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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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Wettlauf bemühten sie sich, die vermeintlichen, aber schwer fassbaren Krebsviren zu
finden, um einen vorbeugenden Impfstoff entwickeln zu können. Und im Mai 1972 forderte Nixon, amerikanische und russische Wissenschaftler sollten im Rahmen eines biologisch-medizinischen Austauschprogramms zusammenarbeiten und das Virus finden.
    Im Krieg gegen den Krebs hing viel von der Forschung an Zellkulturen ab, aber nur die wenigsten wussten, dass diese Kulturen mit HeLa verunreinigt waren. Ein Journalist der Washington Post war auf der Tagung gewesen, auf der Gartler über das Kontaminationsproblem gesprochen hatte, hatte aber nicht darüber berichtet, und die meisten Wissenschaftler leugneten immer noch, dass es das Problem überhaupt gab. Manche führten sogar Studien durch mit dem Ziel, Gartlers Befunde zu widerlegen.
    Aber das Problem verschwand nicht. Als sowjetische Wissenschaftler gegen Ende 1972 behaupteten, sie hätten in den Zellen russischer Krebspatienten ein Krebsvirus gefunden, ließen sich die US-Behörden einige Proben dieser Zellen per Kurier zur Untersuchung an das Naval Biomedical Research Laboratory in Kalifornien schicken. Wie sich herausstellte, stammten die Zellen überhaupt nicht von russischen Krebspatienten. Sie stammten von Henrietta Lacks.
    Entdeckt wurde das von Walter Nelson-Rees, einem Chromosomenexperten, der an dem Marinelabor die Abteilung für Zellkulturen leitete. Er hatte im Publikum gesessen, als Gartler seine berüchtigten Forschungsergebnisse vorgetragen hatte, und gehörte zu den wenigen, die ihm glaubten. Später hatte Nelson-Rees eine Stellung beim National Cancer Institute bekommen, wo er dazu beitragen sollte, das Verunreinigungsproblem in den Griff zu bekommen. Er wurde als »Freibeuter« bekannt: In der Fachzeitschrift Science veröffentlichte er »HeLa-Hitparaden« mit den von ihm entdeckten verunreinigten Zelllinien einschließlich der Namen der Wissenschaftler,
von denen er sie erhalten hatte. Wenn er feststellte, dass Zellen mit HeLa verunreinigt waren, warnte er die betreffenden Forscher nicht, sondern veröffentlichte einfach ihren Namen und stellte sie damit vor der ganzen wissenschaftlichen Welt bloß. Aber trotz aller Belege für das Gegenteil mochten die meisten Wissenschaftler immer noch nicht glauben, dass es ein Problem gab. Auch die Presse nahm offenbar keine Notiz davon, bis sich die Nachricht verbreitete, dass die russischen Zellen mit amerikanischem Material verunreinigt waren. Erst jetzt erschienen in London, Arizona, New York und Washington Schlagzeilen wie »Krebszellen längst verstorbener Frau wandern in andere Kulturen ein«. Die Berichte sprachen von »ernsthafter Verwirrung«, »fehlgeleiteter Forschung« und der Verschwendung von Dollarmillionen.
    Zum ersten Mal seit dem Collier’s -Artikel aus den Fünfzigerjahren interessierte sich die Presse plötzlich für die Frau hinter den Zellen. In mehreren Artikeln war von ihrer »ungewöhnlichen Form der Unsterblichkeit« die Rede. Helen Larsen wurde sie genannt oder auch Helen Lane, nie aber Henrietta Lacks – Jones und McKusick hatten ihren Namen in einer kleinen Fachzeitschrift veröffentlicht, die kaum jemand las.
    Gerüchte über die Identität der rätselhaften Helen L. machten die Runde. Einige vermuteten, sie sei Geys Sekretärin oder vielleicht auch seine Geliebte gewesen. Andere behaupteten, es handele sich um eine Prostituierte vom Straßenstrich in der Nähe des Hopkins oder um ein Gey’sches Fantasieprodukt, eine fiktive Gestalt, die er sich ausgedacht hatte, um die wahre Identität der Frau hinter den Zellen geheim zu halten.
    Als Helen in den Artikeln wieder und wieder mit verschiedenen Nachnamen auftauchte, hielten einige Wissenschaftler es für notwendig, die Sache geradezurücken. Am 9. März 1973 erschien in der Fachzeitschrift Nature ein Brief des Biologen J. Douglas von der Brunel University:
    Mittlerweile sind 21 Jahre vergangen, seit George Gey die berühmten HeLa-Zellen in der Kultur etabliert hat. Man schätzt, dass das Gewicht dieser Zellen auf der ganzen Welt heute größer ist als das der amerikanischen Negerin, aus deren Cervixtumor sie ursprünglich stammen. Diese Dame hat wahre Unsterblichkeit erlangt, sowohl im Reagenzglas als auch in den Herzen und Köpfen der Wissenschaftler auf der ganzen Welt, denn die HeLa-Zellen sind für Forschung, Diagnose usw. von unschätzbarem Wert. Und dennoch kennen wir ihren Namen nicht! Allgemein wurde erklärt, He und La seien die ersten

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