Die uralte Metropole Bd. 1 - Lycidas
dem Feierabend entgegenfuhren, die mit Aktenkoffern und Einkaufstüten auf ihren Zug warteten, die sich vermutlich wunderten, weshalb ein staubiger Zug aus dem vorigen Jahrhundert mit schmutzigen Fenstern und dem Emblem der königlichen Familie während der Rushhour durch den Bahnhof raste.
»Diese Strolche!«, schimpfte Mr. Fox.
Emily ging stillschweigend davon aus, dass er die Ratten meinte.
Irgendetwas lief ganz und gar nicht nach Plan. Das war offensichtlich. Sowohl Mr. Fox als auch Mr. Wolf wurden unruhig und rannten von einem Fenster zum nächsten.
»Da!«, schrie Mr. Wolf.
Draußen raste der nächste Bahnhof vorbei, und verwunderte Passanten starrten dem Zug hinterher.
West Hampstead, las Emily.
Irgendwer musste die Weichen so gestellt haben, dass die Royal Line ins normale Schienennetz umgeleitet worden war. Die Lampen flackerten unruhig, und in den Schränken zerbrach Geschirr. Vor dem Fenster erkannte Emily nur Dunkelheit, hier und da das vorbeihuschende rote oder gelbe Licht einer Signalleuchte und manchmal einige fette Rohre und bloß liegende Stromleitungen. Die Geschwindigkeit des Zuges nahm stetig zu.
Mr. Fox und Mr. Wolf warfen einander wütende Blicke zu und hatten bei dem heftiger werdenden Schaukeln und Vibrieren des Zuges Mühe, sich auf den Beinen zu halten.
Aurora wurde wie auch Emily von den Kräften der Beschleunigung in ihren Sessel gedrückt.
Dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig.
Es wurde hell.
Und der Zug bremste ab.
Die Royal Line war einem Geisterzug ähnlich in den Bahnhof von Finchley Road hineingerast und hatte dort auf kaum einhundert Yards abgebremst. Alles, was innerhalb des riesigen Abteils nicht angebunden, angeschraubt oder festgenagelt gewesen war, kippte um, fiel zu Boden oder flog durch die Luft. Letzteres geschah auch mit den beiden Häschern.
Sowohl Mr. Fox als auch Mr. Wolf riss es von den Beinen. Unsanft wurden beide gegen die holzvertäfelte Wand geschleudert, während Emily und Aurora sich in ihren am Boden angeschraubten Sesseln festzuhalten vermochten. Aurora hustete schwer, als sie in den Sessel gedrückt wurde, und auch Emily musste nach Luft schnappen. Überall um die beiden herum zersplitterten Teller und Gläser. Der große Kronleuchter war gegen die Decke geschlagen und in tausend Scherben zerschellt. Die Spiegel an den Wänden splitterten lautstark.
Dann wurde es still.
Für einen Moment jedenfalls.
Emily warf Aurora einen langen Blick zu.
Gerade wollte sie sich nach dem Befinden ihrer Freundin erkundigen, als sich die Türen des Wagens geräuschvoll öffneten und den Blick auf den Bahnsteig freigaben. Das, was sie dort erwartete, hatten die beiden Mädchen niemals erwartet. Mr. Fox und Mr. Wolf wohl ebenso wenig.
Der Bahnsteig war gesäumt von Bediensteten der Underground, Feuerwehrleuten und Polizisten, die allesamt verwundert und neugierig auf den gerade entgleisten Zug starrten und sich fragten, woher dieses altertümliche Monstrum wohl gekommen sein mochte.
Emily erinnerte sich der Worte Lord Brewsters.
Instinktiv begriff sie, dass dies ihre Chance war, dass der Zug von den Ratten hierher geleitet worden war und dass auch die Anwesenheit der vielen Menschen dort draußen irgendetwas mit dem Plan der Ratten zu tun haben musste.
»Wir müssen los!«
Mit einem letzten Blick auf Mr. Fox und Mr. Wolf sprang Emily auf und packte Aurora, zog sie hinter sich her. Gemeinsam stolperten sie den Feuerwehrleuten und Polizisten entgegen, von denen einige bereits die Hände an den Waffen hatten.
Hinter sich hörte Emily das wütende Heulen Mr. Wolfs, das begleitet wurde vom durchdringenden Schimpfen des nunmehr nahezu tobsüchtigen Mr. Fox.
Sie warf einen Blick zurück und wurde der Armbrust gewahr, die Mr. Wolf im Anschlag hielt. Auch Mr. Fox griff unter dem Umhang nach seiner Waffe.
»Schneller, Aurora. Bitte!«
Das Herz schlug Emily bis zum Hals.
Sie mussten es einfach schaffen.
Da wurde sie des typischen Underground-Schilds mit den schwarzen, groben Lettern gewahr, die den Schriftzug »Finchley Road« bildeten; sie erkannte die hässlichen, schalenförmigen Plastikbänke, die Fahrpläne und die überquellenden Mülleimer. Dies war die Welt, in der sie gelebt hatte. Die richtige Welt. Das wirkliche Leben. Aurora und sie würden bald schon in Sicherheit sein.
Mr. Wolf spannte die Armbrust im Laufen.
Mr. Fox tat es ihm gleich.
»Wir werden sterben«, flüsterte Aurora, der die Jäger nicht entgangen waren.
Dann überflutete grelles
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