Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
Vom Netzwerk:
der, der gestern Nacht so rumgebrüllt hat, der Große, das ist ihr General. Der General Grimbert. So heißt er.« Ole klang fast ein wenig abwesend, so als dächte er über etwas ganz anderes nach. »Sag mal, wie war das mit dem Schrank?«
    Jonas seufzte wieder. Vielleicht verlor er hier über all diesen Erklärungen viel zu viel Zeit. Vielleicht hätte er Ole besser einfach nur gefragt, wo die Soldaten Ruben hinbringen würden. Andererseits konnte er von Ole kaum ehrliche Antworten erwarten, wenn er selbst keine gab.
    »Ich …«, setzte er an. »Also gut, ich bin durch einen Schrank gekommen. Ich habe die Schranktür aufgemacht und dann war da diese Wiese. Eigentlich war dann das alles hier da. In dem Schrank.« In einer hilflosen Geste breitete er die Arme aus.
    Ole grinste, wie wohl nur Ole grinsen konnte, mit Augen, Ohren, Nase und Mund. »Das hast du wohl geträumt, was?«
    »Kann sein«, sagte Jonas. »Jedenfalls war ich noch nie hier.«
    »Hm.« Für den Augenblick schien sich Ole zufriedenzugeben. »Wie alt bist du eigentlich?«
    Jonas spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. »Dreizehn«, sagte er. »Seit letztem Herbst.« Wer immer dich fragt , hatte Ruben geschrieben, und das galt auch – sogar – für Ole Mond. Die Gänsehaut verschwand. Jonas fühlte sich besser, als die Lüge heraus war.
    »Pah!«, sagte Ole. »Du siehst überhaupt nicht wie dreizehn aus. Du bist ja kleiner als ich.«
    Das stimmte nicht. Sie waren gleich groß.
    »Wie alt bist du denn?«, fragte Jonas.
    Ole Mond stützte die Handflächen auf den Boden und legte den Kopf etwas zurück. »Ich bin zwölf«, sagte er. »Und ich bin der Einzige hier, der zwölf ist. Weit und breit der Einzige.« Er grinste wieder sein Ole-Grinsen. »Aber das ist eine andere Geschichte. Willst du jetzt wissen, wohin sie deinen Freund bringen?« Er beugte sich wieder vor. »Wer ist er überhaupt?«
    »Er heißt Ruben«, sagte Jonas. »Er ist …« Er überlegte einen Augenblick. »Er ist so eine Art Onkel.« Er nickte heftig. Ihm gefiel seine Erklärung. »Ruben kennt mich schon, seit ich ganz klein bin. Wir wollten uns hier treffen.«
    »Onkel Ruben also.« Ole griff nach dem Rucksack. »Sie bringen ihn nach Kanaria. Zum Schloss. Ich bin da erst vor ein paar Tagen gewesen. Hab so rumgeschaut. Wenn du willst, bring ich dich hin.« Er stand auf.
    »Ole?«
    »Ja?«
    »Warum dürfen die Kaiserlichen nicht wissen, wer du bist?«
    Mit viel Schwung landete der Rucksack auf Oles Rücken. »Weil ich zwölf bin. Darum.« Mehr hatte Ole Mond nicht zu sagen.
    Eine halbe Ewigkeit lang folgte Jonas Oles wippendem Rucksack. Es ging die Senke hinab und dann hinauf in den nächsten Wald, wo die Sonne lichte Flecken auf den Boden warf. Sie kletterten über umgestürzte, malerisch mit Moos bewachsene Stämme, schlugen sich durch Unterholz, das so dicht war, wie es sich für Unterholz gehörte, und von Zeit zu Zeit überquerten sie eine Lichtung – dann schien ihnen die Sonne auf einmal warm ins Gesicht. Schließlich sah Jonas von einem Hügel aus Wasser schimmern. Erst war es nicht mehr als ein Zwinkern, dann öffnete sich das Blau wie ein Auge in der Landschaft. Auf einer letzten Anhöhe vor dem Ufer streckte Ole den Arm aus wie ein Feldherr.
    »Siehst du die Dächer?«, fragte er.
    Jetzt, da sie endlich still standen, ließ Jonas den Blick schweifen. Als blauer Spiegel lag der See unter ihm, wie eine Himmelslache kam er ihm vor. Jonas erkannte das gezackte gegenüberliegende Ufer und eine von Bäumen gesäumte Insel, ein grüner, dunkler Fleck im hellen Wasserblau. Zu seinen Füßen duckten sich einige Reetdächer unter vereinzelte Bäume, ein paar Häuser drängten sich bis fast ans Ufer.
    »Ist das … ist das Callamaar?« Es war eine Art Eingebung. Jonas hatte die Häuser gesehen und an das Bild gedacht, das Clara in das winzige Heft gemalt hatte, auch wenn es ganz andere, größere Häuser zeigte.
    Ole starrte ihn entgeistert an. »Woher weißt du von Callamaar?«
    Jonas wurde rot. Er wusste selbst nicht, warum. »I-Ich«, stotterte er los, »ich habe davon gehört. Ich weiß eigentlich gar nichts.«
    »So?« Zweifelnd hob Ole Mond seine Brauen. »Callamaar gibt’s auch gar nicht mehr. Vergiss Callamaar! Das da ist einfach ein Trabantendorf. Komm!« Er legte eine Hand auf Jonas’ Rücken und schob ihn an. »Aber leise! Nicht, dass sie besonders gut aufpassen, aber sie sollen uns nicht sehen.« Und schon war Ole wieder zwei Schritte voraus.
    Jonas stolperte ihm

Weitere Kostenlose Bücher