Die unwillige Braut (German Edition)
rasch die Hand zurückzog, die ihre Amme gehalten hatte. Diesmal, dachte er, hat Jude sich selbst übertroffen, obwohl alles eher beunruhigend aussieht.
Sein Begleiter, der Kaplan der Lady, stellte sie einander vor. "Mylady", sagte er, "erlaubt mir bitte, Euch mit Bruder Gerard bekannt zu machen, dem Cousin Eures Gemahls."
Es war Brauch, jeden mit einem Kuss auf beide Wangen zu begrüßen, aber es gab ein paar normannische Kirchenmänner, die bei einer Frau davon Abstand nahmen, daher war es sicherer, nur den Kopf zu neigen und zu lächeln. Bruder Gerard war empfindsam genug, um zu erkennen, was es sie kostete, in dieser Situation eine freundliche Miene aufzusetzen.
Er wäre so groß wie Jude gewesen und ebenso breitschultrig, hätte er nicht gehinkt und vorgebeugte Schultern besessen. Seine Züge waren klar und energisch und seine Augen dunkel und durchdringend unter dichten schwarzen Brauen. Das ebenfalls dunkle Haar trug er ein wenig zu lang, es reichte an den Seiten bis zu seiner Kapuze.
In der Hoffnung, ihre schönen Augen ein wenig zum Strahlen zu bringen, sprach Bruder Gerard auf Englisch weiter, wie er es schon mit dem Kaplan getan hatte. "Es ist mir eine Ehre, Mylady", sagte er. "Und darf ich Euch in Durham willkommen heißen? Bruder Alaric sagte mir, dass Ihr schreiben und lesen könnt. Ich wünschte, dasselbe von all den Mönchen hier sagen zu können. Es würde das Leben sehr vereinfachen."
"Mein Vater bestand darauf", erwiderte sie. "Bruder Alaric und ich konnten selbst unsere Bücher führen. Darf ich Euch meine Amme Hilda vorstellen? Wir sind seit meiner Geburt zusammen."
Sie setzten sich einander gegenüber in den sonnigen abgeschiedenen Alkoven, wo Pflaumen sich über die Rankhilfen erstreckten, wo es von Bienen summte und Spinnen ihre Netze gewebt hatten. Gerade, so erzählten die beiden Männer, hatte die offizielle Festnahme des Bischofs begonnen, und jetzt würde er unter schwerer Bewachung in seinen Gemächern eingesperrt. Es schien befremdlich, seine höfliche Gastfreundschaft auf diese Weise zu entlohnen, aber so wurden die Dinge nun einmal gehandhabt, zum Teil zivilisiert und zum Teil barbarisch. Jude arrangierte die Verwaltungsangelegenheiten der Kathedrale gemeinsam mit Prior Turgot, und für den Rest des Tages würden sie wenig von ihm sehen.
"Ihr sprecht unsere Sprache sehr gut", sagte Rhoese. "Wenn Ihr es ungewöhnlich findet, dass eine Frau lesen und schreiben kann, so erscheint es uns noch ungewöhnlicher, dass ein Normanne Englisch spricht. Warum habt Ihr es gelernt, Bruder?"
Bruder Gerard spreizte die Finger und betrachtete einen Moment lang die Tintenflecke darauf. "Nun, Mylady, es wäre schwer für mich gewesen, Schriften in einem englischen Scriptorium durchzusehen, wenn ich nur meine eigene Sprache spreche. Wenn ich will, dass die Arbeit gut gemacht wird, dann muss ich über dieselben Kenntnisse verfügen."
"Also seid Ihr schon einige Zeit in England?"
"Vor acht Jahren bin ich mit Jude hierher gekommen. Ich bin ein paar Jahre älter als er, aber nach dem Tod meiner Eltern habe ich bei seiner Familie gewohnt. Bischof Odo war mein Schirmherr, obwohl er nun denselben Weg gegangen ist wie unser guter Bischof hier, der es lieber gesehen hätte, wenn der ältere Bruder von William Rufus den englischen Thron übernommen hätte. Vielleicht sind sie sogar gemeinsam im Exil, unsere Bischöfe, wer weiß?"
"Ich denke, uns wäre ein Engländer am liebsten gewesen", sagte Rhoese.
"Die Welt, in der wir leben, verändert sich, Mylady", erwiderte Bruder Gerard ruhig.
"Ja, Bruder", sagte Rhoese. Sie war nicht bereit, diese ganze Sache auf sich beruhen zu lassen, und hatte all das Gerede über Veränderungen satt. "Aber oft scheint es, als hätten wir Engländer mehr als unseren Anteil an Veränderungen gehabt, und nicht immer gereichten sie uns zum Vorteil. Habt Ihr in der letzten Zeit gesehen, in welchem Zustand die Dörfer und Ländereien zwischen hier und York sind? Versucht, den armen Seelen dort draußen zu erzählen, dass wir in einer Welt von Veränderungen leben, und wartet ab, ob sie das tröstet. Wie sehr habt Ihr Euch verändert in Euren acht Jahren in England, Bruder?"
Nach der Hälfte dieses unerwarteten Ausbruchs hatte Bruder Alaric es aufgegeben, sie mit Stirnrunzeln zum Verstummen bringen zu wollen. Jetzt saß er da und betrachtete seine Knie, sah nur gelegentlich auf, um einen Seitenblick auf die beiden Streitenden zu werfen. "Lady", sagte er, "Bruder Gerard wollte
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