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Die unsichtbare Sonne

Die unsichtbare Sonne

Titel: Die unsichtbare Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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noch einmal die Hand, drehte sich um und verschwand durch die Luftschleuse.
    Die Ershoka waren in einer riesigen Kaserne in unmittelbarer Nähe des Kaiserpalastes untergebracht. Die Fenster des Gebäudes führten auf den großen quadratischen Innenhof hinaus, während die Außenfront fensterlos war. Einige Ikranankaner liefen auf dem weiten Platz vor der Kaserne zusammen und starrten das seltsame Luftfahrzeug verwundert an. Die Wachtposten am Kasernentor – Männer in Kettenpanzern und glänzenden Helmen mit hohen Federbüschen – schienen zunächst ebenfalls vor Überraschung erstarrt zu sein. Aber dann zogen sie ihre Schwerter und versperrten den Eingang.
    Stepha rannte auf sie zu. Falkayn startete wieder. Er sah noch, daß sie eingelassen wurde.
    »So, jetzt besuchen wir den Löwen in seiner Höhle«, sagte er. »Hoffentlich frißt er uns nicht gleich, sondern stellt erst einige Fragen.«
     
4
     
    Vor dem Gästeappartement ertönte ein melodischer Gong. »Herein«, sagte Falkayn. Ein livrierter Diener schlug die schweren Vorhänge zur Seite, die hier Türen ersetzten, verbeugte sich leicht und teilte Falkayn mit, der Kaiser wünsche die Delegierten der Polesotechnischen Liga zu empfangen. Er war höflich, aber keineswegs unterwürfig, und benützte keine besonderen Titel, wenn er von dem Kaiser sprach. Das System der vererblichen Berufe hatte offenbar nicht dazu geführt, daß eine Hierarchie der Kasten entstand; da er seine Familie hinter sich wußte, war der geringste Diener ebenso stolz wie ein Soldat oder Schreiber.
    »Mein Begleiter ist ausgegangen«, antwortete Falkayn. »Aber der Kaiser ist wahrscheinlich auch mit mir allein zufrieden.«
    Hoffentlich! dachte er dabei. Nach meiner Berechnung sitzen wir jetzt schon eine Woche lang hier und drehen Daumen. Vielleicht hat einer der zahlreichen Kuriere, die inzwischen gekommen sind, Jadhach endlich in Schwung gebracht. Oder vielleicht kann ich es, wenn er mich läßt …
    Er verschwand in dem Nebenraum, um sich für die Audienz umzuziehen. Das Appartement war sehr geräumig, wenn man von den zu niedrigen Decken absah, und luxuriös eingerichtet. Nur schade, daß Falkayn in dieser Beziehung einen etwas anderen Geschmack hatte. Aber die Vorhänge gefielen ihm ausgesprochen, denn er stellte sich vor, was dieser orangerote, flauschige Pelz auf der Erde einbringen würde. Andererseits ärgerte er sich darüber, daß der Steinfußboden ständig eiskalt war und daß er nachts in dem unbequemen Bett kaum ein Auge zutun konnte.
    Von dem Balkon im dritten Stock des Palastes aus hatte er einen guten Blick auf die Gartenanlagen, die ihn an japanische Ziergärten erinnerten: bizarre Felsen, niedrige Büsche und sogar ein Springbrunnen, der allerdings unter Glas sprudelte, das die Verdunstung verhinderte. Über der hohen Palastmauer waren nur die Dächer der umliegenden Gebäude zu sehen. Im Westen schien die Sonne dunkelrot durch Staubschleier – wieder ein Sturm, der die Felder verwüsten würde.
    Eine Woche in dem Palast hätte interessant sein können, wenn Falkayn bereitwilliger aufgenommen worden wäre. Aber die Höflinge schienen nicht die Absicht zu haben, die Fremden zu unterhalten, so daß er aus reiner Verzweiflung seine Sprachkenntnisse durch die Lektüre einer Sammlung von Heldensagen verbessert hatte. Jetzt schob er die Schriftrollen vom Tisch und schaltete sein Funkgerät ein. »Hallo, Adzel«, sagte er, »was treibst du gerade?«
    »Wir stehen vor einem Haus in der Altstadt, das nur eine Kneipe sein kann«, antwortete der Wodenit ebenfalls auf Latein. »Jedenfalls wird hier auf einem Schild ›Scharfer Schnaps‹ angepriesen.«
    »Großer Gott, und ich muß hier die Stellung halten! Hör’ zu, der Boß hat eben nach mir geschickt. Wahrscheinlich will er mich wieder ausfragen und die Entscheidung weiter hinauszögern, aber das steht noch nicht fest. Folglich beachten wir beide weiter Funkstille, was?« Falkayn vermutete, daß Ikranankaner dieses Verfahren der Nachrichtenvermittlung nicht kannten und wollte diesen Trumpf so lange wie möglich im Ärmel behalten.
    Es sei denn, die Ershoka hätten… Nein, das war ziemlich unwahrscheinlich. Ihre Vorfahren, die damals hier ausgesetzt worden waren, hatten nur primitive Werkzeuge besessen. Und warum sollten sie technische Verfahren entwickeln, wenn sie allein dadurch überlebten, daß sie stärker und zäher als die Eingeborenen waren? Die Menschen hier hatten sich nie die Mühe gemacht, ihre technischen

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