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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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ins Mikroskop und erklärte: »John Hopkin ist eine Schule, wo man was lernen kann, und das is wichtig. Aber das hier is meine Mutter. Das kapiert wohl keiner.«
    »Das stimmt«, sagte Christoph. »Wenn wir Bücher über Wissenschaft lesen, heißt es immer, HeLa hat dies gemacht, HeLa hat jenes gemacht. Manche Leute wissen, dass es die Initialen eines Menschen sind, aber sie wissen nicht, wer dieser Mensch war. Dabei ist das eine wichtige Geschichte.«
    Deborah sah aus, als wollte sie ihn umarmen. »Is schon erstaunlich«, sagte sie, schüttelte den Kopf und sah ihn an, als wäre er ein Trugbild.
    Plötzlich fing Zakariyya an, über George Gey zu schimpfen. Deborah stieß ihren Spazierstock auf seinen Zeh, und er verstummte mitten im Satz.
    »Zakariyya is sehr sauer auf alles, was da passiert is«, sagte sie zu Christoph. »Ich versuch ja, ihn ruhig zu halten. Manchmal explodiert er, aber er gibt sich Mühe.«
    »Ich mache Ihnen keinen Vorwurf daraus, dass Sie wütend sind«, sagte Christoph. Dann zeigte er ihnen den Katalog, aus
dem er die HeLa-Zellen bestellt hatte. Dort war eine lange Liste der verschiedenen HeLa-Klone verzeichnet, die jedermann für 167 Dollar pro Gefäß bestellen konnte.
    »Die sollten Sie bekommen«, sagte Christoph zu Deborah und Zakariyya.
    »Ja, stimmt«, erwiderte Deborah, »aber was soll ich mit’nem Gefäß voller Zellen von meiner Mutter anfangen?« Sie lachte.
    »Nein, ich meine, Sie sollten das Geld bekommen. Zumindest einen Teil davon.«
    »Oh«, sagte sie verblüfft. »Stimmt schon. Wissense, wenn die Leute hören, wer HeLa war, sagen se immer als Erstes: ›Ihr müsst doch alle Millionäre sein!‹«
    Christoph nickte. »Mit ihren Zellen hat alles angefangen«, sagte er. »Wenn es irgendwann eine Heilung für Krebs gibt, liegt es eindeutig zu einem großen Teil an den Zellen Ihrer Mutter.«
    »Amen«, sagte Deborah. Dann erklärte sie ihm ohne jeden Anflug von Verärgerung: »Die Leute ham immer Geld mit den Zellen verdient, da konnten wir nix machen. Aber wir haben nix davon gekriegt.«
    Christoph erwiderte, das sei nach seiner Ansicht falsch. Warum, so sagte er, sollte man wertvolle Zellen nicht genauso behandeln wie Erdöl. Wenn man auf einem Grundstück Öl findet, gehört es zwar nicht automatisch dem Eigentümer, dieser sei aber am Gewinn beteiligt. »Wie man damit umgehen soll, wenn es um Zellen geht, weiß heute niemand«, sagte er. »Als Ihre Mutter krank wurde, haben die Ärzte einfach gemacht, was sie wollten, und die Patienten haben damals keine Fragen gestellt. Heute wollen Patienten wissen, was mit ihnen passiert.«
    »Amen«, sagte Deborah wieder.
    Christoph gab ihnen seine Handynummer und sagte, sie könnten ihn jederzeit anrufen, wenn sie etwas über die Zellen ihrer
Mutter wissen wollten. Als wir zum Aufzug gingen, streckte Zakariyya die Hand aus, berührte Christoph auf dem Rücken und sagte Danke. Draußen bedankte er sich auch bei mir, dann drehte er sich um und stieg in den Bus nach Hause.
    Deborah und ich standen schweigend da und sahen zu, wie er davonfuhr. Dann legte sie den Arm um mich und sagte: »Mädel, du hast gerade ein Wunder erlebt.«

33
    Das Krankenhaus für geisteskranke Neger
    I ch hatte Deborah mehrere Dinge versprochen, die wir gemeinsam tun wollten: Erstens wollten wir die Zellen ihrer Mutter sehen, und zweitens wollten wir herausfinden, was mit Elsie geschehen war. Also begaben wir uns einen Tag nach unserem Besuch in Christophs Labor auf eine einwöchige Reise. Sie begann in Crownsville, wo wir die Krankenakten ihrer Schwester zu finden hofften, und sollte dann über Clover nach Roanoke führen, wo Henriettas Geburtshaus stand.
    Es war Muttertag. Für Deborah war das immer ein trauriger Tag gewesen, und auch dieses Mal hatte er nicht gut angefangen. Sie hatte eigentlich vorgehabt, vor unserer Abreise mit ihrem Enkel Alfred dessen Vater im Gefängnis zu besuchen. Aber ihr Sohn hatte angerufen und gesagt, er wolle weder Deborah noch Klein-Alfred zu Besuch haben, solange er noch im Knast war. Außerdem teilte er ihr mit, er wolle mehr über seine Großmutter Henrietta erfahren, und bat Deborah, ihm alle Informationen zukommen zu lassen, die wir auf unserer Reise sammeln würden.
    »Wie lange habe ich darauf gewartet, ihn das sagen zu hören!« Deborah weinte vor Rührung. »Ich wollte nich, dass man ihn dafür erst ins Gefängnis sperren muss.« Aber wieder einmal erklärte sie auch: »Ich lass mich davon nicht aufhalten. Ich will mich auf

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