Die unwillige Braut (German Edition)
etwas ausmachen würde."
"Es wäre gefährlich, Anneys."
"Dann verheimlichen wir es ihr. Ich kann sehr diskret sein, das weißt du."
Da Hilda Rhoese liebte, ließ sie nicht zu, dass ihre Herrin auch nur ein einziges Wort mehr hörte. Sie packte ihr Handgelenk und zog sie von dem Birnbaum weg. Mit finsterer Miene setzte sie Rhoese in die Nähe eines Teiches, in dem glitzernde Forellen ihre Kreise zogen, und sehnte sich danach, sie in ihre mütterlichen Arme zu nehmen, während ihr Herz vor Mitleid blutete. Sie sah Rhoeses bleiches Gesicht und erschrak über die tragische Leere, die sie dort vorfand, wie zuvor, als sie alles, was sie liebte, innerhalb einer winzigen Zeitspanne verloren hatte. Und jetzt erkannte sie, dass das wieder geschehen würde, so kurz danach. Der Schmerz würde sie umbringen.
"Mut, Liebes", flüsterte Hilda. "Mut. Es mag nicht das sein, wonach es aussieht. Wir müssen es herausfinden."
Es dauerte lange, ehe eine Antwort erfolgte. "Er kannte sie", sagte sie heiser. "Sie kannten einander seit Jahren. Aus der Normandie. Sie will ihn zurückhaben. Master Flambard hatte Recht, und Bruder Alaric hat sich geirrt. Und er hat mich geheiratet, weil sein Vater will, dass er sich eine Gemahlin nimmt, so sagt er. Ist das nicht schmeichelhaft, meine Liebe? Ist das nicht der beste Grund, den du je gehört hast?" Ihr Lachen klang leise und zitternd, fast wie ein Schluchzen, und als sie aufsah zu ein paar weißen Tauben, die über dem Dach des Palastes kreisten, glänzten ihre Augen von Tränen des Zorns, die sie abwischte, ehe sie ihre Wangen hinabfließen konnten.
"Warum?" flüsterte sie. "Warum geschieht mir wieder so etwas? Und warum so bald? Irgendwann, das habe ich erwartet, aber nicht so bald. Gewiss nicht jetzt, als es schien, dass es besser würde, als hätte ich sein Interesse geweckt, wenn schon nicht sein Herz. Was stimmt nicht mit mir, Hilda?"
"Nichts, Liebes. Nichts", erwiderte Hilda und nahm ihre Hand.
"Ich denke, ich sollte nach York zurückkehren. Ich kenne den Weg, und allein kommen wir schneller voran als auf dem Hinweg."
"Davonlaufen sieht dir gar nicht ähnlich, Liebes."
"Ich weiß, aber ich kann nicht hier herumstehen und zusehen, was zwischen ihnen passiert. Wir werden wochenlang unterwegs sein, und sie wird sich die ganze Zeit über wieder in Judes Herz einschleichen. Ich weiß es. Sie hat so etwas gesagt."
"Dann musst du kämpfen. Als dein Vater gestorben war, hattest du nicht die Kraft, mit Ketti um Warin zu kämpfen, nicht wahr? Aber jetzt bist du wieder da, also kämpfe um das, was du liebst, wenn du es genug willst. Willst du ihn denn?"
"Ob ich ihn will? Tag und Nacht denke ich an kaum etwas anderes, Hilda."
"Das dachte ich mir. Also ist dein Herz weicher geworden."
Rhoese legte eine Hand an ihre Brust, um unter dem Mantel sein Klopfen zu fühlen. "Ich darf es ihn nicht wissen lassen", sagte sie. "Niemals würde es einen solchen Schaden überstehen."
Hilda drückte ihr die Hand. "Ja, aber siehst du, Liebes, der Weg, sein Herz zu besänftigen, liegt darin, ihm zu zeigen, dass du ihn magst, nicht, dass du ihn nicht magst. Nimm es mit dieser Frau auf. Du kannst es schaffen. Es hilft nichts, dazustehen und hilflos auszuschauen, oder? Dein Gemahl ist er, nicht der ihre. Er wird der Vater deiner Kinder sein, und wie stark ein Mann auch aussehen mag, einer solchen Frau kannst du ihn nicht wehrlos gegenübertreten lassen. Sie glaubt, du wüsstest nichts, und es würde dich nicht kümmern, also zeig ihr – zeig ihnen beiden –, wie falsch das ist. Männer verstehen nichts … nichts von Frauen und nichts von Herzen."
"Er sagte mir, er wüsste nicht, wo er nach einem Herz suchen sollte."
"Komm schon, Mädchen, wie viele Lügen hast du erzählt, nur um ihm weh zu tun?"
Eine Antwort auf diese Frage blieb Rhoese erspart, als zwei Schatten auf den Weg fielen und sich direkt auf sie zu bewegten. Zwei Benediktinermönche, der eine war ihnen vertraut, der andere nicht. Es war nicht schwer zu erraten, wer der Fremde war, und da er neben Bruder Alaric, der wie immer sehr schlichte, braune Gewänder trug, sehr würdevoll wirkte, stand sie ebenso wie Hilda auf, um ihn zu begrüßen.
Judes Cousin seinerseits musste nur einen kurzen Blick auf die beiden Frauen werfen, um zu erkennen, dass sie ein persönliches Gespräch geführt hatten. Was er über die Schönheit der einen gehört hatte, war nicht übertrieben gewesen, doch sprach ein tiefer Schmerz aus ihrem Blick, und er sah, wie sie
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