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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ein Physiker daran, dass jedes Teilchen unserer Welt ein Spiegelteilchen mit gleicher, aber negativer Masse hat.«
    »Aber es hat immerhin Masse. Ha!« Francisco lachte triumphierend auf. »Jetzt bist du über deine eigenen verknoteten Gedanken gestolpert. Vorhin sagtest du, Geist würde sich in Materie und Materie in Geist verwandeln.«
    »Das ist kein Widerspruch, sondern eine Folge aus Paul Diracs Überlegungen. Die Wissenschaft ist ja bis heute nicht stehen geblieben. Albert Einstein ging noch von einer vierdimensionalen Raum-Zeit aus, andere Physiker sind mittlerweile bei sechsundzwanzig Dimensionen angelangt.«
    »Warum nicht zweihundertsechzig?«, fragte Francisco spöttisch. Sie hatten ihren Ford Escort erreicht und er wartete darauf, einsteigen zu können.
    Vicente öffnete den Wagen und entriegelte von innen die Beifahrertür. Als sein Bruder neben ihm Platz genommen hatte, antwortete er: »Weil es dafür keine mathematischen Modelle gibt.«
    »Du baust dir da etwas aus Versatzstücken der Wissenschaft zusammen, Vicente, weil sie deine aberwitzigen Vorstellungen von einem Multiversum zu stützen scheinen, aber wirklich erklären und für mich fassbar machen kannst du deine Theorien nicht. Diese Geist-Materie-Geschichte – wie soll das funktionieren?«
    »Das ist ein ziemlich komplexer Vorgang. Einfach ausgedrückt, gibt es keine Fermionen ohne Bosonen – Erstere sind Materieteilchen wie die Elektronen und Letztere ihre ganz aus Energie bestehenden Zwillinge. Es ist, als blickten beide in einen Spiegel: hier die Materie, dort die Energie. Sie können sogar die Seiten wechseln.«
    »Du meinst in der Art, wie sich das Plutonium einer Atombombe in einen Lichtblitz verwandelt?« Vicente startete den Motor. »Vom Prinzip her schon.« Francisco schüttelte den Kopf. »Die Sache ist mir zu explosiv.«
    »Ich kann dir ein populärwissenschaftliches Magazin borgen, das die Zusammenhänge auf einfache Weise erklärt. Es liegt hinten in meinem Gepäck.«
    »Wohl in dem ominösen Alukoffer, um dessen Inhalt du immer so eine Geheimnistuerei machst.«
    »Jeder braucht seine Privatsphäre, Francisco.«
    »Vielleicht schau ich’s mir bei Gelegenheit an. Wohin geht die Reise jetzt?«
    Vicente lenkte den Wagen auf die A 303 nach Westen. »Glastonbury Hill.«
    »Ein Hügel? Was hat der mit Pyramiden zu tun?«
    »Einige Kollegen vertreten die Ansicht, bei der terrassenförmigen Erhebung handele es sich um eine Pyramide, die aus einem künstlich umgeformten Erdrücken entstand.«
    »Der Name Glastonbury kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Hätte mich auch gewundert, wenn’s anders wäre. Artus soll dort bestattet worden sein.«
    »Etwa König Artus? Der mit der Tafelrunde?«
    »Man hat bei Ausgrabungen angeblich die Gebeine eines Zwei-Meter-vierzig-Hünen gefunden. Seine blonde Gemahlin Guinevere soll auch dort begraben liegen. Es gibt allerdings auch andere Orte, von denen das behauptet wird.«
    »War auf dem Hügel nicht ein Kloster errichtet worden?«
    »Ja. Wir werden an der Stelle aber nur noch Tor sehen, einen seltsamen Turm. Viele bezeichnen auch die gesamte Anhöhe so, weil Tor nichts anderes als das keltische Wort für Hügel ist. Die Mönche erbauten dort im Mittelalter übrigens eine Kirche, die sie dem Erzengel Michael weihten, demselben ›Drachentöter‹, dem die große Skellig-Insel ihren Namen verdankt.«
    Ein Schauer lief über Franciscos Rücken. »Hat Glastonbury Hill auch eine vorchristliche Geschichte?«
    »Und ob! Tor soll der Eingang zu Annwn gewesen sein, dem unterirdischen Reich der Feen. Das Schloss ihres Königs Gwyn ap Nudd thronte auf dem Hügel und manche sagen, er regiere sein Reich noch immer von dort.«
    »Eine Pforte in eine andere Welt«, murmelte Francisco. »Allmählich wird mir klar, warum wir nach Glastonbury fahren.«
    »Klingt viel versprechend, nicht wahr? Seitdem ein Erdbeben das Kloster zerstört hat, sprudelt unterhalb des Hügels übrigens die eisenoxydhaltige ›Blutquelle‹. Der Legende nach ist der Heilige Gral darin versteckt.«
    Francisco war ganz mulmig zumute, aber er konnte sich nicht erklären warum. Er hörte kaum zu, als Vicente noch weiter in der Geschichte von Glastonbury Hill zurückging.
    »In megalithischer Zeit soll der Hügel Ynis Witrin geheißen haben, die ›Gläserne Insel‹. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen stützen die Existenz einer weitläufigen Wasserfläche in der Gegend. Ynis Witrin besitzt übrigens noch einen bekannteren Namen, den du

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