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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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immer wieder für einige Augenblicke ein, während ich dicht neben ihr blieb. Der Keller war noch nicht fertiggestellt worden, und meine Beine und mein Hintern wurden taub von dem staubigen Betonboden. Mütter und Väter beruhigten ihre weinenden Kinder. Diejenigen ohne Kinder überlegten, was passiert war und was sie als Nächstes tun sollten. Sollten wir hier fortgehen? War nun alles radioaktiv? War das Bombardement vorbei? Was, wenn sie auch Bomben auf das Landesinnere abgeworfen hatten? War es irgendwo sicherer als hier unten? Ein Mann sah ständig auf seinem WEPS nach, ob die Verbindungen wiederhergestellt worden waren – etwas, das ihm das Gefühl gab, alles habe wieder seine gewohnte Ordnung. Seine Frau drängte ihn, den WEPS zur Seite zu legen.
    Solara und ich teilten uns eine Schachtel schales Popcorn, die sie sich in die Tasche gesteckt hatte. Das Karamell war durch die giftige Hitze, die von den Bomben ausgegangen war, geschmolzen. Sie brach Stücke ab und gab sie mir. Meine Hände wurden klebrig und schmutzig, und ich wusste, dass sie vermutlich eine ganze Zeit so bleiben würden. Eine Handvoll Menschen verließ den Keller, um sich draußen umzusehen. Andere kamen und nahmen ihre Plätze ein. Ein Teenager ging hoch und kam zurück, um seinem Vater Bericht zu erstatten. Er sagte, dass ein regelrechter Exodus stattfand. Sein Vater meinte, dass sie warten sollten, bis sich die Lage beruhigt hatte. Ich war nicht seiner Meinung.
    »Möchtest du von hier verschwinden?«, flüsterte ich Solara zu.
    »Ja«, sagte sie.
    »Bist du sicher, dass du stark genug dafür bist?«
    »Ja.«
    Ich umwickelte ihren Knöchel mit dem abgerissenen Ärmel meines Shirts und steckte ihn zurück in ihren Turnschuh. Sie gab den Rest des Popcorns dem Jungen neben ihr, und sein Vater dankte uns. Ich stand auf und wollte Solara helfen, doch sie winkte ab und stand selbst auf, indem sie die Pumpgun als Stock verwendete. Wir verabschiedeten uns von den Menschen im Raum und wünschten ihnen Glück, dann stiegen wir die Treppe hoch.
    Als wir in der Küche ankamen, hörte ich ein wildes Durcheinander von Stimmen. Ich beugte mich über das Waschbecken und warf einen Blick durch den billigen, durchsichtigen Vorhang, der vor dem Fenster hing. Ich sah eine heruntergekommene Armee Überlebender vorbeiwanken. Ich zog den Vorhang zur Seite, und die Stange, die ihn gehalten hatte, fiel auf die Arbeitsplatte. Der Himmel war schmutzig und grau wie Rauch, der aus einem Schornstein drang. Regen fiel träge gegen das Fenster, und nasser Ruß hatte sich mit den großen Tropfen vermischt, als hätte jemand achtlos Wasser auf brennendes Öl gegossen. Weitere Menschen kamen in die Küche und sahen gemeinsam mit uns aus dem Fenster. Niemand sagte viel, außer »Mein Gott« und »Heilige Scheiße«. Es machte mir nichts aus, es immer wieder selbst zu wiederholen oder es von den anderen zu hören.
    Solara und ich verließen das Haus und schlossen uns der menschlichen Welle an. Vom Osten her rollte eine Menschenmenge zwischen den Bäumen hindurch, und quer über die Landschaft vor uns bildeten sich Straßen wie tobende Flutwellen. Die Luft war dick und drückend, als hätte die Erde mit der Venus ihre Atmosphäre getauscht. Tausende und Abertausende Menschen bewegten sich in Richtung des Landesinneren, wo sie sich verdichteten. Es wimmelte wie in einem Bienenstock. Sie erstreckten sich bis zum Horizont, wie eine Menschenmasse vor Beginn eines Rock-Festivals, die auf eine Show wartet, die niemals weitergehen wird. Beinahe alle waren bewaffnet. Diejenigen, die sich nicht vorwärtsbewegten, schliefen entweder auf den Dächern ihrer Autos oder auf den Dächern der Häuser in den Trabantenstädten. Oder sie hatten sich aus Lumpen Hängematten gebastelt und baumelten von den Bäumen wie große, überreife Früchte. Andere schliefen auf den Ästen der Bäume, und die alten Eichen sahen so aus, als hätten sie menschliche Blätter.
    Die Menschenmassen taumelten in Richtung Westen, und ihre enorme Größe beruhigte mich seltsamerweise und gab mir ein Gefühl der Sicherheit. Der ramponierte Maschendrahtzaun des Reservats war niedergetrampelt worden. Solara und ich schlossen uns der Menschenmenge an und bewegten uns mit ihr vorwärts, wobei wir uns keinen Augenblick lang losließen. Ich atmete ein, und die Luft fühlte sich feucht an, als hätte ich den Schweiß der anderen mit eingeatmet. Es schien, als könnte alles jeden Moment zusammenbrechen. Rudel von streunenden

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