Die unwillige Braut (German Edition)
Toft Green. Die Kraft, um das zu kämpfen, was beinahe ihr gehört hätte, war mit ihrem Glück, ihrem Wohlbefinden und ihren Hoffnungen dahingegangen.
Kaum hatten Eric und sie die Reste ihrer Habseligkeiten entfernt, als Warin schon bei Ketti einzog. Er brachte seinen betagten Vater mit, der Kettis streitsüchtiger Mutter und ihrem zwölfjährigen Sohn Thorn aus erster Ehe Gesellschaft leisten sollte. Der Wechsel war komplett vollzogen, und Rhoese leitete Mieten und Abgaben von ihrem Besitz in Yorkshire zu sich und Eric um, damit sie den eigenständigen Haushalt aufrechterhalten konnten.
Kettis Hoffnungen auf einen angenehmen Witwenstand schwanden mit diesem Entzug von Einnahmequellen dahin, und sie protestierte. Aber Rhoese sah keinen Grund, ihren Gewinn beizusteuern, wenn Warin doch Lord Gamals Geschäfte übernommen hatte, seine großen Speicher an der Ouse-Werft entlang, seine Frau und sein Haus in Bootham neben der aufblühenden neuen Abtei St. Mary's.
In den zehn aufwühlenden Monaten seit dem Tod ihres Vaters hatte Rhoese einen Panzer aus Eis um ihr verwundetes Herz gelegt, hatte es mit Rachegedanken kühl gehalten, die doch nichts dazu beigetragen hatten, den Schmerz darüber zu lindern, zurückgewiesen worden zu sein. Jetzt gab es keinen Mann, dem sie ihre Liebe anvertraute, außer ihrem Bruder. Der Umstand, dass er von Geburt an blind war, spielte keine Rolle in Anbetracht seiner vielen anderen Qualitäten. Er hatte bereits den Wunsch geäußert, Mönch in St. Mary's zu werden, und Rhoese hatte großzügig für die neuen Gebäude gespendet, deren Grundstein der neue König selbst am nächsten Morgen legen wollte. Jetzt erwarteten sie Nachricht von Abt Stephen, ob er Eric als Novizen nehmen würde.
Sanft drückte Eric ihren Arm. "Geh und kümmere dich um die Vorbereitungen, Liebes. Zum Essen werden wir Gäste haben. Wenn du möchtest, werde ich danach für dich die Harfe spielen."
"Willst du nackt speisen?" fragte sie. "Als besondere Unterhaltung?"
"Neal!" rief Eric über das Feuer hinweg. "Die Lady hier hat einen Vorschlag!"
Judhael de Brionnes Wunsch, mehr über Rhoese zu erfahren, war nicht einmal in Ansätzen erfüllt worden durch die Erzählungen seines Freundes Ranulf hinsichtlich der Schwierigkeiten ihrer Stiefmutter. Er wollte mehr über die Frau selbst erfahren. Sicherlich könnte er auf eigene Faust herausfinden, was ihm wohlmeinende Freunde verschwiegen, die nur begierig darauf waren, eine Wette zu gewinnen.
Eine Stunde nach der Ausgangssperre ritt er allein durch Yorks von Pfützen übersäte Straßen dorthin, wo die südwestliche Ecke der hohen Stadtmauer an Toft Green anschloss. Die dunklen Umrisse von strohgedeckten Hütten scharten sich innerhalb einer Palisade um eine große Halle, und der Wind trug den Duft eines brennenden Holzfeuers heran. Im Schutze der Dunkelheit wartete er, in der Hoffnung, dass früher oder später sich schon jemand zeigen würde, der ihm erzählen konnte, wie eine Edelfrau aus Yorkshire es in ihrem eigenen Haushalt hielt.
Er musste nicht lange warten, bis sich auf der Rückseite der Halle eine Tür öffnete. Sanfter Feuerschein fiel heraus, zusammen mit der Melodie eines Harfenspielers, und die Gestalt einer Frau erschien in der Tür. Jude trieb seinen Hengst ein paar Schritte nach vorn, so dass er sehen konnte, wie sie hinüberging zu einem der kleineren Gebäude. Jetzt, da der Regen nachgelassen hatte, ließ sie dessen Tür offen stehen, vermutlich um etwas Licht zu haben.
Wenig später erschien sie wieder, diesmal trug sie etwas unter dem Arm und schloss sorgfältig die Tür hinter sich, ehe sie an den Hütten entlang auf die Bäume zu glitt, die am Ende des Hofes standen. Dabei hielt sie sich wie ein Raubtier im sicheren Schatten auf. Jude lenkte sein Pferd mit den Absätzen den Weg entlang bis zu einem Spalt in den Palisaden, durch den er reiten konnte. Er visierte dieselben Bäume an und bewegte sich lautlos über die feuchten Blätter, während Tropfen von den Zweigen auf Mann und Pferd herabfielen.
Das Pferd schnaubte empört, und das Geräusch hallte in dem stillen Waldstück wider, so dass die Frau mit einem Aufschrei erschrocken zur Seite sprang und dann schneller lief. Jude war erfahren genug, so etwas vorauszusehen. Es war dunkel, und die Schatten halfen wenig, doch Jude besaß scharfe Augen, und er war daran gewöhnt, etwas im Dunkeln zu erkennen. Auch der Hengst hatte keine Schwierigkeiten, der flüchtenden Frau zu folgen, die mehr als
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