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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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geworden.
    »Sie hören von uns«, hatte Bruder Nook sich verabschiedet.
    »Dessen können Sie sicher sein«, hatte Bruder Nubbles hinzugefügt.
    Dann waren die beiden verschwunden.
    Einfach so.
    Wie es ihre Art war.
    Die Mädchen erreichten das Waterside Café des Barbican und ließen sich an einem runden Tisch am Fenster nieder, das einen weit schweifenden Blick auf die schmutzigen Baustellen und hohen Kräne erlaubte, die das Bild der neuen City seit Monaten schon prägten.
    Emily beobachtete die Regenrinnsale auf den Fensterscheiben, und inmitten all der sich zu umarmen scheinenden Regentropfen erblickte sie ihr eigenes blasses Gesicht.
    »Emmy?«
    Sie sah auf.
    Aurora ergriff ihre Hand.
    »Was wirst du jetzt tun?«
    »Wegen meiner Mutter?«
    Aurora schüttelte den Kopf. »Wegen Lilith.«
    Der Name erfüllte den Raum mit eisiger Kälte.
    »Sie ist tot«, sagte Emily.
    »Wirst du nach ihr suchen?«
    Nur kurz zögerte Emily, dann sagte sie: »Ja.«
    »Du willst in die Hölle hinabsteigen?«
    »Ich werde mit Wittgenstein darüber reden.«
    »Du glaubst, dass er einen Rat weiß?«
    »Oder vielleicht Master Micklewhite.« Emily seufzte. »Die beiden Jäger sind wieder aufgetaucht, und dass sie sich Mönchskutten übergestreift haben, heißt noch lange nicht, dass sie auf einmal ehrenwerte Menschen geworden sind.« Voller Abscheu dachte Emily an die beiden Häscher, die damals, vor vier Jahren, dem Lichtlord Lycidas gedient hatten. Dem gefallenen Engel Lucifer, der im Tower von London residiert und die einst so mächtigen Häuser Manderley und Mushroom manipuliert hatte. »Dass sie nun al-Vathek dienen, kann kein Zufall sein.«
    »Vielleicht sind sie diejenigen, die uns heimlich folgen.« Aurora dachte mit Schaudern an die Geräusche zurück, die sie die Schritte hatten beschleunigen lassen, unten in der U-Bahn.
    »Sie würden sich zu erkennen geben«, dachte Emily laut nach.
    Aurora beugte sich über den Tisch, damit sie nicht so laut reden musste. »Wenn der Lichtlord als Ra im alten Ägypten die Fäden gezogen hat und al-Vatheks Vater am Hofe Akh-en-Atens erschienen ist, dann könnten die beiden einander begegnet sein. Und könnte das nicht auch erklären, weshalb Bruder Nubbles und Bruder Nook nun al-Vathek dienen?«
    Mit einem Mal war Emily zumute, als spüre sie das Erbe der alten Zeiten, den Sand und Staub all der Jahrhunderte, die ihr die Sicht versperrten auf die Dinge, die sich jenseits des Regens und des Dünenmeers verbargen.
    »Und Lilith?«
    »Lilith«, erinnerte sich Aurora, »ist immer dort gewesen, wo sich Lycidas aufgehalten hat.« So jedenfalls hatten sie es vor vier Jahren in den alten Schriften gelesen und auch von Miss Monflathers berichtet bekommen.
    Emily dachte an die Frau, die sie neben Master Lycidas am Fuße der St.-Pauls-Kathedrale gesehen hatte, inmitten des Schneegestöbers. An die kalte Schönheit unter der leichenblassen, maskenhaften Schminke.
    »Also muss Lilith auch in Ägypten gewesen sein.«
    »Ja.«
    Das jedenfalls wäre die logische Konsequenz all ihrer Überlegungen.
    »Und das bedeutet?«
    Aurora zuckte die Achseln.
    Da tauchte plötzlich Eliza Holland auf, mit der sie sich verabredet hatten.
    »Wittgenstein«, war ihr erstes Wort, »ist höchst ungehalten.« Keine der beiden Freundinnen hatte sie eintreten hören. »Er und Maurice Micklewhite sind vor einer Stunde nach Marylebone zurückgekehrt, und Peggotty hat ihnen natürlich all ihre Besorgnis ausgedrückt.«
    Emily blieb ruhig. »Das habe ich mir gedacht.«
    »Ich bin augenblicklich nach deinem Anruf hierhergeeilt.« Eliza lächelte jetzt und ließ sich an dem Tisch der Mädchen nieder. »Und ich habe Master Wittgenstein mitgeteilt, dass ihr beiden wohlbehalten aus Moorgate zurückgekehrt seid.«
    »Hat er sich gefreut?«, fragte Aurora.
    Ein Anflug von Belustigung huschte über Elizas Gesicht. »Auf die ihm eigene Art«, versuchte sie es zu formulieren, »hat er seine tiefe Erleichterung zum Ausdruck gebracht.«
    Damit konnte Emily leben.
    »Trotzdem war es leichtsinnig von dir, Emily, allein dorthin zu gehen.«
    Emily dachte an die Schritte, die sie tief unten in der U-Bahn vernommen hatte. Die ihnen gefolgt waren.
    »Ich musste es tun.«
    »Und außerdem ist sie nicht allein gewesen.«, fügte Aurora hinzu.
    Eliza nahm die Bemerkung zur Kenntnis. Ihre hellen Augen ruhten auf Auroras Gesicht, und für einen Moment beschlich Emily der Eindruck, als sei dieser Blick so lauernd und neugierig fasziniert wie der, den Dr.

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