Die unsichtbare Pyramide
Jawort gegeben hast, um mich vor ihm zu schützen, meinst du? Mir wäre es noch immer lieber, du hättest es nicht getan.«
Hobnaj war inzwischen aus dem Wasser gestiegen und hatte sich an Wiras Seite gesellt. »Möglicherweise habe ich euch beiden da zu viel aufgebürdet. Es erschien mir der einzige Weg, um die Kaiserfamilie aus dem Verkehr zu ziehen und Inukith die Regierungsgeschäfte zu übertragen, bis ihr beiden vermählt seid.«
»Bis wir…? Das hast du auch schon geplant?« Topra verschlug es die Sprache.
Inukith kämpfte sich auf einen Ellenbogen hoch. »Willst du mich etwa nicht heiraten?«
Er sah sie mit einem nicht besonders intelligenten Gesichtsausdruck an und schüttelte den Kopf, weil es ihm so absurd erschien, selbst als Pharao auf Baqats Thron zu sitzen. Dann jedoch nickte er heftig. »Doch! Natürlich will ich das. Zugegeben, ich war schrecklich verletzt, als du dich plötzlich für Aabuwa entschieden hast…«
»Ich habe dem Scheusal gesagt, dass er mich nie wird anrühren dürfen. Daraufhin schlug er mich. Er gab zu, von dir und mir zu wissen, und warnte mich davor, während der Hochzeit einen Skandal zu machen, wenn mir dein Leben lieb wäre. Aber dann sind seine Eifersucht und der Jähzorn mit ihm durchgegangen und fast hätte er dich…«
»Lass uns nicht mehr davon sprechen. Als ich glaubte, du wärst in der Großen Säulenhalle umgekommen, wollte ich selbst nicht mehr leben. Ich liebe dich doch so sehr, Inukith.«
»Und ich liebe dich.«
Für einen wunderbaren Augenblick vergaßen die beiden ihre traurige Umgebung, selbst die zwei stillen Zeugen neben dem Sarkophag. Topra nahm Inukith in die Arme, drückte sie an sich und flüsterte ihr leise ins Ohr: »Es wird alles gut. Alles wird gut.«
Je länger er Inukith so hielt, desto stärker wurde in ihm das Gefühl, etwas stimme nicht. Obwohl er doch allen Grund hatte, über den glücklichen Ausgang der Ereignisse erleichterte zu sein, schlich wieder die bekannte Unruhe in ihm herum. Aus den dunklen Tiefen seines Unterbewusstseins drängte sie sich immer mehr in den Vordergrund. Noch hatte die sechste Welle sich nur durch diese Unrast bemerkbar gemacht. Unauffällig sah er sich in der Kammer des Wissens um, konnte jedoch nichts Verdächtiges sehen.
Mit sanfter Stimme meldete sich nach einer Weile Hobnaj zu Wort. Er tätschelte Inukiths Rücken und fragte: »Wie geht es dir jetzt, mein Mädchen?«
Sie blickte den Hünen über Topras Schulter hinweg an und zeigte ihm ein etwas zerknittertes Lächeln. »Meinem Herzen: wunderbar! Dem Kopf: schrecklich!«
»Wir sollten möglichst rasch hier verschwinden, bevor die Leibgarde kommt und sich nach dem Befinden ihres Pharaos erkundigt. Ich werde dich tragen.«
»So wie früher, meinst du, als Mutter und ich mit dir in Siwa durch dein Haus tollten?«
Topra gab seine Liebste endlich frei, um sie, ihre Mutter und den Nubier verwundert zu mustern. Die drei schmunzelten wissend. »Ich glaube, Hobnaj, wir haben demnächst noch einiges zu bereden.«
»Gerne, aber nun sollten wir machen, dass wir hier wegkommen. Asfahan dürfte das Signal aufgefangen haben. Die Rebellen werden jeden Moment mit dem Angriff auf die Nekropole beginnen.«
»Ein Signal?«, erkundigte sich Wira.
Topra nickte. »Von meinem Bund. Hobnaj hat ihn im Laden von Mustafa umprogrammiert. Anstatt den Ring in die Luft zu sprengen, hat Aabuwa, als er den Zündmechanismus auslöste, nur die Satellitenortung abgeschaltet.«
»So etwas geht?«
»Hat mich selbst gewundert, was Hobnaj alles kann. Seine Freunde haben den Satelliten des Sklavenkontrollzentrums angezapft und das Verschwinden des Bunds bestätigt. Kurz bevor das Ding vorhin explodierte, hat sich die Funkkennung wieder eingeschaltet. Asfahan sollte die ganze Zeit auf Lauschstation bleiben und das Angriffssignal an unsere Freunde weiterleiten, sobald der Satellit das ›Aufblitzen‹ meiner Kennung meldet.«
»Aber Gisa ist am Tag deiner Geburt extra hierher geflohen, weil man Hobnajs Sklavenring in dem Labyrinth nicht orten konnte.«
»Das war vor mehr als achtzehn Jahren. Isfet hat danach befohlen, dass sich so ein Vorfall nicht wiederholen dürfe. Deshalb wurde hier unten, wie wir von einem redseligen Priester wissen, eine Funkanlage zur Übertragung solcher Signale installiert.«
Hobnaj grinste. »Sehr rücksichtsvoll vom Pharao, uns bei der Durchführung der Operation behilflich zu sein. So, und jetzt los, Freunde, bevor da oben die Entscheidungsschlacht losbricht.
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