Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
wollten versuchen, mir zu erklären, dass Sie Jeremy Wie-auch-immer nicht erschossen haben.«
»Nein, ich habe es getan. Ich habe ihn erschossen. Und ihm das Abzeichen abgenommen.«
»Was für eine alberne Behauptung. Jeremy war kein Ordnungshüter. Er war ein Hausknecht von Herzog Holbern. Versuchen Sie es noch einmal.«
»Ich schwöre Ihnen, ich hatte auch nicht damit gerechnet. Im einen Moment reichte er eine Flasche herum, im nächsten hatte er ein Messer an der Kehle des Mädchens und bot mir an, sie mir zu übergeben, wenn ich einfach wegginge und den Jungen bei ihm ließe.«
Sie bedachte mich mit einem Blick der Sorte, die diese Aussage zweifellos verdiente, das war mir klar, doch manchmal ist das Leben merkwürdig. Besonders in meinem Umfeld. Ich unternahm einen neuen Versuch.
»Vergangene Nacht war Richards Geburtstag, richtig?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Um solche Dinge kümmert sich der Sekretär. Ich bin sicher, wir haben etwas Nettes geschickt.«
»Er wurde volljährig. Das haben sie beide gesagt. Zu diesem Zeitpunkt war er offiziell ein Erbe. Deshalb wollte Jeremy sich ihn schnappen. Seine Worte. ›Eine schlechte Nacht dafür, ein Erbe zu sein‹.«
Veronica hörte zu lächeln auf oder besser gesagt, sie verkniff sich zumindest einen Moment lang die abweisende Belustigung, mit der sie mich betrachtete. Als sie das Lächeln wieder aufsetzte, war sie eindeutig beunruhigt.
»Eine seltsame Äußerung. Ich fand es immer gut, eine Erbin zu sein.«
»Soweit ich weiß, zählt Ihr Vater seine Töchter nicht, oder? Ihr Bruder ist der Erbe. Sie sind nur seine Gehilfin«, sagte ich. Denn mal ehrlich, ich weiß, wie man als Arsch auftritt. Ich weiß, wie man zu jemandem durchdringt. Und zu ihr drang ich durch. Ihre Haltung wurde steif, sie verschränkte die Arme vor einer – wie ich allmählich bemerkte – herrlichen Brust, und sie runzelte die Stirn. Guter Anfang, Jacob. Auch eine Möglichkeit, die Frau zum Reden zu bringen.
»Was ich damit sagen will, ist: Sollte er nicht hier sein? Was wir hier besprechen, ist eine Angelegenheit des Rats. Fällt das nicht in seine Zuständigkeit?«
»Er ist beschäftigt. Sie werden mit seiner Gehilfin vorlieb nehmen müssen.« Sie ging zum Getränkeschrank und machte sich forsch daran, die Gläser und den Whiskey wegzuräumen. Dabei redete sie über die Schulter mit mir. »Was hatten Sie hier vor, Jacob? Hereinkommen, die Gastgeberin beleidigen und hoffen, dass Sie von ihr erschossen werden, bevor die wirklich gefährlichen Leute auftauchen?«
»Wissen Sie was? Das war ein Fehltritt. In Ordnung?« Ich begann, auf sie zuzugehen, überlegte es mir jedoch anders. So endete ich mitten im Raum. »Was sich da draußen abspielt, ist nicht natürlich. Es ist nicht normal. Und ich habe noch von niemandem einen triftigen Grund dafür gehört, weshalb über die gesamte Stadt eine Ausgangssperre verhängt wurde, ganz zu schweigen von einer Blockade.«
Veronica räumte das letzte Glas weg und wandte sich mir zu.
»Blockade? Der Hafen wurde gesperrt, das ist alles.«
»Es wurde wesentlich mehr als das getan, von wem auch immer. Die gesamte Stadt ist vom Rest der Welt abgeschnitten. Niemand kommt hier raus.«
»Ich versichere Ihnen, die Anordnung des Rats lautete auf eine Ausgangssperre. Mehr nicht.«
»Tja«, gab ich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann steht Ihnen vielleicht eine Überraschung bevor. Im Rat geht unter Umständen mehr vor sich, als Sie ahnen.«
Abermals setzte sie eine finstere Miene auf, doch ohne mir in die Augen zu sehen.
»Ich denke, das werden wir noch herausfinden, oder?«
»Wir?«, hakte ich nach.
»Ratsvertreterin Tomb hat eine Notsitzung einberufen. Das Kriegsrecht wurde verhängt. Sie lässt darüber abstimmen, die gesamte Stadt zu militarisieren.«
»Kriegsrecht? Darum geht es hier also?«
»Größtenteils. Wegen der kleinen Horrorvorführung, zu der Angela Sie mitgenommen hat.« Kurz begegnete ihr Blick dem meinen. »Das ist erst der Anfang. Der Rat ist seit Monaten zerstritten. Und nun, da endlich Maßnahmen ergriffen werden, tja …« Sie warf die Arme hoch. »Da wird überreagiert. Es herrscht die blanke Angst.«
»Ich habe das schon tausend Mal gefragt, Ms. Bright, und ich werde es noch tausend Mal fragen, bis mir endlich jemand eine Antwort gibt. Was, zum Geier, geht hier vor sich?«
Sie seufzte und musterte mich. Traf eine Entscheidung.
»Eine Ratsversammlung. Sie können
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