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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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Augustus-Bücher – Augustus zieht in den Krieg, Augustus und die Wiederverwertung und so weiter. Erschwerend kam hinzu, erzählte Izzie, dass der berühmte Bühnenautor von Hollywood-Starlets umgeben und einfältig genug war, von ihnen fasziniert zu sein.
    »Letztlich haben wir uns miteinander gelangweilt«, sagte Izzie. »So geht es allen Paaren, es ist unausweichlich.«
    Izzie war es gewesen, die Hugh fand. »Er lag in einem Liegestuhl auf dem Rasen.« Die Rattanmöbel waren längst auseinandergefallen und durch schnöde Liegestühle ersetzt worden. Hugh war entrüstet gewesen über zusammenklappbares Holz und Segeltuch. Er hätte die Rattanchaiselongue als Totenbahre bevorzugt. Ursulas Gedanken drehten sich um solche Belanglosigkeiten. Sie waren weniger belastend, glaubte sie, als die nackte Tatsache, dass Hugh tot war.
    »Ich dachte, er würde schlafen«, sagte Sylvie. »Deswegen wollte ich ihn nicht stören. Der Arzt hat Herzinfarkt gesagt.«
    »Er sah ganz friedlich aus«, sagte Izzie zu Ursula. »Als hätte er nichts dagegen zu gehen.«
    Ursula glaubte, dass er viel dagegen gehabt hätte, aber das war für sie beide kein Trost.
    Sie sprach wenig mit ihrer Mutter. Sylvie schien immer dabei, aus dem Zimmer zu gehen. »Ich kann nicht stillhalten«, sagte sie. Sie trug eine alte Strickjacke von Hugh. »Mir ist kalt«, sagte sie. »Mir ist so kalt«, wie jemand, der unter Schock stand. Miss Woolf hätte gewusst, wie Sylvie zu helfen wäre. Heißer süßer Tee wahrscheinlich und ein paar freundliche Worte, aber weder Izzie noch Ursula war danach, das eine oder das andere anzubieten. Ursula merkte, dass sie beide ziemlich rachsüchtig waren, aber auch sie trauerten.
    »Ich werde eine Weile bei ihr bleiben«, sagte Izzie. Ursula hielt das für eine schlechte Idee und fragte sich, ob Izzie nicht nur den Bombenangriffen aus dem Weg gehen wollte.
    »Dann besorgen Sie sich besser Lebensmittelkarten«, sagte Bridget. »Sie essen wie ein Scheunendrescher.« Bridget war bestürzt über Hughs Tod. Ursula fand sie weinend in der Vorratskammer und sagte: »Es tut mir schrecklich leid«, als hätte Bridget den Verlust erlitten, nicht sie. Bridget wischte sich die Tränen entschlossen mit der Schürze ab und sagte: »Ich muss das Abendessen machen.«
    Ursula blieb nur noch zwei Tage und half Bridget dabei, Hughs Sachen zu sortieren. (»Ich kann es nicht«, sagte Sylvie, »ich kann es einfach nicht.« – »Ich auch nicht«, sagte Izzie. – »Dann machen wir beide es«, sagte Bridget zu Ursula.) Hughs Kleidung war so real, und es schien absurd, dass der Mann, der sie getragen hatte, nicht mehr da war. Ursula zog einen Anzug aus dem Schrank und hielt ihn an sich. Hätte Bridget ihn ihr nicht weggenommen und gesagt: »Das ist ein guter Anzug, für den jemand dankbar sein wird«, wäre sie vielleicht in den Schrank gekrochen und hätte ihr Leben ausgehaucht. Bridget hatte ihre Gefühle jetzt Gott sei Dank fest unter Kontrolle. Dies sprach viel für seelische Stärke im Angesicht einer Tragödie. Ihr Vater hätte sie jedenfalls gutgeheißen.
    Sie verpackten Hughs Kleider in braunes Papier, und der Milchmann legte sie auf seinen Wagen und fuhr sie zur königlichen Wohlfahrt.
    Izzie war vor Trauer nicht sie selbst. Sie folgte Ursula durchs Haus und wollte Hugh mit Erinnerungen heraufbeschwören. Ursula nahm an, dass sie das alle taten, es war so unmöglich zu begreifen, dass er für immer fort war, dass sie alle versuchten, ihn aus dem Nichts zurückzuholen, vor allem Izzie. »Ich weiß nicht mehr, was er als Letztes zu mir gesagt hat«, sagte Izzie. »Oder ich zu ihm.«
    »Es würde auch nichts ändern«, sagte Ursula matt. Wessen Trauer war größer, die der Tochter oder die der Schwester? Doch dann fiel ihr Teddy ein.
    Ursula versuchte sich daran zu erinnern, was sie selbst als Letztes zu ihrem Vater gesagt hatte. Ein lässiges »Bis bald«. Eine letzte Ironie. »Wir wissen nie, wann das letzte Mal ist«, sagte sie zu Izzie, eine Plattitüde auch in ihren eigenen Ohren. Sie hatte den Kummer so vieler anderer miterlebt, dass sie mittlerweile abgestumpft dagegen war. Abgesehen von dem Augenblick, als sie sich seinen Anzug vorgehalten hatte (sie nannte ihn – lächerlicherweise – ihren »Schrankaugenblick«), verwahrte sie Hughs Tod an einem stillen Ort, um ihn später wieder hervorzuholen und darüber nachzudenken. Vielleicht wenn alle anderen ausgeredet hatten.
    »Und da ist noch etwas«, sagte Izzie.
    »Bitte«, sagte

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