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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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Diese Wälder sind düster, weil sie zu weit vom Meer entfernt sind. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, seit ich das letzte Mal in Catania war! Verdammter Krieg! Warum führen die Männer bloß immer Krieg, Modesta?«
    »Aus Eigennutz, Beatrice. Nur zu ihrem eigenen Nutzen, den sie als hehres Ziel maskieren. Und vielleicht noch aus irgendwelchen anderen unbegreiflichen Gründen.«
    »Mein Gott, jetzt antwortest du mir genau wie Onkel Jacopo! Wie schade, daß du ihn nicht kennengelernt hast.«
    »Durch dich habe ich ihn doch kennengelernt.«
    »Manchmal glaube ich dir diesen Scherz sogar. Manchmal glaube ich wirklich, daß du ihn kennengelernt hast.«
    »Das ist dein Verdienst. Durch dich habe ich ihn so gut kennengelernt, daß er mir manchmal im Schlaf erscheint und mir sagt, was wir denken und tun sollen …«
    »Modesta, erzähl mir davon, es gefällt mir, wenn du davon sprichst. Was hat er dir gesagt, was wir tun werden? Wann hast du ihn gesehen? Hat er dir gesagt, was in zweioder drei Jahren sein wird? … Ich heiraten? Er hat dir gesagt, daß ich heirate? Aber das will doch die Großmutter nicht, und außerdem habe ich Angst vor Männern. Ich will nur dich.«
    Wann immer ich das Thema Männer anschnitt, fing sie an zu weinen und schmiegte sich an mich. Man mußte etwas dagegen tun. Sie weinte so laut, daß ich gar nicht hörte, wie Quecksilber hinter der Tür rief.
    »Was ist denn los, Modesta, wer schreit da so? Und auch im Hof, hörst du, wie sie schreien?«
    Ich hatte die Tür noch nicht ganz geöffnet, da wurden wir schon in den Hof hinuntergedrängt, wo uns eine Masse von Bauern und Dienern beinahe überrannte. Noch nie hatte ich so viele von ihnen auf einem Haufen gesehen. Einige trugen Fahnen, andere schleuderten ihre Mützen in die Luft, wieder andere umarmten sich weinend. Alle schrien durcheinander. Man verstand überhaupt nichts. Bis meine Ohren schließlich unter all dem Geschrei den einen Ruf erfaßten: Der Krieg ist vorbei! Der Krieg ist vorbei! Jetzt schiebt mich jemand zur Seite und ruft: Der Krieg ist vorbei! Ich finde Beatrice nicht mehr, die von Umarmungen und Händeschütteln weggezogen wurde. Plötzlich übertönt von oben eine mir bekannte, durchdringende Stimme alle anderen:
    »Nicht für uns!«
    In einem letzten Flüstern erstarben all die Rufe, und die erhobenen Gesichter senkten sich schweigend. Kreidebleich und riesig stand die Fürstin, an das Gitter geklammert, da und rief zum zweiten Mal in die Stille hinein:
    »Nicht für uns!« Und nach einer Pause:
    »Und du, Mody, und Beatrice, sofort hoch zu mir!«
    »Sind wir denn verrückt geworden, uns so unter dieses törichte Lumpenvolk zu mischen? Sogar die italienische Fahne haben sie hinter sich hergeschleift! Immer dieselben Idioten, die damals erst nach dem Krieg geschrien haben. Setzt euch! Und damit wir uns von dieser Pöbelei nicht anstecken lassen, werde ich euch jetzt unsere Haltung erklären. Für uns ist der Krieg nicht vorbei. Nach Ignazios Tod wird der Krieg für mich nie vorbei sein. Und ich werde niemals erlauben, daß das Gegenteil auch nur angedeutet wird. Wir rühren uns nicht von hier fort. Ich sehe es euren Augen an, ich sehe, daß ihr genau darauf gehofft habt! Ich werde nie zulassen, daß wir nach Catania oder Palermo zurückkehren, wo ich ihn gesund und stark auf seinen Beinen habe gehen sehen. Und wenn auch ich nicht mehr sein werde, bleibt ihr hier, um euch um mein Zimmer zu kümmern, so als könne ich jederzeit zurückkehren. Wie es mein Mann, Gott hab ihn selig, für sich und für alle anderen gewollt hat. Und damit das klar ist, habe ich auch das Testament so abgefaßt. Wer dieses Haus verläßt, gehört nicht mehr zur Familie, und das Geld geht an die, die bleiben. Und wenn keiner bleibt, geht das Geld an ein frommes Institut, dessen Namen ich euch nicht einmal nenne. Und jetzt verschwindet und sagt diesen Schwachköpfen, daß sie mir ja nicht mit einem Lächeln auf dem Gesicht oder ähnlichem Unsinn unter die Augen treten sollen. Warnt auch den Hauslehrer und den Tanzlehrer. Kein Wort über diesen Frieden, mit dem ich nichts zu tun habe. Für mich und für euch geht die Trauer weiter.«
    Ich wagte es nicht, Beatrice anzusehen, die sich kreidebleich in ihr Zimmer ziehen und aufs Bett legen ließ. Dann rannte ich los, um alle von der Anweisung der verrückten Alten zu unterrichten, uns nicht zu freuen.Warum die ganzen Tanzstunden, all die Kleider, so als ob man uns auf das Leben vorbereiten wollte, nur um dann

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