Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
Vom Netzwerk:
der etwa zwanzig Mal größer war als die Sonne. Der Heiligenschein des Todesengels. Der Rest des Himmels wurde mit jeder Sekunde dunkler, und ich konnte mich nur schwer orientieren, da alles vor uns nur noch in dunklen Umrissen erschien. Meine Augen litten noch immer unter dem gleißenden Blitzlicht, und ich sah alles, als würde ich einen verzerrten Film betrachten. Ich stolperte und rappelte mich schnell wieder hoch. Ich warf noch einmal einen Blick zurück und sah, wie sich der Himmel gelb färbte. Unter dem orangefarbenen Leuchten erschien ein dunkler, schwarzer Balken, der sich wölbte. Eine heranrollende, sich immer weiter ausbreitende Welle aus Staub und Asche.
    Wir liefen so schnell wir konnten, und ich hielt Solaras Hand so fest, dass ich sie beinahe zerdrückt hätte. Auf unserem Weg sah ich Menschen, die noch immer auf dem Boden lagen, und ich half ihnen instinktiv auf und schob sie in Richtung Westen. Ganze Familien saßen vor ihren Autos, hielten einander fest und waren anscheinend unfähig, sich zu rühren. Wir bewegten uns vom Highway fort, drängten uns zwischen den Menschen hindurch, die wie betäubt waren, und stiegen über die Erblindeten und in Schock Verfallenen hinweg. Am Ende des steilen Banketts erreichten wir einen Waldstreifen und liefen so gut es ging über die ausgetrockneten und zerbrochenen Äste. Solara verstauchte sich den Knöchel und schrie vor Schmerz auf. Ich nahm ihren Arm und legte ihn um meine Schulter, um sie durch das Chaos aus Büschen und Steinen zu tragen.
    Ich warf einen Blick zurück, und nun hatte sich der schwarze Dunst über den gesamten Horizont ausgebreitet. Ich dachte an die Menschen, die ich kannte und die sich vermutlich mittendrin befanden. Matt. Ernie. Virginia Smith. Alle zu reiner Kohle verbrannt. Der Gedanke verschwand wieder, und wir erreichten einen Maschendrahtzaun, an dessen oberem Ende sich kein Stacheldraht befand. Dahinter lag eine sauber angelegte Ansammlung winziger Häuschen. Ein Reservat, das nicht viel Wert auf Sicherheit legte. Wir kletterten gemeinsam mit Dutzenden anderer Flüchtlinge, die den Highway hinter sich lassen wollten, über den Zaun. In keinem der Häuser brannte Licht. Die meisten der Parkplätze waren leer. Wir stürzten auf ein anscheinend verlassenes Haus zu, und die anderen folgten uns. Eine aus sechs Personen bestehende Familie half mir, die Tür einzutreten, und wir liefen in das Haus hinein. Noch mehr Menschen kamen hinterher und drängten hinein, als wäre das Haus ein Zug, den es noch zu erwischen galt. Ich ließ die Rollläden im Wohnzimmer herunter und machte mich auf die Suche nach der Kellertür. Neben der Küche gab es eine dünne Holztür, und ich griff nach dem Türknauf und drehte ihn, doch ohne Erfolg. Drei von uns traten nach der Tür, und sie brach in der Mitte auseinander. Wir rannten nach unten, wo sich bereits etwa ein Dutzend Menschen versammelt hatten. Sie hatten den Keller in einen improvisierten Wohnraum umgestaltet und kauerten sich angsterfüllt zusammen.
    Ich entschuldigte mich für das Eindringen. Sie meinten, es sei schon in Ordnung. Ich fand eine Ecke, in der Solara und ich uns zusammenkauern konnten, während es im Keller immer enger wurde. Sie sank gegen die Mauer, und ich bot ihr das eklige Getränk an, das ich in der Innentasche meiner Jacke verstaut hatte. Sie trank beinahe alles aus, dann warf sie mir einen Blick zu, als wollte sie mir den Rest anbieten. Ich schüttelte den Kopf, und sie trank auch noch den Rest aus.
    Wir warteten. Jemand fragte, ob es eine Atombombe gewesen sei, die gerade explodiert war. Und alle bestätigten, dass es genau das gewesen war. Ein tosender atomarer Wind fegte über das Haus hinweg, und ich hörte die Staubkörner gegen die Fenster und auf das Dach prasseln wie eine Horde Heuschrecken, die sich ihren Weg durch die Landschaft fraß. Es folgte ein schwaches Beben, und die Menschen schrien. Ich hielt Solara fest und presste meine Lippen auf ihre Haare. Ich werde dich nie verlassen. Lass es nicht so enden. Nicht jetzt, wo ich alles auf die Reihe gekriegt habe.
    Ein helles Licht erleuchtete den Eingang zum Keller. Ich fragte mich, ob der Strom wieder da war. Ein Mann rief aus der Küche zu uns herunter: »Noch eine!«
    Der Himmel brüllte, und wir sanken alle nieder. Und hier blieben wir auch, in einer Todesstarre.
    GEÄNDERT AM:
    29.06.2079, 06:09 Uhr

Die menschliche Welle

    Die richtige Morgendämmerung brach herein, doch nur wenige trauten ihr. Solara schlief

Weitere Kostenlose Bücher