Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
Vom Netzwerk:
der Absicht von dannen gezogen, die Stadt zu verlassen. Sich verstecken. Flüchten.
    Und nun hatte ich auf einmal vor, die falschen Leute zu finden, diejenigen, die vielleicht wussten, was vor sich ging, um es in Erfahrung zu bringen und unter Umständen etwas dagegen zu unternehmen. Was war nur geschehen?
    Ich blieb in einer offenen Zisterne stehen, die vor Jahren trockengelegt worden und nur noch ein leerer Steinraum tief unter den Straßen war. In den Ecken stapelte sich Müll, durch ein Gitter hoch oben an der Wand drang ein wenig Licht herein. Wahrscheinlich ein Abfluss aus einem Rinnstein, etwas, woran jeden Tag Menschen vorübergingen, ohne darüber nachzudenken. Ohne hinabzuschauen. Ich seufzte und rieb mir das Gesicht, dann steckte ich die Hände in die Taschen und zog meinen Jackenkragen hoch. Es war kalt hier unten.
    Meine Hand strich in meiner Tasche über etwas Kühles. Ich zog es heraus. Das Abzeichen mit der Kugelkerbe an der Seite. Eine Zufallsbegegnung , dachte ich. Die Art von Zufallsbegegnung, die ein Leben verändern konnte. Vielleicht. Ich lachte. Zufall – als ob mir so etwas je passiert wäre.
    Ich hörte auf zu lachen. Es konnte kein Zufall gewesen sein. Dafür war es zu sonderbar, zu unverhofft. Nicht, dass ich über diese Gruppe gestolpert war – das war bloß Pech für Jeremy, den Ordnungshüter gewesen. Wenn ich über Menschen stolperte, verhieß das fast immer Pech für sie. Aber dass es ausgerechnet in der Nacht vor der Ausgangssperre geschehen war. Was hatte Jeremy noch mal gesagt? Ricky wurde vergangene Nacht ein Erbe. Eine schlechte Nacht dafür, ein Erbe zu sein.
    Ich klopfte mit dem Abzeichen gegen meine Hand und starrte zu dem Gitter hoch. Wo genau befand ich mich? Irgendwo im unteren Drittel der Stadt, vielleicht in der Nähe des Frachtkahnmarkts? Ich kannte zwei Familien, die in diesem Viertel wohnten, beide Industrielle. Wahrscheinlich würde mich in keinem der zwei Häuser ein freundlicher Empfang erwarten. Das nächstgelegene Gründeranwesen war das der Tombs, und dorthin würde ich auf keinen Fall gehen. Nach Hause ebenso wenig. Niemals nach Hause. Alles andere lag zu weit entfernt, um es während der Ausgangssperre zu wagen.
    Abermals seufzte ich, steckte das von der Kugel gezeichnete Abzeichen zurück in meine Tasche und begann mit dem langen Aufstieg ans Tageslicht.
    Sie rechneten nicht mit jemandem an der Tür. Warum sollten sie auch, wenn die gesamte Stadt praktisch stillgelegt war? Zudem waren es ja diese Leute, die für die Stilllegung verantwortlich waren, also kannten sie das Ausmaß der Blockade. Wenn jemand an diesem Tag nicht mit Gesellschaft rechnete, dann sie.
    Ich sah keine Wachen, was mich denn doch überraschte. Ich wusste, dass es sich um das Anwesen eines der Ratsmitglieder handelte, denn es war das Stammhaus der Nailers. Nach fünf Generationen wenig fruchtbarer Fortpflanzung blieben der letzte Nailer und dessen Frau kinderlos, deshalb verkauften sie den Sitz im Rat, solange er noch etwas wert war, und zogen sich aufs Land zurück. Eine der glücklicheren Erfolgsgeschichten. Niemand starb, niemand ging bankrott. Soweit ich wusste, hatte jener Sitz seither mehrmals den Besitzer gewechselt, teils auf friedliche, teils auf ziemlich gewaltsame Weise. Als ich durch das Tor trat, verglich ich die Adresse mit meiner Erinnerung. Von außen wirkte alles gut gewartet. Nicht so, als wäre das Anwesen aufgegeben worden. Aber da waren keine Wachleute, und das Tor sah aus, als wäre es aufgebrochen worden. Kein gutes Zeichen. Ich war angenehm überrascht, vom Lauf einer Flinte begrüßt zu werden, als sich die Tür schließlich öffnete.
    »Sie kennen mich nicht«, sagte ich zu dem Augenpaar, das durch den Türspalt zu mir herausspähte.
    »Nicht gerade die beste Einleitung«, kam von den Augen hinter der Schrotflinte zurück. Eine junge Stimme. Es geschahen immer wieder Zeichen und Wunder. Ich schätzte die Höhe der Augen und den Winkel der Schrotflinte ab. Tatsächlich noch ein Kind.
    »Ist deine Mutter zu Hause, Kind?«, fragte ich.
    »Die Mutter nicht«, antwortete eine Stimme seitlich von mir. »Aber die Schwester.«
    Ich drehte mich um und erblickte die reizende Veronica Bright, die vier Hausgardisten aus den Büschen heraus führte, alle mit auf mein Herz gerichteten Kurzgewehren.
    »Wir treffen uns an interessanten Orten«, meinte ich. »Unter interessanten Umständen.«
    »Nein«, widersprach sie. »Tun wir nicht. Wer sind Sie noch mal?«
    »Jacob Burn. Sohn

Weitere Kostenlose Bücher