als Wulf. Wie unser nächtlicher Besucher hier beweist, lag ich mit meinen Vermutungen goldrichtig.«
    »Und trotzdem hätte Aluuin Eure Pläne mit diesem Jungen fast durchkreuzt.« Cord deutete auf Trevir, der die geradezu zwanglose Plauderei der beiden Krieger mit wachsendem Unbehagen verfolgte. Er musste an die Worte seines Lehrmeisters denken, als er von einem fähigen Novizen gesprochen hatte, der vor vielen Jahren auf Sceilg Danaan gelebt habe und von ihm, dem Oberhaupt des Dreierbunds, zum Nachfolger auserkoren worden sei. Doch sein Herz wandte sich der Finsternis zu. In diesem Moment glaubte Trevir zu wissen, wer dieser Abtrünnige war.
    Molog grinste. »Knapp daneben ist auch vorbei, mein Guter. Dabei dachte ich, mir diesen mächtigen Gegner längst vom Hals geschafft zu haben.«
    »Wen? Das Oberhaupt des Dreierbunds oder unseren Rekruten hier?«
    Mologs Gesicht blieb unergründlich, als er antwortete: »Offen gestanden, weiß ich das selbst noch nicht.«
    Ketten waren unversehens zu einem elementaren Bestandteil von Trevirs Leben geworden. Dafür gab es zwei Gründe: Erstens lag er in solchen und zweitens hatte Wulf in seiner überschäumenden Eifersucht vom Zusammenketten des Triversums gesprochen. Der Gefangene ahnte, worum es dem König der Kriegslords ging. Er wollte die drei von Menschen bewohnten Sphären zum Zeitpunkt ihrer größten Annäherung aneinander binden, das Spiel der kosmischen Wellen anhalten, um seine Macht über die Grenzen Trimundus’ hinaus auszudehnen, auf die zweite und auf die dritte Welt.
    Zu diesem Zweck hatte er sich Wulf herangezogen, dessen Herkunft im Dunkeln lag, aber der wie alle Neugeborenen einmal unschuldig und ohne Niedertracht gewesen sein musste. Aber was hatte Aluuin einst gesagt? Auch Empfänger seien verletzlich und verführbar wie jeder andere Mensch. Sie könnten sich zum Guten oder zum Bösen wenden. Letzteres wäre allerdings ein großes Unglück. In Wulfs Fall schien sich das Unglück bereits abzuzeichnen. Er hatte sich zu einem eitlen Jüngling entwickelt, der schon genauso verdorben war wie sein grausamer Ziehvater.
    Und jetzt hatte Molog sich eine zusätzliche Sicherheit verschafft: Trevir.
    Als wäre allein der Anblick seines Schattens an der durchscheinenden Wand oder der Klang seiner Stimme eine geheime Information, versteckte man den Gefangenen in einem Zelt mit einer dicken Plane aus schwarzem Öltuch. Nur Dwina und Cord von Lizard durften ihn besuchen, Erstere, um ihn zu versorgen, und Letzterer, um ihn zu verhören. Obwohl der Waffenmeister die Würde des Arrestanten achtete, ja sich ihm gegenüber geradezu freundlich verhielt, blieb Trevir auf der Hut. Er wollte sich durch Ritterlichkeit nicht blenden lassen.
    Gerade hatte ihn Mologs engster Berater erneut besucht, mit Engelszungen um sein Vertrauen geworben, ihn wie selbstverständlich nach seinem Leben auf Sceilg Danaan gefragt und sich schließlich nach einem für ihn rundweg unbefriedigenden Monolog wieder verabschiedet.
    Der Gefangene brütete auf seinem Lehnstuhl mit finsterer Miene vor sich hin. Aluuins eindringliche Warnung an seinen Schüler, sich nicht in die Gewalt von jemandem zu begeben, der die besondere Natur eines Hüters des Gleichgewichts missbrauchen wollte, hatte sich in einen Fluch verwandelt. Trevir fragte sich, was er jetzt tun sollte. Die Ketten an seinen Hand- und Fußgelenken scheuerten zwar, aber sie waren seine geringste Sorge – jederzeit konnte er sich von ihnen befreien, indem er sie einfach versetzte. Vor dem Zelt fingen die Schwierigkeiten erst richtig an. Da standen drei gestaffelte Reihen von Wachen. Den äußeren Ring bildeten Bogenschützen. Diese Phalanx zu durchbrechen war unmöglich, solange er sich nicht selbst an einen anderen Ort versetzen konnte. Mehrmals hatte er es ausprobiert. Ohne Erfolg.
    »Trevir?«
    Er drehte den Kopf und sein Gesicht begann zu strahlen. »Dwina!«
    Cord hatte die hübsche Heilerin dazu ausersehen, sich um das Wohlergehen des Gefangenen zu kümmern. Diesem glücklichen Umstand verdankten sie ihre Versöhnung. Seitdem waren zwei Tage vergangen. »Ich bringe etwas Suppe«, erklärte sie laut den Grund ihres Kommens. Als sie an seiner Seite niederkniete, fügte sie

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