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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Teguarfürst lachte. »Und mich erwähnst du gar nicht? Irgendwie hat jeder von uns dreien Vatergefühle empfunden, als wir über dich sprachen.«
    »Das kann ich gut nachempfinden«, mischte sich Timsah ein und fügte grinsend hinzu: »Nur dass es bei mir Mutterinstinkte sind.«
    »Auch das soll’s geben«, sagte Hobnaj schmunzelnd. »Du glaubst nicht, mein Junge, wie besorgt Fatima war, als das Gerücht die Runde machte, du seist ums Leben gekommen. Jetzt wird die Hüterin sich umso mehr freuen. Sie ist übrigens immer noch in Memphis, weil sie befürchtet, wir kämen ohne sie nicht zurecht.«
    Topra konnte selbst nicht begreifen, warum ihm das Glück solche aufopferungsvollen Gefährten geschenkt hatte. Ob es nun der Pianist Smendes von Hathor war, Fatima, die Hüterin des Wüstenorakels, oder Dalabad, der Anführer der Strandpiraten. Immer wieder war er Menschen begegnet, die ihn auf seiner Suche unterstützten. Unweigerlich musste er auch an das Spiegelbild denken, das er im Brunnen von Hobnajs Anwesen in Siwa erblickt hatte. Da gab es noch jemand anderen, der ihm sehr nahe stand, und auch diesen musste er unbedingt Wiedersehen. Er konnte für diese Notwendigkeit keine Argumente ins Feld führen. Doch ebenso deutlich, wie er das Nahen seiner sechsten Lebenswelle spürte, ahnte er auch, dass er Isfets Pläne nur mithilfe dieses Zwillingsbruders vereiteln konnte. Oder gab es – immerhin war das Universum in drei Teile zerbrochen – am Ende gar Drillinge?
     
     
    Acht Tage waren vergangen, seit Topra seinen Vater und die Gefährten wiedergefunden hatte. In dieser Zeit hatten sich seine Kräfte regeneriert und nun setzte er sie verschwenderisch ein, um nervös hin und her zu laufen.
    »Wie lange noch?«, fragte er ungeduldig.
    Hobnaj schien es darauf angelegt zu haben, ihn mit seiner Gelassenheit vollends aus der Fassung zu bringen. Seelenruhig erwiderte er: »Schau auf das Licht, das durchs Bullauge fällt, dann weißt du es, mein Junge. Die Sonne geht gerade erst unter. Es sind noch fünf Stunden bis Mitternacht.«
    Neben dem Nubier hatten sich am Nachmittag auch Asfahan, Jobax und Fatima unter Deck der Tanhir zusammengefunden, um Topra mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, was nicht bedeutete, dass sie sich einig waren. Stundenlang hockten sie auf einem Teppich zwischen Kornsäcken und Kisten auf dem Boden des Laderaums und tauschten ihre unterschiedlichen Positionen aus. Der Kapitän war gerade an Deck gegangen, um dort nach dem Rechten zu sehen.
    Die Dhau lag nahe der Totenstadt vor Anker. Hinter den drei großen Pyramiden hing wie ein himmlisches Zeichen ein blutroter Ball. Aus dem Häusermeer von Memphis drangen ab und zu Schüsse herüber. Aber das sei nur Vorgeplänkel, hatte Asfahan gesagt. Mit der Großoffensive gegen das Millionenjahrhaus würden sich die Rebellen noch etwas Zeit lassen.
    »Was passiert, wenn die Leibgardisten mich vor der Kammer des Wissens abfangen?«, fragte Topra wohl schon zum zehnten Mal.
    Hobnaj seufzte. »Das werden sie nicht. Und jetzt fragst du gleich: ›Warum?‹ Und ich antworte dir: ›Weil Isfet diese ganze Totenfeier als große Mausefalle sieht: Inukith ist der Speck und du bist die Maus.‹«
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Dann lass den Köder liegen, wenigstens bis die sechste Welle vorüber ist!«, sagte Fatima ernst.
    »Ich glaube, das haben wir auch schon ein paarmal durchgekaut«, gab Asfahan zu bedenken. »Leider muss ich unserem schwarzen Rebellen Recht geben, Topra. Wir dürfen uns von den Erfolgen der Freiheitskämpfer im übrigen Reich nicht blenden lassen. Selbst wenn alle unsere Verbündeten gleichzeitig gegen die Totenstadt anstürmten, könnten sie Inukith nicht retten. Die Nekropole ist von einem gestaffelten Gürtel der Leibgarde umgeben. Da bricht keiner so mir nichts, dir nichts durch. Dieses Bollwerk kann man nur mit tausenden von Schwertstichen zum Einsturz bringen.«
    »Oder durch List«, merkte Hobnaj an.
    Topra nickte, als habe er einen endgültigen Entschluss gefasst. »Ja, wir gehen vor wie geplant. Wenn der Pharao eine Entscheidung unter den Augen der Großen Sphinx sucht, dann soll er sie bekommen.«
    »Vielleicht hofft er ja, das Fabelwesen wird dich zu Stein verwandeln«, frotzelte Asfahan.
    »Männer!«, stieß Fatima hervor. Es klang nicht spöttisch, sondern eher tadelnd. Ihre blinden Augen waren zur Decke gewandt. »Ihr könntet wochenlang die Köpfe zusammenstecken, um über ein und dasselbe Thema zu reden. Aber wenn es euch

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