Die unwillige Braut (German Edition)
und sie hatte Warin geliebt, ihres Vaters vertrauten Gehilfen, einen Mann mit großen Ambitionen, zu denen es auch gehörte, der Tochter seines Herrn den Hof zu machen. Bei seinen ersten Annäherungsversuchen hatte Rhoese seine Motive weder verstanden noch sich Gedanken darüber gemacht, denn mit gerade zwanzig Jahren war sie bereit gewesen, sich von einem Mann einfangen zu lassen, wenn er nur kühn genug war. Warins Erfolg bei den Mädchen von York und seine Berichte über Eskapaden in Norwegen und Island waren ihr aufregend erschienen, und seine Erzählungen hatten seinen Mangel an Raffinesse wieder ausgeglichen. Er war eifrig gewesen und impulsiv, und sie war in seine kräftigen, liebenden Arme gesunken, ohne auch nur die Zeit zu haben, die Jagd zu genießen. Ihr Vater hatte die Sache gebilligt, und weder er noch Rhoese hatten bei dem jungen Mann Schwächen erkannt, die nicht mit der Unwissenheit der Jugend entschuldigt werden konnten.
Auch Ketti, ihre dänische Stiefmutter, hatte die Beziehung befürwortet. Sie hatte Gefallen gefunden an dem jungen Kaufmann, dessen Schwäche für sie als Gamals junger Frau unübersehbar war. Schließlich war sie nur ein paar Jahre älter als Warin, und es fiel ihr nicht leicht, für einen vierundzwanzig Jahre jungen Mann die zukünftige Schwiegermutter zu spielen.
Es dauerte nur wenige Monate, bis Warin Rhoese überreden konnte, ihm zu Willen zu sein, schließlich wollten sie sich verloben, sobald er von seiner nächsten Reise nach Island zurückkäme. Rhoese war überzeugt gewesen, dass mit ihren Plänen nichts schief gehen konnte, hatte alles vorbereitet, damit sie als verheiratetes Paar nach Toft Green ziehen konnten. Sie hatte sich ihm hier hingegeben, in genau dieser Halle, bevor er mit ihrem Vater nach Norden reiste, um Felle einzukaufen. Für einen Vergleich fehlte es ihr an Erfahrung, aber sie vermutete mit einer gewissen Befriedigung, dass Warin besser war als die meisten, den Blicken der anderen Frauen nach zu urteilen. Dann kehrte das Boot drei Monate später zurück mit Walfischbein, Pelzen und Warin. Ihr Vater jedoch war in den eisigen Wassern der Nordsee über Bord gegangen, und im November des vergangenen Jahres, 1087, erfuhren Rhoese und Eric, dass sie nun Waisen waren. Und sie, die gerade einundzwanzig Jahre alt geworden war, stellte fest, dass sie ein Kind erwartete.
"Alles in Ordnung, Liebes?" fragte Eric und fasste nach ihrem Arm.
"Ja. Ich dachte nur gerade zurück, das ist alles."
"Mach das nicht."
"Ich muss es tun."
"War es wegen der Frau mit dem schreienden Säugling heute Morgen?"
"Nein, ich denke nicht."
"Warum dann?"
Plötzlich wehte eine Böe die Tür auf, schlug sie fest gegen die Wand und drückte die Flammen mit plötzlicher Heftigkeit auf die Scheite hinunter. "Schließt die Tür!" schrie Hilda, als noch mehr Männer eintraten, unsicher darüber, wie sie wohl empfangen werden würden.
Der Tod ihres Vaters war schlimmer gewesen als alles, was Rhoese bis dahin erlebt hatte. Ihre Mutter Eva war damals bei Erics Geburt gestorben. Ohne ihren Vater wurde ihre Welt unaufhaltsam auf den Kopf gestellt, denn sie hatte auf seine Rückkehr gewartet und noch niemandem von ihrem Geheimnis erzählt. Er sollte der Erste sein, der davon erfuhr. Doch der Schock darüber, ihn so unerwartet und ohne jede Erklärung zu verlieren, machte sie krank, so dass sie den Fötus in einer entsetzlichen Nacht verlor, mit niemandem außer Hilda und Els, um ihr zu helfen, die einzigen, abgesehen von dem Geistlichen, die die Wahrheit erfuhren. Eric hatte es von selbst erraten.
Warin wahrte mit seinen Beileidsbekundungen zwar die Form, aber das war auch schon alles. Sein Verhalten ermutigte sie kaum dazu, ihm den zweiten Grund für ihren Kummer zu sagen, vor allem, weil seine Aufmerksamkeiten sich sichtlich Ketti zugewandt hatten unter dem Vorwand, sie hätte bei Gamals Tod einen größeren Verlust erlitten als Rhoese.
Verletzt, krank und verzweifelt, verbrachte Rhoese immer mehr Zeit hier in Toft Green in der Hoffnung, dass Warin kommen würde, um ihr zu helfen, alles für ihr gemeinsames Leben hier vorzubereiten. Dann sah sie eines Tages, wie er bei Ketti lag. Warins Verteidigung – dass er ihre Stiefmutter nur ein wenig hatte trösten wollen – wirkte wenig überzeugend, und sein Betrug so kurz nach den anderen Tragödien brach Rhoese das Herz. Es gab keinen flammenden Streit, keine Auseinandersetzung, nur einen stummen und stillen Rückzug in ihr eigenes Haus auf
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