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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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und ihr Blut zu trinken.«
    »Liliths Töchter waren Wiedergänger?«
    Emily erinnerte sich vage, einmal davon gelesen zu haben. Vor Jahren, als sie herauszufinden versucht hatte, wer Lilith denn nun wirklich war, hatte sie bereits davon erfahren.
    Und es schlichtweg vergessen.
    »Ja«, sagte ich. »In den uralten Geschichten ist Lilith der Ursprung des Wiedergängertums. Die Legende besagt, dass sie während ihrer kurzen Herrschaft in Zmargad Zwillingen das Leben schenkte. Naamah war der Name des einen Kindes. Ein Mädchen, so verführerisch wie die Nacht und so durstig wie eine Wüstenblume.« Hier machte ich eine Pause und nippte an Peggottys Kräutertee. »Doch wurde Naamah getötet, als Zmargad unter dem Ansturm der himmlischen Heerscharen fiel und der Träumer Rache nahm für die Demütigung, die Lilith ihm hatte zuteil werden lassen.«Über uns trommelte der Regen auf das Glasdach, und das fahle Mondlicht, das nur an wenigen Stellen seinen Weg durch die Wolkendecke fand, brach sich in den Rinnsalen. »Die andere Tochter, die Lilith versteckt gehalten hatte, überlebte jedoch. Mit ihr ging Lilith nach Sheba, und dort zog sie die Kleine auf. Ein Dämonenmädchen war sie. Ein Ghul von solcher Schönheit, dass der Menschen Blick getrübt wurde und niemand bemerkte, dass sich das Kind vom heißen Blut seiner Mitmenschen ernährte.« Ich schaute in die Runde, und es war Eliza Holland, die das Kind identifizierte.
    »Ihr Name«, hörten wir sie alle mit der Stimme Estella Havishams sagen, »war Carathis.«
    Erstaunt fragte Maurice Micklewhite: »Sie kennen die Geschichte?«
    »Ich habe davon gelesen.« Sie klimperte mit den silbernen Ringen.
    Skeptisch musterte ich sie.
    »Wo?«
    »Im Malleus Maleficarum natürlich. Ich nehme an, dass Sie die gleiche Quelle bemüht haben.«
    Ein Buch aus dem 15. Jahrhundert, von dessen wenigen noch existierenden Exemplaren sich eines im Besitz von Magister McDiarmid aus Islington befindet, den aufzusuchen ich am Vormittag die Ehre gehabt hatte.
    »Sie sind wahrlich sehr belesen«, stellte ich fest und beobachtete ihre Reaktion.
    »Das«, gab sie zur Antwort und sah mir direkt in die Augen, »stimmt.«
    Ihre hellen Augen fixierten mich, und ich versuchte mich an unsere kurze Begegnung in Kairo zu erinnern, als sie mir das erste Mal vorgestellt worden war. Jung war sie damals gewesen, ein Mädchen noch. Gar nicht viel älter, als Emily es heute war. Und, wenn ich es recht bedachte, meiner Schutzbefohlenen gar nicht so unähnlich.
    Emily bemerkte den wissenden Blick, den ich Eliza zuwarf.
    »Warum haben Sie vorher niemals erwähnt«, wollte der Elf wissen, »dass sie Kenntnis besitzen von der Blutlinie, die Carathis und Lilith verbindet?«
    »Es hat mich niemand gefragt.«
    Was, das musste ich mir eingestehen, der Wahrheit entsprach.
    »Außerdem«, gab sie zu bedenken, »ist es eine Legende.«
    »Dem stimme ich zu.«
    »Und Legenden sind nicht uneingeschränkt vertrauenswürdig.«
    Wie dem auch sein mochte.
    »Wenn Carathis von Lilith abstammt, dann könnte genau dort al-Vatheks Absicht zu finden sein.« Nachdenklich lief Maurice Micklewhite in seinem hellen Anzug zwischen den Grünpflanzen hin und her. »Wenn wir davon ausgehen, dass die Überlieferungen Recht behalten und Lilith wirklich die Mutter von Carathis ist«, dachte er laut, »so müsste sie doch die Macht besitzen, über Carathis gebieten zu können.« Er fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. »Nun ja, lasst uns dies einfach annehmen.«
    »Und al-Vathek könnte, sofern er einen Pakt mit Lilith einginge, ebenfalls Macht über Carathis besitzen.« Es war nicht schwierig, den Gedanken zu Ende zu denken. »Und dann könnte er über die Vinshati gebieten.«
    »Gut, gut«, hörte ich mich murmeln, »doch aus welchem Grund ist Carathis nach London gekommen?«
    Es war nur ein Gedanke, der durch Emilys Kopf schwirrte wie ein in einem Lampenschirm flatternder Nachtfalter. »Weil jemand sie gerufen hat?« Das Mondsteinauge funkelte. »Was ist, wenn jemand den Beistand von Carathis erbeten hat?«
    »Um was zu tun?« Der Elf ahnte, worauf Emily hinauswollte.
    »Sagen Sie es«, forderte ich sie auf.
    Denn sie zögerte.
    Weil sie sich davor fürchtete, es auszusprechen.
    »Um zu Ende zu bringen, was er schon einmal versucht hat.«
    »Du weißt, was du da sagst?«, schaltete Aurora sich ein.
    Emily nickte.
    Alle wussten wir, worauf Emily anspielte. Darauf, dass der Zwist zwischen den großen Häusern erneut entfacht werden und die

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