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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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versagt, sondern war auch noch keinen Tag nach meiner Ankunft in der Unterwelt einem Titanen hinterhergejagt. Nicht unbedingt das Klügste, was ich je getan hatte, aber ich hatte keine Wahl gehabt. Das musste Henry doch verstehen.
    „Ich werde mich nicht entschuldigen“, sagte ich. „Nicht dafür, dass ich dich und meine Mutter retten wollte. Aber es tutmir leid, dass ich dir einen Schrecken eingejagt habe, und es tut mir leid, dass ich nicht auf James gehört habe und aus der Höhle weggeblieben bin.“
    Endlich löste er die Hände voneinander und nahm meine Hand in seine. Zwar war sein Griff nicht fest, doch es war mehr, als ich erwartet hatte, und in mir begann Hoffnung zu keimen. „Rechtfertige dich nicht“, erwiderte er. „Ich bin mir bewusst, dass wir dir und den anderen keine andere Wahl gelassen haben. Ich bin es, der sich dafür entschuldigen sollte, dass er dich überhaupt in diese Situation gebracht hat.“
    Also gab er sich selbst die Schuld. Irgendwie fühlte sich das nicht viel besser an, als hätte er sie mir gegeben. „Aber es war nicht deine Schuld. Du hattest keine Ahnung, was Calliope und Kronos vorhatten, und hast trotzdem das Beste daraus gemacht.“
    „Ja“, sinnierte er leise, „das haben wir wohl. Was die Bitte, die Walter und ich gleich an dich richten werden, noch törichter macht.“
    Vor einer unscheinbaren Tür blieben wir stehen, und ich runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“
    Henry ließ meine Hand los, um nach dem Türknauf zu greifen, doch noch drehte er ihn nicht. „Ich werde die ganze Zeit über bei dir sein“, versicherte er mir. „Dir wird nichts geschehen.“
    Mein Herz begann wild zu pochen, und ich zerbrach mir den Kopf, was Walter und er von mir wollen könnten. Natürlich würde mir nichts geschehen. Außer Kronos wartete da drinnen auf uns.
    Als er die Tür öffnete, begriff ich, was er gemeint hatte, und all die Anspannung, die vorher von mir abgefallen war, war mit einem Schlag wieder da. Wie angewurzelt blieb ich stehen, und schützend legte er mir die Arme um die Schultern.
    Das Gesicht blutig und gezeichnet von der Kette, mit der ich auf sie losgegangen war, starrte mir Calliope entgegen, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt.
    Sie war wach.

14. KAPITEL
    VERHÖR
    Der brennende Hass, der in Calliopes Augen zu lesen war, ließ jeden Muskel in meinem Körper erstarren, als hätte sie mich versteinert. Ich hatte keine Angst vor ihr, aber im Angesicht solcher Feindseligkeit wäre jeder, der auch nur das kleinste bisschen Selbsterhaltungstrieb besaß, auf der Stelle stehen geblieben.
    Walter war an ihrer Seite, hatte ihr die Hände auf die Schultern gelegt, doch es sah nicht nach einer beschützenden Geste aus. Sie saß auf einem stählernen Stuhl, fixiert mit schimmernden Bändern um ihre Hand- und Fußgelenke. In der Ecke stand ihr Phillip gegenüber, die Arme vor der breiten Brust verschränkt, mit einer tiefen silbrigen Narbe, die durch sein linkes Auge lief. Es war milchig weiß geworden.
    „Kate“, begrüßte mich Walter und nickte.
    „Hi“, antwortete ich und wünschte, meine Stimme würde nicht so zittern. „Was ist los?“
    „Es tut mir leid, dass wir dich belästigen müssen, aber ich fürchte, wir hatten keine andere Wahl.“ Sein Griff um Calliopes Schultern wurde fester, und sein Kiefer spannte sich an. „Es scheint, dass Calliope sich weigert, mit irgendjemand anders als dir zu sprechen.“
    Mir rutschte das Herz in die Hose. Ich sah zu Henry, suchte nach einer Bestätigung, und er nickte steif. „Ist … ist schon in Ordnung“, behauptete ich, obwohl es alles andere als das war. Tief holte ich Luft, um mich zu fangen. Ganz offensichtlich war das hier wichtig. „Was auch immer ihr wünscht.“
    Keine zwei Meter vor Calliope erschien ein gepolsterter Stuhl, und Henry ließ mich los, damit ich mich setzen konnte. Nervös rutschte ich hin und her – ich war mir sicher, wenn es in Calliopes Macht gestanden hätte, hätte sie mich hier und jetzt in Flammen aufgehen lassen.
    „Also, Calliope“, setzte Walter an. „Sie ist hier, wie du verlangt hast. Sag uns, was wir wissen wollen.“
    Seine Stimme schien in dem schmucklosen Raum widerzuhallen, als sprächen Dutzende von Leuten gleichzeitig. Das hier hatte nicht einmal annähernd mit dem Ton zu tun, den Calliope in der Kaverne benutzt hatte. Ich war mir sicher, wenn Walter wollte, könnte er die Welt mit einem einzigen Gedanken vernichten. Kein Wunder, dass er zum Oberhaupt des

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