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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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und Elsa schluchzte herzzerreißend.
    »Auf Wiedersehen«, flüsterte Jonas, als der Advokat ihm nachstieg, und konnte bloß auf den Holzboden der Kutsche sehen. Erst als sie anruckte und Peregrin Aber sich noch einmal in den Wind beugte und den Zylinder lupfte, las er den Zettel in seiner hohlen Hand. Es war dieselbe Schrift, in der vor zwölf Jahren sein Name geschrieben worden war.
    EGAL, WER DICH FRAGT.
    DU BIST NICHT 12. DU BIST 13!

Das 2. Kapitel
wäre aufschlussreicher, wenn Peregrin Aber nicht einschliefe
    Bis Jonas in der Fremde war, dauerte es nicht lang. Brand war beinahe nie gereist, und wenn doch, dann hatte er Jonas nicht mitgenommen. Draußen hinter den Kutschenfenstern war deshalb schon bald alles neu. Nach wenigen Meilen drängten sich die weit geschwungenen Hügel zu einem buckligen Labyrinth und jeder Buckel schien sich über ein Geheimnis zu beugen. Die Kutsche rollte in verschwiegene Täler hinab und stieg gleich den nächsten Hang wieder hinauf, ohne dass ein einziges Geheimnis gelüftet worden wäre. Von den Kuppen der Hügel sah Jonas auf zersauste, geduckte Heideflächen, offenes Land, über das der Wind flüsterte, damit ihn niemand verstand. Dörfer gab es ringsum keine. Alle Bäume standen einsam und allein unter einem riesigen, unruhigen Himmel.
    In der Kutsche war es kalt. In den verblichenen Samtvorhängen vor den Fenstern hing ein ferner Hauch von Duftwasser, und rührte man sich, dann stöhnten die ledernen Polsterbänke. Jonas hielt Rubens Zettel fest in seiner Faust verborgen und hatte die Hand unter die Decke gesteckt, die Peregrin Aber umständlich über seinen Schoß gebreitet hatte. Jonas wollte nicht, dass der Advokat den Zettel sah. Ich bin dreizehn, dachte er immer wieder, aber das ist nicht wahr.
    Peregrin Aber schlug derweil unter seiner Decke die Beine übereinander, wippte mit den Schnürstiefeln und sah aus dem Fenster. Nur dann und wann blinzelte er zu seinem Schützling hinüber. Jonas wusste, wie es ihm ging – es ging ja allen so. Erst fiel ihnen auf, dass an Jonas etwas anders war, und dann, nach einer Weile, blieb ihr Blick an seinen verschiedenfarbigen Augen hängen, eins grün und eines hellblau. Doch Peregrin Aber verlor über Jonas’ Augen kein Wort. Es war, als wollte er bloß den rechten Zeitpunkt abpassen, um ein Gespräch zu beginnen, und dafür, dass Peregrin Aber ein durch und durch ungeduldiger Mann war, ließ er Jonas viel Zeit.
    »So«, sagte er nach einer kleinen Ewigkeit und rieb sich die kleinen Hände. »Zwölf Jahre bist du jung, nicht wahr?« Der Advokat hatte seine Stimme gezuckert. Er gab sich Mühe.
    Jonas wurde trotzdem rot. Er hatte die Wahl. Er konnte sein erstes Gespräch mit Peregrin Aber mit einer Lüge beginnen oder den stummen Diener draußen auf dem Kutschbock enttäuschen. Ruben, der ihm den Zettel gegeben hatte.
    Egal, wer dich fragt …
    Noch fester schloss Jonas die Finger um das kleine Stück Papier. Er hatte jetzt zwei solcher Zettel, und wenn er überlegte, dann waren sie ihm wichtiger als jedes vornehme Haus der Welt.
    »Nein, Herr Aber«, sagte er deshalb mit bebender Stimme. »Ich bin schon dreizehn. Diesen Herbst bin ich dreizehn geworden.« Die Lüge war ausführlicher, als es Jonas lieb war.
    »So, so«, machte der Advokat, und Jonas fürchtete bereits das Schlimmste, doch Peregrin Abers struppiges Lächeln war aufs Haar so bemüht wie zuvor. »Und dieser Brand hat dir also den Namen Nichts gegeben? Nichts wie etwas ?«
    Jonas nickte.
    »Ungewöhnlich«, murmelte der Advokat. »Aber so sei es. Namen soll man nicht ändern, richtig? Namen ändern ist wie Gesichter stehlen.« Er sah Jonas neugierig an. »Mein Sohn!«, begann er erneut, lauter diesmal und beinahe getragen. »Ich weiß, dass du …« Und dann folgte etwas sehr Verständnisvolles über Jonas’ schwierige Lage und Peregrin Abers Hände flatterten dazu.
    Aber Jonas konnte nicht mehr zuhören. Mein Sohn , hatte der Advokat gesagt und Jonas wurde heiß. Er musste allen Mut zusammennehmen, um Peregrin Aber zu unterbrechen.
    »Sind Sie mein Vater?«, fragte er.
    Peregrin Aber wich zurück, bis er gegen die Lehne seiner gepolsterten Sitzbank stieß. »Oh nein!«, rief er. »Wie kommst du denn darauf , Junge?!«
    »Sie haben Sohn zu mir gesagt«, flüsterte Jonas.
    »Ach so!« Peregrin Aber seufzte erleichtert. »Das sagt man doch nur so«, erklärte er. »Man sagt das, wenn … wenn …« Er wedelte mit seinen blassen, kleinen Händen, als könnte er die

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