Die unsichtbare Pyramide
sich mit der Hand über die schmerzende Stirn und gewahrte beiläufig, dass er immer noch glühte. Allmählich wurde das Bild seines Widersachers klarer. Auch Wulf war eingehüllt in gleißendes Blau. Dicht hinter ihm stand Molog, die Augen mit einem dunklen Tuch verhüllt, und lächelte voll stiller Zufriedenheit. In respektvollem Abstand zu den beiden hatten sich schwarze Krieger im Halbkreis aufgebaut und hielten sich alle möglichen Lumpen vor ihre Gesichter. Aber dann stutzte der geschundene Hüter, als sein Blick, eher zufällig, durch Wulfs Beine die Eingangstür der Rotunde streifte. Trevir kniff die Augen zusammen, weil er es für eine Folge des Schlages auf den Kopf hielt, was er da sah. Es war eine kleine, würdevolle Gestalt in enger schwarzgrauer Kleidung mit einem glitzernden Umhang. Weiter im Hintergrund lagen einige reglose Menschen.
Ceobba rief: »Verzeiht, wenn ich Euch stören sollte, Lord Molog, aber Ihr habt da einen Freund von uns in arge Bedrängnis gebracht, und das gefällt uns gar nicht.«
Molog, sein Ziehsohn und ihre Kriegerschar wandten sich überrascht um.
»Was ist das?«, fragte der Kriegslord.
»Ich bin Ceobba. Herzog, Priester und Richter der Badda«, erwiderte ebender, verneigte sich und präsentierte so seinen Buckel.
Mit einem Mal schrie Wulf wütend auf, fuhr herum und schleuderte einen Pfeil in Trevirs Richtung.
Doch zu spät. Der Hüter des Gleichgewichts hatte schon Mantel und Stab gepackt und sich mit einem Sprung durch Wände und massiven Fels nach Unterlondinor versetzt.
SECHSTE WELLE
16
Die Rebellion
ANX
Die Hochzeit war ein Albtraum. Jedenfalls aus Sicht von General Waris’ Leibgarde. Wo die kaiserliche Familie sonst mit schärfsten Sicherheitsvorkehrungen von allzu herzlichen Liebesbekundungen der Untertanen abgeschirmt wurde, mussten die Bewacher sich nun dem Diktat der Volksnähe beugen und auf manch lieb gewonnene Gewohnheit verzichten. Mit den Vermählungsfeiern wollte Pharao Isfet sein Bild in der Öffentlichkeit aufpolieren, weshalb es sich nicht völlig vermeiden ließ, selbige an dem Fest teilhaben zu lassen.
Für den Bombenfinder der Leibgarde begann der Dienst an diesem Feiertag um fünf Uhr morgens mit einer letzten Einsatzbesprechung. Alle Mitglieder der Sicherheitstruppe wurden routinemäßig mit unauffälligem Kommunikationsgerät ausgestattet, eine Waffe erhielt er jedoch nicht. Den Ausführungen des Kommandeurs hörte Topra kaum zu. Hinter ihm lag eine schlaflose Nacht. Der Streit mit Inukith schwelte wie Kohlenglut in seiner Seele. Er war zornig, ohne recht zu wissen, auf wen. Bald gab er sich die Schuld, bald Inukith, dann wieder Aabuwa, dem Pharao oder ganz allgemein den Umständen, die zu dem Zerwürfnis geführt hatten. Sogar Hobnaj bekam sein Fett ab. War diese verrückte Sache, die er sich da ausgedacht hatte, nicht viel zu riskant? Warum verlangte er von seinen Freunden solche Opfer?
Erst im Hinterzimmer des Eisenwarenhändlers Mustafa war Topra in die Verschwörung eingeweiht worden, von der Hobnaj schon seit Jahren ein wichtiger Teil war, vielleicht sogar der entscheidende. In der Oase Siwa hatten sich immer wieder die Führer der verschiedenen oppositionellen Gruppierungen des Landes getroffen und mit großem Geschick war es dem Nubier gelungen, sie unter einem gemeinsamen Ziel zu vereinen: Sie wollten Isfet vom Thron stoßen und mit ihm die ganze »Dynastie der Tyrannei«.
Die allgemeine Ausgelassenheit am Tag der Vermählung war trügerisch. Ein Funke genügte, um das Pulverfass Baqat in die Luft zu sprengen. Wie zum Sprung bereite Raubtiere lauerten die Freischärler in ihren Verstecken. Sie warteten nur auf das Zeichen, um gegen die Regierungstruppen loszuschlagen.
Hobnaj hatte alles minutiös geplant. Nach der Trauungszeremonie würde sich das frisch vermählte Paar zusammen mit Isfet und Ibah-Ahiti in einen der Nebenräume des Tempels zurückziehen, um sich dort umzukleiden. Das war für Hobnaj und seine verwegene Truppe der Moment zum Zuschlagen. Durch einen Geheimgang würden sie in die Privatgemächer eindringen und die kaiserliche Familie entführen, bevor die Leibgardisten in den angrenzenden Zimmern überhaupt etwas davon merkten. Isfet und seine Sippe sollten vor ein Gericht gestellt werden. Jeder müsse sich irgendwann für seine Untaten verantworten, hatte der Nubier gesagt, als er in Mustafas Kabuff die »Operation zur Befreiung Baqats« erläuterte.
Der Träger des Bundes war von
Weitere Kostenlose Bücher