Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Burg entwendeten Dokument, dass die drei Welten sich in wenigen Tagen sehr nahe kommen würden. Zwar sollte das blaue Glühen ihn noch nicht in dieser Nacht ereilen – eine schauderhafte Vorstellung, bei dem, was er gerade tat! –, aber bis dahin durfte er auch nicht warten. Sein Plan war einigermaßen kühn. Er wollte in Mologs Zelt vordringen und die Kiste mit den Dokumenten stehlen. Weil ihm die Fußangeln in diesem Vorhaben durchaus bewusst waren, hatte er sich ein paar kleine Kunstgriffe zurechtgelegt.
    Fast lautlos drang er ins Zentrum des nächtlichen Lagers vor. Mologs schwarz-grau gestreiftes Zelt befand sich mitten in einem quadratischen Platz, der aus Lagerfeuern und Wachen gebildet wurde; Letztere standen an den Eckpunkten des Gevierts. Links und rechts davon gab es zwei kleinere Unterkünfte – eine für Cord von Lizard, in der anderen hauste Wulfweardsweorth, der Wolf.
    Aus tiefen Schatten heraus sondierte Trevir das Terrain. Die Posten waren alle mit Schwertern und Speeren bewaffnet. Sie machten einen wachen Eindruck, unmöglich, sich ihnen unbemerkt zu nähern. Kostbare Zeit verstrich. Wenn in diesem Moment jemand in der Nähe vorbeilief, musste er den heimlichen Beobachter unwillkürlich sehen. Dann geschah etwas, das Trevir ein Lächeln entlockte.
    Einer der Posten stützte sich schwer auf seine Lanze.
    Wie der Schatten eines vorbeifliegenden Vogels huschte Trevir zu einem anderen Zelt, um sich in eine günstigere Ausgangsposition zu bringen. Auf der Blicklinie zu dem Zielobjekt befanden sich nun ein weiterer Posten sowie ein Lagerfeuer, dann erst kam der Soldat, der augenscheinlich Erleichterung für seine schmerzenden Füße suchte. Trevir konzentrierte sich kurz auf Schwert und Speer des Mannes – im nächsten Augenblick hielt er die Waffen in den Händen.
    Überraschend seiner Stütze beraubt, fiel der Posten um.
    Dieser Vorgang wurde von einem kleinen Aufschrei begleitet; es war dem Mann anzusehen, wie er sich flugs zügelte, weil er seinen Herrn im Zelt nicht wecken wollte. Dennoch reichte der Laut aus, um die anderen drei Wachen auf den Plan zu rufen. Trevir beobachtete zufrieden, wie die Kameraden dem Entwaffneten zu Hilfe eilten und ihn sogleich in eine aufgeregte Diskussion verwickelten. Mit Sicherheit versuchte er ihnen klar zu machen, dass sich seine Lanze in Luft aufgelöst habe, woraufhin die anderen ihn vermutlich für verrückt erklären würden. Die entführte Waffe steckte außer Sicht im Boden.
    Lautlos glitt Trevir aus der Deckung und lief zum Zelt Mologs, der unüberhörbar schlief- Featherbeard hatte behauptet, selbst ein Gewitter könne den Kriegslord nicht aufwecken, weil er kein Gewissen habe, das ihn des Nachts plage.
    Alsbald vernahmen die sich leise beratenden Posten ein Geräusch, das sich deutlich vom Schnarchen ihres Herrn abhob. Gleichzeitig fuhren sie herum und sahen das vermisste Schwert mit der Spitze voran im Boden stecken. Es wippte leicht. Zwei der Wachen kamen vorsichtig näher. Ehe sie die Waffe ganz erreicht hatten, verschwand sie vor ihren Augen. Verwundert eilten alle vier Posten zu dem verbliebenen Loch im Boden und fingen wieder an zu diskutieren.
    Plötzlich vernahmen sie einen neuen verdächtigen Laut und wieder sahen sie an einer anderen Ecke des Gevierts das närrische Schwert im Boden schwingen. Jetzt rannten alle zugleich. Als sie die Ecke des Zeltes erreichten, an der die Waffe auf sie wartete, rieselte unvermittelt eine feine Wolke auf sie herab. Erst merkten sie nichts davon, begrüßten nur das zurückgewonnene Schwert, aber dann wurde es plötzlich dunkel vor ihren Augen, ihre Glieder schienen zu gefrieren, einer nach dem anderen kippte um und blieb wie gelähmt liegen.
    »Danke, Clutarigas«, hauchte Trevir, während er hinter dem Zelt hervortrat und die bewegungslosen Posten traurig musterte. Sie würden frühestens in zwei Stunden Alarm schlagen können. Nachdem er sich noch einmal umgesehen hatte – das Lager war ein einziges friedliches Schnarchen – schlüpfte er in Mologs Zelt.
    Das Licht der vier Wachfeuer drang gedämpft durch die Stoffwände herein. Die Unterkunft des Heerführers bot ein paar Annehmlichkeiten, die Trevir sonst noch nirgends im Lager gesehen hatte: Teppiche auf dem Boden, eine auf einem Tisch bereitstehende silberne Platte mit allerlei Delikatessen zur Stärkung im Falle nächtlicher Schlaflosigkeit sowie ein ziemlich großes Feldbett.
    Darin schlummerte der Kriegslord tief und fest. Einige Augenblicke lang

Weitere Kostenlose Bücher