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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Unter der Herrschaft König Ethelberts verschwanden im Jahre sechshundertacht erneut viele Kinder. Diesmal in den Wintermonaten.«
    »Ein ähnliches Ereignis fand über fünfhundert Jahre später statt?«
    »Du sagst es. Doch warte ab, was ich noch herausgefunden habe.«
    Maurice Micklewhite war kaum mehr zu halten.
    »Der Zollwärter Geoffrey Chaucer erwähnt in seinen Erzählungen über das Leben im England des 14. Jahrhunderts einen weiteren Kinderraub. Im Jahre 1348 beklagten hunderte von Müttern den Verlust ihrer Kinder. Dies geschah während der großen Pestepidemie. Das Kinderverschwinden wurde der Krankheit zugeschrieben, und so geriet es in Vergessenheit.«
    Was ging da nur vor?
    Ich erinnerte mich meiner eigenen Worte.
    Die Welt dreht sich weiter, doch etwas ist nicht richtig.
    »Den nächsten Hinweis fand ich in den Tagebüchern von Samuel Pepys. Im Bereich der heutigen City of London verschwanden fast alle Kinder, die jünger als fünf Jahre waren. Das ereignete sich 1666. Im gleichen Jahr brannte die Stadt. Das große Feuer zerstörte dreizehntausend Häuser in London. Unzählige Menschen starben. Niemand machte sich mehr Gedanken über die verschwundenen Kinder. Bei den Geschichtsschreibern fand der erneute Kinderraub keinerlei Erwähnung.«
    »Ausgenommen bei Pepys.«
    »Auch er erwähnt es nur am Rande.«
    »Das ist wahrlich mysteriös.«
    »In allen Berichten handelt es sich um sehr junge Kinder«, erklärte Maurice Micklewhite. »Das Alter von fünf Jahren wurde selten überschritten. Die Kinder verschwanden einfach so vom Angesicht Londons. Niemals wieder hörte man von ihnen. Es gab keine Spuren, keine Hinweise, keine Hoffnung. Es passierte über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten, und dann hörte es auf. Ebenso schnell und abrupt, wie es begonnen hatte.«
    »Und jetzt passiert es wieder?« Eigentlich war es keine Frage, die Emily da stellte.
    »Seit nunmehr vier Monaten«, sagte ich.
    »Doch die eigentliche Frage«, gab Maurice zu bedenken, »ist eine ganz andere. Gehen wir davon aus, dass die Ereignisse zusammenhängen, die über all die Jahre verstreut stattgefunden haben, dann besagt dies doch, dass es eine gemeinsame Ursache geben muss. Leider haben wir keine Ahnung, um was es sich dabei handeln könnte.«
    »Außerdem«, fügte ich hinzu, »ist zum ersten Mal ein Kind entführt worden, das nicht der menschlichen Gattung angehört.«
    »Mara«, sagte Emily.
    »Sie sagen es!«
    »Mara Mushroom«, verbesserte Maurice Micklewhite sie.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Wir wissen es nicht.« Maurice rieb sich müde die Augen.
    »Aber Sie denken beide, dass ich Ihnen dabei helfen kann, die kleine Mara ausfindig zu machen.« Emily verstand schnell.
    Gleichzeitiges Kopfnicken.
    »Eigentlich ist es Lord Brewsters Vorschlag gewesen, sich Ihrer zu bedienen«, gab Maurice Micklewhite zu.
    »Er ist davon überzeugt, dass nur Sie, Miss Emily, dazu in der Lage sind, Miss Mara Mushroom aufzuspüren.«
    »Weil ich das zweite Gesicht habe?«
    »Weil Sie eine Trickster mit einer Gabe sind, die sehr stark ausgeprägt ist. Es mag an Ihrem gläsernen Auge liegen. Es mag einen anderen Grund geben. Wichtig ist, dass die Ratten glauben, dass Sie die Richtige für dieses Vorhaben sind. Und deshalb betone ich es noch einmal, kleine Miss Laing: Wir brauchen Ihre Hilfe.«
    »Ist ja gut«, meinte sie hastig. »Ich werde Ihnen beiden natürlich helfen, wenn ich es irgendwie kann. Aber wie soll ich das anstellen? Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich die kleine Mara finden soll. Ich habe noch nie eine Vision gehabt. Ich habe auch noch nie Dinge gesehen, die erst in der Zukunft passieren mögen. Verstehen Sie mich nicht falsch, aber mein einziger Anhaltspunkt sind Sie beide, die mir diese ganze Geschichte auftischen.« Sie holte tief Luft. »Im Waisenhaus wurden wir andauernd belogen. Woher, bitte schön, soll ich denn wissen, dass Sie beide es ehrlich mit mir meinen?«
    Maurice sah mich an.
    Ich sah Maurice an.
    »Es gibt keine Sicherheit«, sagte ich schnell. »Sie müssen uns einfach vertrauen.«
    »Vertrauen ist ein Anfang.« Maurice ergriff die Hand des Mädchens. »Wir werden Ihr Vertrauen in uns nicht enttäuschen. Das verspreche ich Ihnen. Außerdem haben wir eine Überraschung für Sie, Miss Laing.«
    »Eine Überraschung?«
    »Es war Mortimers Idee«, gestand Maurice.
    Neugierig fixierte mich Emily.
    Ich lächelte kurz. »Nicht der Rede wert.«
    »Was ist es?«
    Maurice grinste breit, als ein hoch

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