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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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von denen zumindest eine das Leben Eures Vaters bedrohte. Handelt so ein Diener, der seinen Herrn töten oder ihm den Thron streitig machen will?«
    Der Prinz knirschte mit den Zähnen. Er nickte beifällig und erwiderte langsam, wohl artikuliert und weithin hörbar: »Beweise mir deine Loyalität. Bringe mir den Ring, der zu deinen Füßen liegt.« Er gab seinen Soldaten einen Wink, damit sie Topra losließen.
    Der suchte mit einem raschen Blick unter Inukiths Schleier nach irgendeinem Zeichen, doch er konnte ihr Gesicht nicht erkennen. Sie stand reglos da, ihre Hand drohte von dem goldenen Papyrus abzugleiten. Topra sah auf den Reif herab, den während der ganzen Herumschieberei kein Fuß berührt hatte. Sollte er dem Druck seiner Peiniger nachgeben? Langsam schüttelte er den Kopf und sah Aabuwa direkt in die Augen. »Das kann ich nicht, Hoheit.«
    »Dann verweigerst du also meinen Befehl?«
    Topra bückte sich nun doch und hob den Ring auf. Doch nicht, um ihn dem Prinzen zu überreichen, sondern um ihn für alle im Umkreis sichtbar hochzuhalten und zu wiederholen: »Dieser Reif enthält eine Sprengladung, die Prinzessin Inukith schweren Schaden zufügen kann. Ich weiß nicht, wer sich diese Bosheit ausgedacht hat, aber als Mitglied der Leibgarde darf ich meine Herrin nicht dieser Gefahr aussetzen.«
    Einige der Hochzeitsgäste zogen sich ängstlich zurück.
    Der Bräutigam knurrte drohend: »Ist es nur Pflichtgefühl, das dich so verstockt sein lässt, oder steckt mehr dahinter? Am Hof wird gemunkelt, du hättest dein Herz an meine Braut verloren?«
    Topras Mund stand offen. Mit diesem Winkelzug hatte er nicht gerechnet. Sollte er seine Gefühle für Inukith hier, vor aller Welt, verleugnen? Er käme sich wie ein Betrüger vor. Würde der Prinz als Nächstes womöglich die Prinzessin der Untreue bezichtigen? Das Gesetz kannte nur eine Strafe für einen derart schwerwiegenden Bruch des Eheversprechens: den Tod. Nein – Topra schüttelte den Kopf, er musste diesem abgefeimten Spiel ein Ende machen. Für alle deutlich hörbar rief er: »Ich verehre Eure Braut, das ist wahr. Aber tun das nicht alle meine Kameraden und würden für sie ihr Leben geben? Während ich kürzlich in Prinzessin Inukiths Gemächern nach Bomben suchte, vertraute sie mir an, aus freien Stücken in die Ehe mit Euch einzuwilligen. Was spielt es da für eine Rolle, ob ein junger Mann wie ich seine Herrin verehrt? Inukith hat die Krone gewählt, nicht den Bund.«
    Topra konnte erkennen, wie der Papyrusstängel einen Augenblick zitterte, doch Aabuwas fester Griff tilgte dieses verräterische Signal sogleich. Nachdem er dem Gesicht unter dem Schleier einen strengen Blick zugeworfen hatte, wandte er sich wieder an den störrischen Bombenfinder.
    »Beweise mir die Wahrhaftigkeit deiner Worte, andernfalls muss ich dich für einen Befehlsverweigerer halten. Gib mir den Ehereif. Sofort!«
    Topra richtete sich gerade auf und schüttelte den Kopf. Inukith hatte sich zwar gegen ihn, den Sohn Gisas, entschieden, aber trotzdem vermochte er sie nicht zu hassen. Ihr durfte kein Leid geschehen. Lieber wollte er sterben. »Ich bringe die Bombe jetzt ins Depot, Hoheit, damit sie entschärft werden kann.«
    »Wohl eher, damit du Lump dich mit deiner Beute aus dem Staub machen kannst. Das werde ich nicht zulassen«, erwiderte der Prinz mit eisiger Stimme und gab dem hoch gewachsenen Leibgardisten, der hinter Topra stand, einen Wink. Sofort wurde der Beschuldigte wie von einer Eisenklammer gepackt und aus der Phalanx der Soldaten auf die freie Fläche zwischen dem Altar und den Sesseln der Brautleute geschoben. Das Gemurmel im Saal schwoll wieder an.
    Aabuwa wandte sich zum Pharao um, der unterdessen zwischen seine Gemahlin und den Hohepriester getreten war. »Dieser Soldat verweigert mir vor den Augen der Welt am Tage meiner Hochzeit den Gehorsam, Vater. Nicht weniger als das Zeichen unseres Ehebundes will er meiner Braut vorenthalten. Er verdient eine Strafe. Jetzt und hier.«
    »Ja, und zwar die höchste, die es gibt!«, geiferte Ibah-Ahiti. »Er hätte sie schon vor achtzehn Jahren verdient. Aber jetzt…«
    »Schweig!«, gebot Isfet mit eisiger Stimme seiner Gemahlin. Sie gehorchte, wenngleich ihre Augen nun auch gegen ihn feurige Blitze verschossen. In die Miene des Pharaos kehrte schnell die vertraute gebieterische Würde zurück. Nefermaat kontrollierte das Tonaufzeichnungsgerät und senkte den Stift auf seinen Stenogrammblock. Topra stemmte sich gegen den

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