Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
seiner Verblüffung eben noch in einem Hinterhof nahe des dunklen Flusses befunden hatte. Der Mädchenstimme war er in eine schäbige Bretterbude gefolgt, die sich jedoch als die große Halle von Manderley Manor entpuppte und …
    … wo auch ich mich wiederfand, nachdem ich zum Schulhaus zurückgelaufen war, das als Kind der Mittelpunkt meines armseligen Lebens gewesen war, um meine durchnässte Kleidung zu wechseln und mich an dem kleinen Kohleofen zu wärmen. Emily hatte mich von drinnen gerufen. Von dort, wo früher der Lehrer all die Kinder nach der Pause zur nächsten Unterrichtsstunde gerufen hatte. Ins Schulhaus war ich gestürmt, und wiedergefunden hatte ich mich in Manderley Manor, wo die gewundene Treppe die Halle beherrschte und ich die anderen gewahrte, wo …
    … Lycidas am Boden kniete, weil die Kräfte ihn verlassen hatten. Auch er war der Stimme des Mädchens gefolgt, hatte in den Himmel zurückkehren wollen und war in der großen Halle des Anwesens am Regent’s Park gestrandet, wo …
    … die kleine Mara Manderley bereits die ganze Zeit über gewesen war und wo …
    … Emily Laing als Letzte hingelangte, die schließlich doch noch den Zug bestiegen hatte, der ihrer Freundin zum Verhängnis geworden war. Die Northern Line verließ Leicester Square pünktlich um 15:08 Uhr und brachte Emily schon hinter der nächsten Kurve nach Manderley Manor, wo die anderen bereits auf sie warteten. Wo sie vereint waren in der großen Halle, die Emily Laing vor langer Zeit zum ersten Mal betreten hatte.
    Dann öffneten sie die Augen.
    Allesamt.
    Sahen.
    Mit Ausnahme von Emily, die noch immer blind war und somit wusste, dass dies die Wirklichkeit war.
    »Wittgenstein?« Zögerlich klang sie.
    Die Gegenwart der anderen war spürbar.
    »Ich bin da.«
    Ich trat neben sie.
    Legte meine Hand auf ihre Schulter.
    »Wer sonst noch?«
    »Neil Trent und Aurora Fitzrovia.«
    Dann hörte sie ihrer Freundin Stimme. »Master Micklewhite und Mièville.«
    Es war seltsam, die Stimmen der Freunde zu hören. Doch schön, die Umarmungen zu spüren in der Finsternis, die wieder Emilys Wirklichkeit geworden war. Einen kurzen Augenblick nur fragte sie sich, ob Neil ihrer Freundin endlich gebeichtet hatte, was er für sie empfand.
    Dann vernahm sie zwei weitere Stimmen.
    »Mr. Fox«, stellte sich dieser vor.
    »Sowie Mr. Wolf.«
    Und bevor das Mädchen sich fragen konnte, was die beiden Gestalten an diesen Ort verschlagen hatte und wie sie hierher gelangt waren, stellte Mr. Fox klar: »Wir sind eben da.«
    »Wir sind immer da«, ergänzte sein Kumpan.
    »Immer genau dort, wo wir hingehören.«
    »Das waren wir schon immer.«
    »So ist das!«
    Mit Sicherheit nicht das Seltsamste, was Emily an diesem Tag gehört hatte. Da kam ihr Mara in den Sinn.
    »Wo ist meine Schwester?«
    »Sie ist hier.« Master Lycidas war das gewesen.
    Emily drehte den Kopf in die Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatte, die sie an Lucia del Fuego erinnerte.
    »Wo?«
    Ich beschrieb ihr den Ort, an dem wir uns befanden.
    Emily lauschte den hastigen Worten, die von einer Höhle ungeahnten Ausmaßes kündeten. Die Wände waren in ständiger Bewegung, wirkten fleischig und waren übersät mit eben jenen blasenähnlichen Gebilden, die mir bereits im Abgrund aufgefallen waren. Eine dünne Membran schien über etwas zu liegen, das atmete. Das wuchs. Beim genaueren Hinsehen erkannte man, was sich in den Blasen befand.
    »Die Rattlinge werden dort geboren«, hörte das Mädchen Maurice Micklewhites Stimme, die laut und kraftvoll von den Wänden widerhallte, sodass Emily ein Gefühl von der Größe dieser Höhle bekam.
    Maurice Micklewhite, der mit einer kleinen Zahl von Horuskriegern und Toten in den Abgrund der Region hinabgestiegen war, hätte es treffender nicht ausdrücken können.
    Die Blasen enthielten die rasant wachsenden Föten der Rattlinge.
    »Es ist der Abgrund, der sie gebiert«, sagte Mièville, der mit den Kindern durch einen Abgrund, von dem wir anderen nicht gewusst hatten, hierher gekommen war. »Denn der Abgrund ist der Nyx.«
    Deshalb also das Beben, dachte Emily.
    Der Nyx war der Abgrund.
    »Der Abgrund ist nur ein Teil des Nyx.« Der Lichtlord klang ungeduldig, als müsse er begriffsstutzigen Schülern einen banalen Sachverhalt erklären. »Stellen Sie sich die Abgründe als Sinnesorgane vor, mit denen der Nyx die obere Welt berührt.« Emily hörte Lycidas unruhig auf und ab gehen. »Die Sinnesorgane bohren sich nach oben, riesigen Fühlern

Weitere Kostenlose Bücher