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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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allen Seiten, dass ihm das Haar nur so die Wange peitscht! Da entlang, rufe ich und zeige auf den Südflügel, und schon ist Ruben fort.
    Und was dann geschah, Herr Doktor, das will noch viel weniger in meinen Kopf als alles Vorherige! Denn plötzlich war das Haus nur noch ein Absatzklappern, Treppensteigen, Türenschlagen, ganz so, als würden die Gespenster Fangen spielen! Schubladen polterten auf den Boden, Schränke wurden ausgeleert, und ich irrte hilflos in den Gängen umher, immer auf der Suche nach Ruben und immer in Angst, dem Schwarzen zu begegnen! Doch es war wie mit dem Hasen und dem Igel, Herr Doktor, nur andersherum! Denn wo ich auch hinkam, war niemand mehr! Aber dann, Herr Doktor!, war es, als hätte ich eine Erscheinung – jawohl! Ruben und der schwarze Mann, dämmerte es mir, suchten die Sonneberger Figuren!
    Peregrin Aber stöhnte auf, las aber gleich weiter.
    Ach, Herr Doktor, ich weiß ja gar nicht, was diese Figuren bedeuten, und weiß doch von Herzen, sie bedeuten viel! Also laufe ich in die Halle zurück und die Treppe hinauf und zum Zimmer des jungen Herrn Nichts! Denn da, lieber Herr Doktor, sind die Figuren ja versteckt! Aber wie stockt mir der Atem, als ich das Zimmer erreiche! Denn noch bevor ich durch die offene Tür bin, merke ich, dass jemand im Zimmer ist! Und wie wird mir, als ich hineinschaue! Denn unter dem Bett des jungen Herrn Nichts ragen die schwarzen Hosenbeine des schwarzen Mannes hervor und gar nicht die braunen von Ruben! Und ausgerechnet unter dem Bett macht sich der schwarze Mann zu schaffen, wo doch das Pappköfferchen vom jungen Herrn Nichts da verborgen liegt mit all den Sonneberger Figuren drin! Und dann trifft mich bald der Schlag, als ich merke, dass der Mann wieder unter dem Bett hervorkriecht!
    Was soll ich, Herr Doktor, sagen! So schnell meine alten Beine mich trugen, bin ich davongelaufen und habe mich im erstbesten Zimmer versteckt und den Riegel vorgelegt. Wohl habe ich bald darauf Schritte gehört, aber eine Weile zugewartet habe ich doch! Ich versichere Sie, Herr Doktor, dass ich meinen ganzen Mut zusammennehmen musste, um überhaupt wieder aus dem Zimmer hervorzukommen, und dass ich tausendfach vor Angst gestorben bin, als ich danach unter das Bett des jungen Herrn Nichts gekrochen bin, um das Pappköfferchen gestohlen zu finden. Gestohlen, Herr Doktor! Gestohlen! Und im Haus ist jetzt nichts und niemand mehr, soweit ich das sagen kann. Der schwarze Mann ist fort, Gott sei Dank, Herr Doktor! Aber Ruben ist auch fort! Und ebenso der junge Jonas Nichts, was mir grässlichen Kummer macht! Alle sind fort, Herr Doktor, alle!, und ich bin ganz allein!
    Tabbi, Köchin
    PS
    Jetzt laufe ich in den Stall und sattele mir eins der Kutschpferde! Ich bin schon eine alte Frau! Der Herrgott stehe mir bei, dass ich die Poststation erreiche!
    Peregrin Aber hatte zu Ende gelesen. Er atmete tief aus und faltete seine Hände über den Brief. In seiner Brust pochte das schlechte Gewissen. Wie viel besser, dachte er jetzt, wäre es doch gewesen, den Jungen mit in die Stadt zu nehmen! Aber hätte das nicht geheißen, Wunderlich Alma zu überlassen? Oh, dieses verwünschte Testament!
    Peregrin Abers Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest presste er die Hände zusammen. Als er es bemerkte, hüstelte er verlegen. Dann faltete er Tabbis Brief sorgfältig wieder zusammen.
    » Werk! «, rief er schließlich durch die geschlossene Tür, die sich gleich darauf öffnete.
    Schlotternd nahm der kleine Schreiber Werk vor dem großen Schreibtisch Aufstellung. Alle seine Fehler waren ihm bewusst, auch die neuerlichen, die er noch gar nicht kannte.
    Aber Peregrin Aber hatte für Vorhaltungen diesmal keine Zeit. Scharf, wenn auch mit einer Spur Sorge und einer Spur Selbstmitleid, sah er Werk ins bange Gesicht.
    »Eine Kutsche«, knurrte er. »Es drängt!«
    Werk nickte beflissen und war schon wieder an der Tür, da –
    »Und noch etwas, Werk!«
    – traf ihn die Stimme seines Herrn in den Rücken.
    »Ja?«, flüsterte der Schreiber der Tür zu.
    »Es gibt da etwas …«, murmelte Peregrin Aber plötzlich ganz in Gedanken versunken, »… es gibt da etwas, das Sie für mich herausfinden müssen. Noch bevor ich abreise. In Windeseile, Werk. In Windeseile!«

Das 16. Kapitel
Trabanten
    Kaum einen Steinwurf entfernt kauerte sich ein schmuckes, weißes Häuschen in einen verkrauteten Garten. Hinter dem Zaun war ein kleines Boot aufgebockt, von dessen Rumpf die Farbe blätterte, und von einem

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