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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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beruhigt, dann wiederhole ich es gerne noch einmal: Hier und heute wird das Schicksal des Drillingsuniversums entschieden. Isfets reguläre Armee spielt dabei keine Rolle, sie ist ja ohnehin längst besiegt oder zu den Rebellen übergelaufen. Die ihm noch ergebene Leibgarde reicht völlig aus, um ihm diese Nacht den Rücken freizuhalten. Er will dich in seine Gewalt bringen, Topra, damit er mit dir vollenden kann, wozu Aabuwa nicht mehr in der Lage ist. Falls ihm das gelingt, gewinnt er unvorstellbare, unbesiegbare Macht und damit die Herrschaft über drei Welten, andernfalls verliert er alles.«
    »Wenn wir nur genau wüssten, warum er mich in die Falle locken will!«, murmelte Topra.
    Die Hüterin des Wüstenorakels wandte ihm ihr Gesicht zu. »Wir haben beide nicht sehen können, was in der Großen Säulenhalle geschehen ist, nachdem Aabuwas Herz zu schlagen aufgehört hatte, und doch wissen wir es, nicht wahr, mein Junge?«
    Topra schlug die Augen nieder. Ja, natürlich ahnte er, was Isfet im Schilde führte, und vielleicht wusste er es sogar, weil er einen beunruhigenden Traum nicht vergessen konnte, in dem es um ein Menschenopfer ging. Ebenso war ihm noch das mit Fatima in der Schattenkammer geführte Gespräch lebhaft in Erinnerung. Auch sie hatte etwas von einem blutigen Ritual erwähnt, »das auf der Waage der Schrecklichkeit von keinem noch so großen Opfer aufgewogen werden« könne – als hätte sie geahnt, vor welcher Entscheidung er heute stand! Aus ihrer Sicht war Inukiths Leben ein verhältnismäßig geringer Preis für den Fortbestand des Drillingsuniversums. Aber er, Topra, wollte sich dieser Arithmetik des Todes nicht fügen, denn schwerer als der wog für ihn die Liebe. Niemand würde ihn zurückhalten können, auch Fatima nicht. Er stand vom Teppich auf. »Ich mache mich jetzt auf den Weg.«
    »Die Zeremonie wird erst um Mitternacht vollzogen«, gab Hobnaj ruhig zu bedenken.
    »Das hat Isfet verlautbaren lassen, aber ich traue ihm nicht.«
    Die Orakelhüterin nickte. »Womit du Recht hast, Topra. Bleib hier und warte das Ende deiner sechsten Lebenswelle ab. Spätestens morgen früh ist die Macht des Pharaos gebrochen.«
    »Und Inukith tot. Zum hundertsten Mal, Herrin: Nein! Ich habe nie daran geglaubt, dass man Menschenleben gegeneinander aufrechnen kann, weil jedes einzelne unendlich kostbar ist. Die Unendlichkeit lässt sich nicht addieren, multiplizieren oder dividieren. Vielleicht rette ich gerade mit Inukiths Leben das der ganzen Welt.«
    »Oder du zerstörst das Drillingsuniversum.«
    »Wer sagt denn, dass ich es durchs Nichtstun rette? Der Pharao kennt nicht nur die Geheimnisse der Kammer des Wissens, sondern auch die neuesten Forschungsergebnisse seiner Physiker und Astronomen. Imhoteps blutiges Ritual, vor dem du mich im Wüstenorakel Siwa gewarnt hast, ist vielleicht nur schmückendes Beiwerk. Kann sein, dass er mich in seine Gewalt bringen will, um die Götter nicht zu verärgern oder weil er abergläubisch ist oder auch noch das letzte Quäntchen Risiko ausschließen möchte. Wir wissen es nicht, Herrin Fatima! Gut möglich, dass er mich gar nicht braucht, um genau das zu vollbringen, von dem du in der Schattenkammer sagtest, es dürfe nie wieder geschehen. Hast du auch daran gedacht?«
    Die blinden, von einem milchigen Schleier umhüllten Augen der Orakelhüterin waren starr auf Topras Gesicht gerichtet. Nicht ohne Unbehagen ließ er sie seine Seele durchleuchten, so jedenfalls fühlte er sich. Lange zeigte Fatima keine Regung, aber dann sagte sie mit überraschend warmer Stimme: »Von den Dingen, die du da erwähnst, weiß ich nichts, mein Junge. Solltest du Recht behalten, dann werde ich deinen Dickkopf segnen, aber wenn die alten Überlieferungen, aus denen meine Welt besteht, noch gültig sind, dann kann ich ihn dir nicht einmal von den Schultern reißen, weil der Pharao dich bereits getötet hat oder… weil Anx nicht mehr existieren wird.«
    Topra schluckte. »Bald werden wir’s wissen.«
    Nun erhob sich auch der Nubier. Schuldbewusst blickte er in Fatimas Richtung. »Bei allem Verständnis für deine Besorgnis, teure Freundin, aber ich habe nicht jahrelang für die Freiheit von Baqat gekämpft, um sie jetzt leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Du musst aufhören den Jungen als Gefahr zu sehen, sondern ihn als Chance begreifen. Ich kann ihn nicht alleine gehen lassen.«
    »Beklagt euch nachher nicht, wenn ich den ganzen Ruhm für die Zerschlagung der Elitetruppen einstreiche«,

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