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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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nörgelte Asfahan. Er machte ein unglückliches Gesicht, weil Hobnaj ihn dazu verdonnert hatte, über Funk Verbindung zu den Rebellen zu halten. In etwa einer Stunde sollte er das Signal für den Entlastungsangriff auf den Regierungsbezirk geben. Wenn die bei den Pyramiden zusammengezogenen Truppen des Pharaos die Artillerie hörten, würden sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Verteidigungsringe der Totenstadt konzentrieren und den beiden Eindringlingen damit den Rücken freihalten.
    Der Nubier klopfte dem Fürsten auf die Schulter. »Das geht schon in Ordnung, mein Freund. Sobald du unser Zeichen erhältst, gibst du es weiter, damit der Hauptangriff gegen die Nekropole beginnen kann. Alles klar?«
    Der Teguar nickte grimmig.
    »Es ist völlig unnötig, dein Leben aufs Spiel zu setzen und mich zu begleiten«, protestierte Topra, auch nicht zum ersten Mal und daher eher schwach. »Du hast mir die Nekropole genau beschrieben, Hobnaj, und mir sogar eine Karte gemalt. Außerdem bin ich ein Finder und kann die Kräfte des Drillingsuniversums lenken.«
    »Hältst du dich auch für unsterblich?«
    »Unsinn. Aber…«
    »Schluss jetzt mit Wenn und Aber! Lass dir eines sagen, Junge: Deine Mutter nannte dich Topra, was ›Die Basis des Dreiecks‹ bedeutet, damit das dir zugedachte Erbe nie in Vergessenheit gerät. Warum, glaubst du denn, habe ich all die Jahre aufrührerische Stammesfürsten und eigensinnige Dissidenten um mich geschart? Weil ich hoffte, nein, wusste, dass du eines Tages zurückkehren würdest. Nicht umsonst trägst du das Pyramidensymbol auf der Schulter. Ich werde mit meinem Leben über dich wachen, weil ich überzeugt bin, dass Baqats Schicksal in deiner Hand liegt. Und…«
    Topras Augenbrauen hoben sich. »Und?«
    Leise fügte Hobnaj hinzu: »Weil ich es deiner Mutter, der Frau, die ich wie keine andere liebte, geschworen habe.«
    Spätestens nach diesem Geständnis war Topra klar, dass er seinen Freund nie würde umstimmen können. Er nickte gewichtig und entrang sich ein geseufztes: »Na gut.«
    Hobnaj grinste. »Dann wäre das ja geklärt.«
    Die zeremoniellen Opferungen der als Grabbeigaben vorgesehenen Witwe und Schwiegermutter des verstorbenen Kronprinzen sollten erst den Auftakt der mehrtägigen Kulthandlungen bilden. Ebenso wie die Bestattungsriten auf jahrtausendealte Traditionen zurückgingen, gehörte es auch seit Menschengedenken zum Stil der absoluten Herrscher, Krisen herunterzuspielen. Nach außen hin wurde Normalität vorgetäuscht, selbst wenn es im Innern brodelte. Jenen, die nichts von Pharao Isfets Allmachtsambitionen ahnten, musste das Festhalten am Zeitplan für Aabuwas Reise ins Totenreich als beispiellose Farce erscheinen. Überdies wurde das Recycling von Gräbern in gehobenen Kreisen mit Verachtung bestraft. Auf diesen Umstand hatte Fatima hingewiesen, weil Aabuwas Leichnam nach offiziellen Verlautbarungen – wenn auch nur vorübergehend – in einer Kammer unter der Cheopspyramide untergebracht werden sollte. Jetzt kam sie darauf zurück.
    »Der Ort der Zeremonie ist nicht zufällig gewählt, Topra. Isfet will dich in die Kammer des Wissens locken. Sie befindet sich, wie ihre dunkle Zwillingsschwester, die Schattenkammer im Wüstenorakel Siwa, an einem besonderen Ort. Ich mache mir Sorgen, weil niemand vorhersagen kann, wie die Kräfte des Drillingsuniversums dort wirken. Unter Umständen werden dir deine Gaben in der Kammer nichts nützen.«
    Jedes Mal wenn Fatima dieses Argument vorbrachte, bescherte sie Topra ein mulmiges Gefühl. Sie stellte damit seine Lebensversicherung infrage, seine Ultima Ratio für den Fall, dass Isfet sich weder überrumpeln noch von der Gefährlichkeit des Rituals überzeugen ließ. Die Kräfte, die sogar Aabuwa bezwungen hatten, sollten ausreichen, um Inukith aus der Hand des Pharaos zu befreien und ihn Hobnajs Obhut zu übergeben, aber was, wenn die Orakelhüterin Recht behielt? Topra schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Schluss damit!, befahl er sich selbst. Mit Bedenken gewinnt man keine Schlacht.
    Als er Fatima wieder ansah, war alle Unsicherheit verflogen. Er umarmte sie und flüsterte ihr ins Ohr: »Wenn ich auch unbewaffnet und ohne meine besonderen Fähigkeiten vor den Pharao treten mag, habe ich doch noch immer meine Liebe zu Inukith. Vertrau mir, Herrin. Es wird alles gut.«
    Die Orakelhüterin atmete hörbar aus. »Als rede man in den Wind! Na schön, wenn ich euch diesen dummdreisten Plan schon nicht ausreden kann, dann lasst

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