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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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uns bei passender Gelegenheit noch einmal darüber reden. Soll ich dich zu Bett bringen?«
    »Ich bin kein kleiner Junge mehr, Meister!«
    Das Mondlicht spiegelte sich in Aluuins Augen. Ein Ausdruck der Wehmut lag auf dem faltigen Gesicht. »Nein, mein Sohn, aber du stehst auch erst an der Schwelle der Mannbarkeit.«
    »Lass mich noch ein wenig aufs Meer hinausschauen und nachdenken.«
    Aluuin nickte. »Wenn du mir versprichst, dich vom Abgrund fern zu halten.«
     
     
    Die vergorene Schafsmilch hatte ihn buchstäblich umgehauen. Er musste im Sitzen eingeschlafen und dann umgesunken sein. Zumindest taten Trevir jetzt, als er sich stöhnend von dem kalten Felsen erhob, sämtliche Glieder weh und sein Kopf dröhnte. Der Mond war inzwischen weitergewandert, die Sterne hatten sich um das Nordlicht gedreht, aber von den Clochans wehte immer noch Festlärm herüber…
    Trevir verharrte mitten in der Bewegung und lauschte. Ein eisiger Schauer lief ihm den Rücken herab. Nein, das waren keine Freudenlaute, die er da hörte, sondern der nackte Schrecken. Feuer!, fuhr es ihm durch den Kopf. Nur ein Brand konnte so viel Aufruhr verursachen. So schnell er konnte, lief er den schmalen Pfad zu den Hütten entlang.
    Schon im Näherkommen sah er die Flammen. Obwohl die kegelförmigen Clochans aus Stein bestanden, brannten sie lichterloh. Als hätte jemand Öl darüber gegossen. Der Gedanke erschreckte Trevir und zugleich spornte er ihn zu größerer Eile an.
    Die Wege auf Sceilg Danaan schmiegten sich eng an den wie eine spitze Mütze aussehenden Berg, der die ganze Insel bildete. Für einige Zeit verlor Trevir das Feuer aus den Augen. Als er wieder hinter einem Vorsprung hervorkam, wurde er von dem Geschehen förmlich übermannt.
    Graue Kuttenträger fochten vor den Hütten gegen eisenstarrende Männer einen ungleichen Kampf. Mit Stöcken, Mistgabeln, oft nur mit bloßen Händen wehrten sich Trevirs Brüder gegen Schwerter und Speere. Die Fremden Krieger sahen aus wie Geschöpfe der Nacht. Das Schwarze Heer! Der Gedanke zuckte wie ein Blitz durch Trevirs Hirn. Selbst in der Einöde von Sceilg Danaan kannte man Molog, den furchtbarsten aller Kriegslords, und seine Schreckensarmee. Jetzt begriff der Novize, warum sie diesen Ruf besaß: Überall lagen reglose Männer in ihrem Blut, teilweise furchtbar zugerichtet; hohe Flammen schlugen aus den Hütten, die zumeist nur Tür-, aber keine Fensteröffnungen hatten. Wo war Meister Aluuin? Von dem unbändigen Drang erfüllt, seinen Gefährten zu helfen, nahm Trevir einen faustgroßen Stein, rannte ein paar Schritte auf das Getümmel zu und schleuderte sein Geschoss dem nächstbesten Kämpfer an den Kopf.
    Unglücklicherweise hatte der Mann einen Helm auf. Er schwankte zwar, als ihn der schwere Brocken traf, aber dann wandte er sich um und entdeckte seinen jungen Gegner. Möglicherweise wäre in diesem Moment eine Flucht noch möglich gewesen. Trevir war schließlich auf dieser Insel zu Hause und konnte sich selbst im Mondlicht auf den steilen Pfaden sicher bewegen. Doch sein Zorn ließ das nicht zu. Die hinterhältige Niedertracht dieser Fremden durfte nicht siegen. Vielleicht konnte er wenigstens einige seiner Brüder retten.
    Er bückte sich nach einem neuen Stein und erschrak. Die Hand, ja, sein ganzer Arm schimmerte in einem blauen Licht. Trevir sah an sich herab. Auch der Rest des Körpers schien von diesem eigenartigen Glanz befallen. Über seine Entdeckung hatte er ganz den Feind vergessen, aber auch der war viel zu überrascht, um seinen Angriff einfach fortzusetzen. Einen Moment lang standen sich die beiden nur staunend gegenüber.
    Und sie erwachten wieder zur selben Zeit.
    Der Novize schleuderte den zweiten Stein. Aber der Gegner war ein geschickter Kämpfer und wich dem Wurfgeschoss mühelos aus. Mit zwei schnellen Schritten war er auf Schlagdistanz und holte mit seiner mächtigen Klinge aus. Mit tödlicher Genauigkeit sauste sie auf den Hals zu, den zu durchtrennen sie keine Mühe kosten würde.
    Trevir hatte nie zuvor gegen einen Menschen gekämpft. Dennoch waren seine Reflexe die eines wilden Tieres, vom harten Leben auf der Insel der Stürme geübt. Während das riesige, nur mit zwei Händen zu führende Schwert in einem weiten Bogen auf ihn zusauste, neigte er sich rasch nach hinten. Ja er verbog sich so weit, als hingen seine Schultern an unsichtbaren Fäden. Eigentlich hätte er dabei das Gleichgewicht verlieren müssen, doch er blieb wie fest verwurzelt stehen.
    Trotz

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