Die unsterbliche Braut
Gelegenheit, sich daran zu erinnern, dass sie nicht das Mädchen aus seiner Spiegelung war, das sich jeden September freute, ihn zu sehen.
Aber ich konnte dieses Mädchen sein. Ich wollte es sein.
Also sagte ich nichts mehr, als ich mich wieder an meine Mutter schmiegte. Sie fuhr fort, mir den Rücken zu streicheln, und während die Minuten verstrichen, entspannte ich mich langsam. Sie war immer noch bei mir, und eine Welt, in der meine Mutter lebendig und gesund war, konnte so schlimm nicht sein.
Plötzlich wurde an die Tür geklopft, und ich schreckte hoch und wischte mir die verquollenen Augen. „Ja?“, sagte ich, und die Tür öffnete sich einen Spalt.
„Kate?“
Henry. Unsicher tauschte ich einen Blick mit meiner Mutter, und sie lächelte mich ermutigend an.
„Komm … komm rein“, murmelte ich.
Er trat ein und schloss die Tür hinter sich. Mittlerweile war er sauber, und irgendwie hatte er es geschafft, die Kleidung zu wechseln, ohne ins Schlafzimmer zu kommen. Gab es irgendwo im Palast einen zweiten Kleiderschrank für ihn, falls er sich entschloss, dass er nicht bei mir schlafen wollte? Und wer hatte ihm geholfen, das Blut von seiner blassen Haut abzuwaschen, wie ich es vor so vielen Wochen getan hatte? Darüber musste ich nicht besonders lange nachdenken, bevor ich meine Antwort hatte.
„Walter verlangt nach dir“, erklärte Henry, und als meine Mutter aufstand, schüttelte er den Kopf. „Nicht nach dir, Diana. Nach Kate.“
Irgendetwas an der Art, wie er meinen Namen sagte, war seltsam, doch ich schob den Gedanken beiseite. Was auch immer los war, zweifellos hatte es mit Persephone zu tun, und je mehr ich über sie nachdachte, desto mehr litt ich. Nach unserer Reise durch die Unterwelt sehnte ich mich nach einem einzigen Nachmittag, an dem ich mich nicht als zweite Wahl fühlen musste. Ich war bereit, auf Henry zu warten, so wie er auf mich gewartet hatte. Doch das hieß nicht, dass die Zeit bis dahin schmerzfrei vergehen würde.
Verwirrt stieg ich vom Bett und lief kurz ins Bad. Meine Haut war wund gerieben, überall wo sie dem Nebel ausgesetzt gewesen war. Jetzt, da ich mich etwas beruhigt hatte, musste ich mich vorsichtig bewegen, wenn ich nicht ständig zusammenzucken wollte. Unter normalen Umständen hätte ich mir etwas anderes angezogen als einen Schlafanzug, um vor den König der Götter zu treten, aber heute war alles andere als ein normaler Tag. Und schließlich sollte das hier jetzt mein Zuhause sein. Wenn ich im Schlafanzug durch die Gegend laufen wollte, dann würde ich das auch tun. Davon abgesehen hätte alles andere die Schmerzen nur schlimmer gemacht.
Ich bemühte mich, nicht darüber nachzudenken, was Walter von mir wollte, während ich mir vorsichtig das Gesicht wusch. Mich zurechtweisen, da war ich mir sicher. Henry würde nichtzulassen, dass er mich aus der Unterwelt verbannte. Hoffte ich zumindest. Und wenn doch – na ja, dann wüsste ich wenigstens mit Sicherheit, dass Henry mich nicht mehr wollte.
Auf der anderen Seite der Tür hörte ich meine Mutter leise sprechen, doch als ich aus dem Badezimmer trat, verstummte sie sofort. „Was?“, fragte ich, doch sie schüttelte nur den Kopf.
„Nichts, Liebes. Wir sehen uns später.“
Ich hätte schon blind sein müssen, um den gereizten Blick zu übersehen, den sie Henry zuwarf, doch ich sagte nichts, als er mich aus dem Raum hinaus auf den Flur begleitete.
„Geht es dir gut?“, fragte er und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Ich nahm allen Mut zusammen, den ich noch besaß, und schob meine Hand in seine Armbeuge. Auch als er sich verspannte, hielt ich ihn weiterhin fest. Eines Tages würde er sich an meine Nähe gewöhnt haben, so hoffte ich.
„Ich hatte schon bessere Monate“, erwiderte ich – ein schwacher Versuch. Er lächelte nicht. „Hat Theo dich geheilt?“
Er nickte. „Vor einer Weile habe ich die anderen geholt. Ich schicke Theo in unser Zimmer, sobald Walter mit dir fertig ist.“
Das ließ nichts Gutes ahnen. „Ist er sauer?“
„Nein“, entgegnete Henry. „Ist er nicht.“
Irgendetwas war immer noch verkehrt, und ich schmiegte mich an seinen Arm. Zu meiner Freude wich er nicht zurück. „Und du?“
Diesmal blieb sein Gesicht ausdruckslos. Natürlich war er sauer. Wenn das, was meine Mutter gesagt hatte, stimmte, hatte er sechs Monate damit verbracht, mit aller Kraft darum zu kämpfen, dass mir nichts passierte – und dann hatte ich nicht nur zum wichtigsten Zeitpunkt
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