Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas
fünfzehn Sekunden, sofern die Royal Line pünktlich ist.«
Emily half Aurora, auf einer der Bänke Platz zu nehmen. »Wo sind wir hier?«
»Croxley«, antwortete Mr. Fox, als würde das alles erklären.
Dann wandte er sich von den Mädchen ab.
Ein riesiger Kronleuchter tauchte den Raum in warmes Licht, was Emily den armen Dinsdale ins Gedächtnis rief.
»Mir ist so kalt«, flüsterte Aurora flehentlich.
Was sollte Emily nur tun? Sie hätte Aurora ihre Jacke gegeben, doch konnte sie sich ihrer aufgrund der Handfesseln nicht entledigen. Es hatte sie schon alle Mühe gekostet, ihre Freundin zu stützen, was mit nach vorne gebundenen Händen alles andere als einfach gewesen war.
Ihnen wird geholfen werden
, vernahm Emily eine sanfte Stimme. Es war ein leises Piepsen.
Halten Sie sich bereit.
Emily drehte den Kopf in Richtung der Stimme
. In der Finchley Road wird es passieren.
Dann war, was immer dort im Schatten unter der Bank gewesen war, verschwunden. Erschrocken schaute Emily zu Mr. Fox und Mr. Wolf hinüber.
»Drecksratten«, knurrte Mr. Wolf.
Emily fühlte sich ertappt.
»Einer Ihrer Freunde?« Mr. Fox’ gelbe Augen waren nun listige Schlitze.
»Ich habe nichts gehört«, log Emily.
Aurora, die bestenfalls ein Piepsen vernommen hatte, blickte erstaunt von ihrer Freundin zu den beiden Häschern.
»Es hat keinen Sinn, es uns zu verheimlichen«, fauchte Mr. Fox sie an. Mit schnellen Schritten kam er auf sie zu. »Wir wissen alles über Sie.«
Emily wich vor dem fauligen Atem zurück.
»Sie sind ein Wechselbalg. Eine Trickster.«
»Da staunst du«, knurrte Mr. Wolf und blickte wachsam umher. »Hast wohl gedacht, du hast es mit hirnlosen Halsabschneidern oder halbgaren Halunken zu tun?«
»Aber, aber, Mr. Wolf«, fuhr ihm Mr. Fox gespielt pikiert ins Wort. »Wie sprechen Sie denn mit unserem Gast?«
Er grinste breit. Emily starrte auf seine spitz zugefeilten Fingernägel und hoffte inständig, dass die Kreatur sie nicht etwa damit anfassen würde.
Mr. Fox tat nichts dergleichen, fischte sich nur eine Strähne seines langen Haars aus dem länglichen Gesicht.
»Pah, Manderleys Blut!«, knurrte Mr. Wolf und wandte sich ab, um den Bahnsteig nach Eindringlingen abzusuchen.
Was meint er damit?, fragte Emily sich.
»Die Ratten sind Ihre Freunde, nicht wahr?«, fuhr Mr. Fox fort. »Doch sollten Sie dabei bedenken, dass es die Ratten waren, die uns all dies eingebrockt haben. Diese wichtigtuerischen Weltenverbesserer. Sie verstehen, was ich meine? Sind zu nix zu gebrauchen.«
Mr. Wolf lachte schallend. »Vortrefflich!«
Offen gesagt verstand Emily nichts von alledem.
»Die Aufstände«, murrte Mr. Fox. »Davon haben Sie doch gehört?«
»Sie hat keine Ahnung«, knurrte Mr. Wolf offenkundig abfällig.
»Das kann doch nicht sein.« Mr. Fox kam noch näher und musterte Emilys Glasauge.
»Dumme Göre.«
»Vielleicht, Mr. Wolf, haben Sie Recht«, gab Mr. Fox zu bedenken. »In der Tat, wer weiß, wer weiß?«
Emily fasste sich ein Herz. »Wohin bringen Sie uns?«
Mr. Fox grinste wissend. »Wir befolgen nur einen Auftrag.«
»Wie wir es immer tun«, ergänzte Mr. Wolf, der am anderen Ende des Bahnsteigs gierig die Nase in die Luft hielt, um Witterung aufzunehmen. »Wie wir es schon immer getan haben.«
»Kennen wir den großen Plan, Mr. Wolf?«
»Hat man uns jemals eingeweiht, Mr. Fox?«
Mr. Fox schüttelte den Kopf und sagte betont: »Das muss man auch nicht. Denn es ist uns egal. Wir erhalten einen Auftrag und führen ihn aus. Wir sollten Sie im Waisenhaus in Empfang nehmen und haben Sie verpasst. Dumme Sache, zugegeben. Doch sitzen Sie nicht in eben diesem Augenblick geradewegs vor mir? Wir zerbrechen uns nicht den Kopf über komplizierte Dinge. Begebt euch ins Waisenhaus und bringt sie mir! Beide! Eine überaus simple Anweisung.«
»Genau«, kommentierte Mr. Wolf. Schnupperte wachsam. »Keine Ratten.«
»Sehr gut.« Mr. Fox schien zufrieden zu sein ob dieser Feststellung. Mit einem letzten missbilligenden Blick auf seine Gefangenen stand er auf und ging mit unruhigen Schritten den Bahnsteig auf und ab. Mr. Wolf hatte seinen Platz am anderen Ende des Bahnsteigs nicht verlassen.
Beide wirkten, als lägen sie auf der Lauer.
Emily kickte einen Stein, der auf dem Bahnsteig lag, mit dem Fuß in die Ecke und mit einem Mal kam ihr eine Idee.
Sie fühlte das erkaltete Irrlicht in ihrer Tasche.
Es gibt keine Zufälle, erinnerte sie sich meiner Worte.
King’s Moan.
Der Mondstein, der sich in einem
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