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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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dargestellten Charaktere die Schule nicht abschließen müssen. Der Gouverneur lehnte ab. (Variety, US-amerikanisches Unterhaltungsmagazin)
    GEÄNDERT AM:
    17.11.2029, 16:44Uhr

»Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht«

    Das hat mein Vater gesagt. An Thanksgiving war er den ganzen Tag über schlecht gelaunt, sogar während des Footballspiels.
    »Ich hätte mich niemals deaktivieren lassen sollen«, sagte er.
    »Warum nicht?«
    »Weißt du, dass ich neulich ausgelacht wurde? Ich war gerade auf dem Weg in den Supermarkt, und da war eine Gruppe Kinder draußen vor dem Laden. Sie waren bestimmt nicht älter als zwölf. Sie saßen bloß da und lachten mich aus. Sie nannten mich einen alten Knacker und diesen ganzen Mist.«
    »Na und?«, sagte ich. »Es waren doch bloß Kinder.«
    »Ja klar, und sie haben schon dafür gesorgt, dass ich es auch ja nicht vergesse. Sie waren ganz scharf darauf, mich daran zu erinnern, dass ich in dieser Welt nichts mehr zu suchen habe. Ich fühle mich, als stünde ich vor einem Fenster, das in einen Ballsaal führt, und alle feiern eine großartige Party, zu der ich nicht eingeladen bin.«
    »Ich dachte, du seist glücklich. Ich dachte, alle deine Kumpel hätten es auch machen lassen.«
    »Das haben sie auch. Ted Maxwell hat sich deaktivieren und dann das Gesicht operieren lassen. Sie haben seine Wangen bis zu den Ohren hochgezogen. Er sieht aus wie ein Idiot. Ich wusste, dass ich es nicht hätte machen sollen. Ich wusste es!« Die gepolsterten Armlehnen seines Stuhls waren durchgescheuert und ausgefranst. Er zupfte verärgert an den losen Fäden herum.
    »Warum bist du wegen dieser Sache plötzlich so verärgert?«, fragte ich.
    »Weil ich getan habe, was alle anderen auch getan haben, anstatt das zu tun, was ich wirklich wollte. Es war eine dämliche Entscheidung, und nun kann ich sie nicht mehr rückgängig machen. Ich bin alt und müde, und ich hasse es, jeden Tag so verbringen zu müssen.«
    »Aber so ist einfach das Leben, Dad. Das würde sich auch nicht ändern, wenn du dich nicht hättest deaktivieren lassen. Es wäre sogar schlimmer, denn du würdest dann immer älter werden.«
    »Und käme damit deiner Mutter immer näher. Ich hätte sie an einem besseren Ort wiedertreffen können.«
    Ich verdrehte die Augen. »Ach, komm schon. Die Geschichten von diesem besseren Ort sind doch Schwachsinn. Sie werden bloß erzählt, um Menschen, die gerade im Sterben liegen oder einen geliebten Menschen verloren haben, zu trösten. Du hast das doch nicht nötig. Du musst dir keine Gedanken mehr darüber machen, wie du deine Ängste am besten versteckst.«
    Er knallte sein Bier auf den Tisch und griff nach meinem Arm. »Ach so, dann soll mich die Gewissheit, dass es keinen besseren Ort als den hier gibt, also beruhigen? Glaubst du wirklich, es geht mir besser, wenn ich weiß, dass deine Mutter sich vollständig in Luft aufgelöst hat? Dass sie niemals eine Seele hatte? Dass ihre Liebe zu mir mit ihr starb? Soll mich das etwa glücklich machen, John?«
    Ich ruderte so schnell es ging zurück. Manchmal war die Art, wie ich mit meinem Vater sprach, einfach zu salopp. »So habe ich das nicht gemeint.«
    »Mir gefällt der Gedanke nicht, dass ich für immer und ewig hier herumsitzen werde.«
    »Dann tu’s doch nicht«, sagte ich. »Steh auf, geh raus.«
    »Aber das habe ich doch bereits getan. Kapierst du es denn nicht? Ich habe mein ganzes Leben lang nach dem einen Ort gesucht, an dem ich mich am wohlsten fühle. Das hier ist dieser Ort. Ich möchte nicht von hier fort und durch Indien reisen oder so. Hier fühle ich mich am wohlsten. Hier passiert mein Leben. Aber ich weiß mit mir selbst nichts mehr anzufangen. Vorher war ich zufrieden. Ich wusste genau, wie der Plan aussah. Und jetzt … jetzt habe ich nicht den blassesten Schimmer. Ich bin alt, John. Und du weißt, dass alte Menschen Veränderung hassen. Das hier ist eine riesige Veränderung. Vor zwanzig Jahren hat deine Mutter einen neuen Toaster gekauft, und ich vermisse den alten, den wir davor hatten, immer noch. Und hier geht es bloß um einen gottverdammten Toaster! Alles ist durcheinander geraten. Ich habe keinen Job. Und ich habe nicht genügend Geld, um hier wohnen zu bleiben, so lange ich möchte. Um Essen zu kaufen und die Grundsteuer zu bezahlen. Mir wird das Geld ausgehen.«
    »Ich werde dich unterstützen.«
    »Für immer und ewig? Du bekommst bald ein eigenes Kind. Du hast keine Ahnung, wie viel diese Dinge kosten. Du wirst

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