Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks
Buchstaben ihres Vor- und Nachnamens, aber ein Lehrbuch behauptet, diese Namen seien Helen Lane, ein anderes nennt sie Henrietta Lacks. Meine Briefe an die Autoren, in denen ich nach den Quellen ihrer Informationen gefragt habe, aber auch der Brief an das Krankenhaus, aus dem Geys Artikel hervorging, sind unbeantwortet geblieben. Weiß es irgendjemand sicher? Würde es der medizinischen Ethik widersprechen, wenn man in einem Jahr, in dem die HeLa-Zellen ein so reifes Alter erreicht haben, den Namen nennt und He… La… den großen Ruhm genießen lässt, der ihr gebührt?
Douglas wurde mit Antworten überhäuft. Ob Leser auf seine Frage nach der medizinischen Ethik eingingen, ist nicht überliefert, aber sie korrigierten seine Grammatik. Viele Antworten enthielten auch die Namen von Frauen, die angeblich hinter den HeLa-Zellen steckten: Helga Larsen, Heather Langtree, sogar die Schauspielerin Hedy Lamarr. In einem weiteren Brief gab Douglas am 20. April 1973 bekannt, alle diese Frauen sollten »sich so elegant wie möglich zurückziehen«, denn er habe einen Brief von Howard W. Jones erhalten, und der lasse »keinen Zweifel daran, dass die HeLa-Zellen nach Henrietta Lacks benannt wurden«.
Wenig später schickte Victor McKusick, einer von Jones’ Mitautoren, einen ähnlichen Brief an eine Reporterin des Fachblattes Science und stellte ebenfalls den fälschlich genannten Namen Helen Lane richtig. Als Reaktion darauf schrieb die Journalistin in Science einen kurzen Artikel mit der Überschrift »HeLa (für Henrietta Lacks)«. Darin erklärte sie, sie habe unwissentlich »das Märchen über den Ursprung dieser Zellen nachgebetet«. Dann korrigierte sie in einem der meistgelesenen Wissenschaftsblätter der Welt ihren Irrtum: »Helen Lane, so scheint es, hat es nie gegeben. Henrietta Lacks dagegen lebte und war lange Zeit durch das Pseudonym Helen Lane geschützt.« Weiter berichtete sie, man habe Henriettas Tumor falsch diagnostiziert.
»Das alles ändert zwar nichts an der Bedeutung der Arbeiten, die mit den HeLa-Zellen geleistet wurden«, schrieb sie, »aber es dürfte wert sein, festgehalten zu werden – fürs Protokoll.«
Teil 3
Unsterblichkeit
23
»Der lebt«
A n einem diesigen Tag des Jahres 1973 saß Bobbette Lacks in einem braunen Backsteinreihenhaus, fünf Türen von ihrer eigenen entfernt, am Esstisch ihrer Freundin Gardenia. Deren Schwager war aus Washington zu Besuch, und alle waren gerade mit dem Mittagessen fertig. Während Gardenia in der Küche mit dem Geschirr klapperte, erkundigte sich ihr Schwager bei Bobbette, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiene. Als sie ihm erzählte, sie sei am Baltimore City Hospital als Hilfspflegerin tätig, erwiderte er: »Ach, wirklich? Ich arbeite am National Cancer Institute.«
Sie unterhielten sich über Medizin und über Gardenias Zimmerpflanzen. »Bei mir würden die eingehen«, sagte Bobbette, und beide lachten.
»Woher kommen Sie eigentlich?«, fragte er.
»North Baltimore.«
»Ich auch, im Ernst. Wie lautet Ihr Nachname?«
»Na ja, früher Cooper, aber mein ehelicher Name ist Lacks.«
»Sie heißen mit Nachnamen Lacks?«
»Ja, warum?«
»Das ist schon lustig«, sagte er, »ich arbeite in meinem Labor seit Jahren mit diesen Zellen, und jetzt habe ich gerade diesen Artikel gelesen, in dem es heißt, dass sie von einer Frau namens Henrietta Lacks stammen. Ich habe diesen Namen sonst noch nie gehört.«
Bobbette lachte. »Meine Schwiegermutter hieß Henrietta Lacks, aber ich weiß, das Sie die nicht meinen – sie ist schon seit fast 25 Jahren tot.«
»Henrietta Lacks war Ihre Schwiegermutter?«, fragte er plötzlich
ganz aufgeregt. »Ist sie an Gebärmutterhalskrebs gestorben?«
Bobbette lächelte plötzlich nicht mehr, sondern schnauzte zurück: »Woher wissen Sie das?«
»Diese Zellen in meinem Labor müssen ihre sein«, sagte er. »Sie stammen von einer farbigen Frau namens Henrietta Lacks, die in den Fünfzigerjahren im Hopkins an Gebärmutterhalskrebs gestorben ist.«
»Was?!«, schrie Bobbette und sprang von ihrem Stuhl auf.
»Was meinen Sie damit, Sie haben ihre Zellen in Ihrem Labor?«
Er hob die Hände, als wollte er sagen: Hey, Moment mal . »Ich habe sie bei einer Lieferfirma bestellt, wie es alle machen.«
»Was meinen Sie mit ›alle‹?«, fauchte Bobbette. »Was für eine Lieferfirma? Wer hat Zellen von meiner Schwiegermutter?« Es war wie ein Albtraum. Sie hatte in der Zeitung über die Syphilisstudie in Tuskegee gelesen, die
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