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Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas

Titel: Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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kleinen, ungeschliffenen Quader mit rauen Rändern. »Darf ich?«
    »Ein Rosenquarz.« Bevor sie die Frage stellen konnte, erklärte ich: »Er schluckt die Erdstrahlen und schützt das Herz. Tragen Sie den Stein an einer Kette um Ihren Hals, so behütet er Ihre junge Seele.«
    »Ist das wahr?«, wollte Aurora wissen.
    Maurice Micklewhite nickte nur.
    Ich selbst wandte mich wieder Emily zu. »Auf ein Letztes!«, drängte ich.
    Schnell und ohne zu überlegen nahm sie einen pechschwarzen, klumpigen Stein mit glatter, spiegelnder Oberfläche.
    »Ein schwarzer Turmalin. Er entgiftet den Körper und bewahrt vor Orientierungslosigkeit. Zudem fördert er das Selbstbewusstsein und schützt vor den negativen Energien der Mitmenschen.«
    »Den hätte ich im Waisenhaus gebrauchen können.«
    »Sie werden ihn immer gebrauchen können.«
    Neugierig berührte sie die Oberfläche.
    »Die Menschen strahlen jederzeit bösartige Energien ab. Das ist nun einmal ihre Natur.«
    Die drei unterschiedlichen Steine lagen jetzt vor der kleinen Emily auf dem runden Tisch. Es war geschehen, wie man es mich einst gelehrt hatte. Die Steine hatten den Besitzer erwählt.
    »Da ist noch ein weiterer Stein.« An einer Kette um den Hals trug ich ihn. Die Rättin hatte ihn mir einst geschenkt. »Es ist ein Mondstein.« Und ich spürte, dass er für Emily Laing bestimmt war.
    »Ist er für mich?«
    »Für wen sonst?« Ich gab ihr den Stein.
    »Aber ich habe mir doch gerade drei Steine erwählt.«
    »Die Steine«, betonte ich, »haben Sie erwählt. Nicht umgekehrt. Und dieser Mondstein hier gehört ebenfalls zu Ihnen. Mylady Hampstead hat ihn mir gegeben, aber vielleicht habe ich ihn all die Jahre nur aufgehoben, damit ich ihn an Sie weitergeben kann. Glauben Sie mir, Emily, eines Tages wird der Mondstein seinen Platz in der Welt finden, und ich bin mir sicher, dass dieser Platz bei Ihnen sein wird.«
    »Wie können Sie das wissen?«
    »Es gibt keine Zufälle. Mylady Hampstead hat mich das gelehrt.«
    »Jeder Stein hat also eine Bedeutung.«
    »Eine, die wir heute noch nicht erkennen können.«
    Fasziniert berührte Emily den runden Mondstein, der sie an ihr Glasauge erinnerte.
    »Was passiert jetzt?«, wollte Emily wissen.
    »Jetzt darf sich Miss Fitzrovia von den übrig gebliebenen Steinen ebenfalls einen erwählen.«
    Ungläubig stierte mich das Kind an. »Ist das Ihr Ernst?«
    »Nein, ich mache mich über Sie lustig.«
    Maurice Micklewhite beugte sich zu dem Mädchen und flüsterte: »Wittgenstein scherzt niemals.«
    Die Feststellung bestätigte ich mit einem finsteren Blick, strich mir sodann eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und verzog die Mundwinkel zu einem angedeuteten Grinsen.
    »Folgen auch Sie Ihrem Gefühl!«
    Sie lächelte.
    Unsicher.
    Nahm einen Stein von sattem Dunkelgrün, durchzogen von leicht welligen Streifen.
    »Eine gute Wahl«, kommentierte der Elf ihre Entscheidung.
    Dankbar sah mich das Kind an.
    »Ein Malachit«, erklärte ich ihr. »Die Ägypter verehrten diesen Stein als Träger von Glück und Harmonie, Hoffnung und Zuversicht. Er befreit den Körper von vielzähligen Giften und negativen Energien.«
    Der Stein lag in der Hand des Mädchens, und auf ihrem Gesicht breitete sich ein Ausdruck der Zuversicht aus. »Danke«, flüsterte sie kaum merklich und sichtlich verlegen.
    Kurz angebunden sagte ich nur: »Bitte sehr.«
    Maurice Micklewhite grinste breit.
    Ich warf ihm einen gestrengen Blick zu.
    Emily nippte an ihrem Kräutersaft und begutachtete fasziniert die vor ihr liegenden Steine.
    Auroras Finger streichelten den Malachit.
    Mit flinker Hand ließ ich die übrigen Steine zurück in einen blauen, mit okkulten Mustern bestickten Stoffbeutel wandern, der sogleich in meinem Mantel verschwand.
    »Warum haben Sie das getan?«, fragte Emily.
    »Was meinen Sie?«
    »Warum haben Sie uns die Steine geschenkt?«
    »Fragen Sie nicht!«
    »Tu ich aber doch!«
    Dieses Kind!
    »Schon bald werden Sie beide auf die Hilfe der Steine angewiesen sein. In diesen Dingen folge ich meiner Intuition. Und mich hatte das Gefühl beschlichen, dass einige der Steine zu Ihnen beiden wollten. Die Steine haben Sie beide ebenso erwählt, wie Sie beide die Steine erwählt haben. Sie werden sich dieser Worte erinnern. Sie werden die Steine brauchen. Schon bald. Ich habe keine Ahnung, was geschehen wird. Doch was auch immer passieren wird, die Steine werden Ihnen treue Dienste erweisen.«
    »Ist das Magie?«
    »Nein. Aber es gibt keine Zufälle.

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