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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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kniete Carter jetzt vor den Resten des Sarkophages und betrachtete jene Stelle, auf die sein Vorarbeiter verwiesen hatte.
    »Wir brachten am Morgen einige Fackeln in die Kammer, und einer der Arbeiter stieß dabei versehentlich gegen den Sarkophag«, erklärte Ahmed, »und dabei brach ein Teil der Verkleidung ab.«
    Carter nickte nur und winkte uns zu sich. »Schauen Sie nur«, flüsterte er und ließ seine Finger über die zutage gebrachten Symbole gleiten. »Verstehen Sie das?« Die Frage war an mich gerichtet, und ich wertete sie als einen Test, meine Kenntnisse betreffend.
    »Normalerweise«, begann ich, »wurden die Särge mit einer Geschichte verziert. Der Vita des toten Königs, verschiedenen Szenen aus dem Leben des Leichnams. Der Nachwelt sollten so die ruhmreichen Taten des Toten überliefert werden.« Ich berührte den Sarkophag vorsichtig mit dem Finger, ertastete den Stein und spürte, wie der mörtelähnliche Belag unter dem Druck meiner Berührung nachgab und abbröckelte. »Doch hier hat jemand diese Geschichte
überschrieben
. Die ursprüngliche Fassung wurde sozusagen gelöscht und durch eine neue ersetzt.«
    Tom zog die Stirn in Falten. »Wer sollte so etwas tun?«
    »Und aus welchem Grund?«, ergänzte Carter.
    Zu dritt knieten wir auf dem Boden im Sand und betrachteten die Schriftzeichen. Während Carter versuchte einen Teil davon zu übersetzen, murmelte er leise vor sich hin, summte schließlich eine beschwingte Melodie. Tom warf mir einen amüsierten Blick zu, den ich mit einem Lächeln beantwortete.
    »Ich glaube«, sagte Carter schließlich, »dass ich weiß, wem dieses Grab gehörte.« Er wirkte nachdenklich, sah uns an und deutete auf eines der Symbole: eine Sonne, darunter ein Fluss und ein Haus, eingefasst in ein Oval. »Dieses Grab gehörte einem Priester«, fuhr er fort. »Dem Hohepriester und Bruder Tut-ankh-Amens. Ich habe das Symbol schon einmal gesehen. Auf einer Schriftrolle, die Davis vor Jahren in El-Amarna gefunden hat und die sich heute in Professor Masperos Museum in Kairo befindet. Ja, ich bin mir sicher. Dies ist das Grab von Smenkh-ka-Re.« Nach einer kurzen Pause murmelte er rätselnd: »Die anderen Zeichen sind mir jedoch unbekannt.«
    »Was ist mit diesem hier?« Tom deutete auf ein Symbol, welches genauso häufig und zentral angeordnet Verwendung gefunden hatte. »Es scheint ebenso wichtig zu sein wie das des Smenkh-ka-Re.«
    Es zeigte eine Figur mit spinnenhaft dünnen Armen und einem schmalen, in die Länge gezogenen Kopf. Womöglich trug die Gestalt eine rituelle Kopfbedeckung, was den Rückschluss erlaubte, dass es sich auch bei ihr um einen Priester handeln könnte. Das Symbol der Sonne strahlte über allen anderen Schriftzeichen. Nur war die Sonne hier mit schwarzer Farbe ausgefüllt.
    »Aber was bedeutet die schwarze Sonne?« Tom berührte voller Ehrfrucht das Symbol. »Oder stellt es den Mond dar?« Diese Frage wurde von Carter verneint. Das ägyptische Mondzeichen war ein gänzlich anderes: ein Halbkreis und nicht farbig ausgefüllt. »Also haben wir es hier mit einer dunklen Sonne zu tun«, resümierte Tom und betrachtete nachdenklich die Kombination von Gestalt und schwarzer Sonne in einem Oval, ähnlich demjenigen des Priesters.
    »Was hat das nur zu bedeuten?« Meine Frage war an keine bestimmte Person gerichtet, war nur ein unbedacht laut geäußerter Gedanke.
    Trotzdem erfuhr sie eine Antwort.
    »Es ist das Zeichen für Vathek«, flüsterte Ahmed Gurgars sanfte Stimme.
    Carter warf seinem Vorarbeiter einen überraschten Blick zu. »Dieses Wort habe ich noch nie gehört. Was bedeutet es?«
    Ahmed Gurgars Blick war starr auf das Symbol an der Wand des Sarkophags gerichtet. »Tod und Verderben«, sagte er nur.
    »Die Arbeiter sind verängstigt.«
    Wir befanden uns im Salon von Carters Haus und folgten den aufgeregten Bewegungen des Hausherrn, der rastlos im Raum herumlief. »Es ist dieses verdammte Symbol«, klagte er und sah uns an, als erwarte er eine alles klärende Antwort. »Dabei kann mir nicht einer von ihnen sagen, was es genau zu bedeuten hat.«
    »Vathek.« Tom sprach das Wort bedächtig und langsam aus.
    »Es klingt nicht sehr ägyptisch«, warf ich ein.
    »Ich vermute, dass es eine Art Geist ist. Ein Aberglaube.« Carter nahm gedankenverloren in einem der Sessel Platz, schlug die Beine übereinander und seufzte müde. »Trotzdem ist es ein gutes Zeichen, dass wir auf das Grab des Priesters gestoßen sind. Smenkh-ka-Re war der Bruder

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