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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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enthielt!
    Topra starrte entsetzt auf das blaue Kissen. Noch einmal vergewisserte er sich seiner überraschenden Wahrnehmung. Es gab keinen Zweifel. Der kleine, einem gewundenen Tau nachempfundene und mit Diamanten, Saphiren und Smaragden besetzte Ehereif besaß die gleiche infame »Sonderausstattung«, die auch er am Hals trug.
    Benommen sah Topra dem Griffelhalter nach. Vor den leeren Stühlen des Brautpaares fächerten die Elitesoldaten auseinander und bezogen hinter dem Pharao und dem Großwesir Posten. Nefermaat legte das Kissen neben dem Altar auf einen Alabastersockel und zog sich sodann hinter die Hoheiten zurück, um für den Rest des Tages wieder jede Äußerung aus dem Mund des Pharaos zu protokollieren.
    Fieberhaft sann Topra über seine Optionen nach. Sollte er Alarm schlagen? Oder doch besser warten? Was hatte Ibah-Ahitis auffällige Reaktion zu bedeuten? Stellte man ihm hier eine neue Falle? Oder hatte Hobnaj sich diesen Winkelzug ausgedacht, ohne etwas zu erwähnen? Weder das eine noch das andere schien Sinn zu machen. Während Topra noch mit der verzwickten Situation haderte, ertönten abermals Fanfaren.
    Das Brautpaar betrat die Große Säulenhalle. Aabuwa lief links, Inukith rechts. Er trug die weiße Galauniform der baqatischen Marine mit einem reich verzierten Prunksäbel, sie ein schulterfreies, enges Kleid aus weißem Plisseestoff sowie einen Schleier, der ihr Gesicht bedeckte und von einundzwanzig Jungfrauen getragen wurde. Die einander Versprochenen hielten gemeinsam einen goldenen Stab, der eine Papyrusstaude und damit Fruchtbarkeit darstellte. Nach altem Brauch durften sich ihre Hände dabei nicht berühren. Erst wenn jeder das Gewicht des Ehereifs am Handgelenk oder Unterarm spürte, war Körperkontakt erlaubt. Die Hörner verstummten und das Orchester stimmte einen Hochzeitsmarsch an.
    Gemessenen Schrittes ging das Paar durch den Mittelgang. Topras Blick hing an Inukiths Schleier. Ob ihre Augen ihn suchten? Waren sie tränenschwer, weil ihre Entscheidung sie gereute? Oder lächelte sie triumphierend? Als das Brautpaar die beiden Stühle fast erreicht hatte, konnte Topras Blick für einen kurzen Moment den feinen Tüll durchdringen und sein Herz verkrampfte sich.
    Inukiths Gesicht war eine Maske des Leids. Sie gab sich nicht einmal Mühe, die glückliche Braut zu spielen. Und, schlimmer noch, unter ihrem linken Auge befand sich ein dunkler Fleck.
    »Der Kerl hat sie geschlagen!«, entfuhr es Topra. Der Gedanke war zwar nur als Zischen über seine Lippen geschlichen, aber Nefermaat, der ganz in seiner Nähe stand, drehte sich trotzdem erbost nach dem Störenfried um. Sogar Aabuwa schien den Laut zu seiner Linken vernommen zu haben, denn er beugte sich vor, um an seiner Braut vorbeizusehen, und zeigte Topra eine unmissverständliche Geste: Mit gerecktem Zeigefinger fuhr er sich über die Kehle.
    Topra traute seinen Augen nicht. Erst die eisigen Blicke der Kaiserin und jetzt das! In den vorderen Reihen sowie auf den Stehplätzen hinter dem Spalier der Leibgarde entstand ein unruhiges Gemurmel. Pharao Isfet runzelte die Stirn. Seine Gemahlin zeigte den Fernsehkameras ein Lächeln aus Zartbitterschokolade. Ihre dunklen Augen lagen kalt auf der verhüllten Gestalt, die Aabuwa am Papyrusstängel jetzt regelrecht hinter sich herzerrte. Wie würden die Berichterstatter aus aller Welt wohl diesen Zwischenfall kommentieren? Vielleicht: »Verehrte Zuschauer, soeben verdonnerte der Kronprinz einen seiner Leibwächter für immer zum Schweigen.«?
    Das Brautpaar nahm auf den Stühlen vor dem Altartisch Platz.
    Als die letzten Takte des Hochzeitsmarsches verklungen waren, stieg hinter dem schwarzen Basaltblock eine Wolke auf. Während der Rauch sich verzog, wurden zwei Männer und eine Frau erkennbar, die Priesterschaft der memphitischen Triade. Alle waren kahlköpfig und trugen ein weites Gewand aus gebleichtem Leinen. Weil der Repräsentant des Schöpfergottes Ptah zugleich das Amt des Hohepriesters innehatte, durfte er die Zeremonie der Eheschließung zelebrieren. Hierzu trat er zwischen der ersten Dienerin Sachmets und dem obersten Priester Nefertems hervor, umrundete den Altar und baute sich mit gefalteten Händen vor den Brautleuten auf.
    Der Hohepriester deklamierte von den Rechten und Pflichten der Ehe, wobei Erstere hauptsächlich dem Manne und Letztere der Frau zufielen. Er versäumte auch nicht, die besondere Einbeziehung der Götter in den heiligen Bund zu betonen, und zählte einige Drohungen

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