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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Tut-ankh-Amens. Es ist anzunehmen, dass sein Grab in der Nähe des Königsgrabes angelegt wurde.«
    »Wir befinden uns demnach auf dem richtigen Weg?«
    Carter stimmte Tom zu. »Ja, zumindest, was das Königsgrab angeht. Die Frage ist nur, ob es uns gelingen wird, die Arbeiter zu motivieren. Ahmed erwähnte eine Krankheit, die sie fürchten.«
    Nachdem wir ans Tageslicht zurückgekehrt waren, hatten sich die Arbeiter geweigert, erneut ins Grab hinabzusteigen. Carter hatte beabsichtigt, den Sarkophag bergen zu lassen, um die Hieroglyphen, die wir entdeckt hatten, in Ruhe zu studieren. Dabei gab sich keiner von uns der Hoffnung hin, durch eine schnelle Entschlüsselung der Schriftzeichen die Bedeutung Vatheks in Erfahrung bringen zu können. Zwar hatte der französische Archäologe Champollion bereits im Jahre 1836 mit der Veröffentlichung seiner »
Grammaire Egyptienne
« den Grundstein für das Verständnis der hieroglyphischen Zeichen gelegt,jedoch durchlief die Schriftsprache im Laufe der fortschreitenden Dynastien derart starke Veränderungen, dass es keine absolute Sicherheit geben konnte. Da das aus vierundzwanzig Buchstaben bestehende Alphabet zudem nur Konsonanten aufzuweisen hatte, war die Möglichkeit, bei der Entzifferung bestimmter Zeichenkombinationen mehrere Bedeutungen zu erhalten, allzeit gegeben und damit auch die Gefahr der Fehlinterpretation.
    »Vorerst werden wir uns wohl damit zufrieden geben müssen«, stellte Carter nun fest, »die Fundstücke zu fotografieren.« Tom und ich wurden mit dieser Aufgabe betraut. Ich konnte es kaum erwarten, erneut ins Tal zu reiten und mich hinunter in die Grabstätte zu begeben.
    Als ich an jenem Abend in meinem Bett lag, schweiften meine Gedanken ab zu Arthur im fernen Salisbury. Mein Blick fiel auf den wolkenlosen Nachthimmel über Luxor und Karnak, vereinzelt drangen fremde Geräusche von draußen an mein Ohr. Wie weit entfernt war dieses Leben von dem meines Verlobten. Mir war, als befände ich mich bereits seit Wochen in diesem Land, als gehörten die grünen Hügel der Grafschaft Wessex einer Vergangenheit an, deren ich mich kaum noch erinnern konnte. Bald schlossen sich meine Lider, und ich driftete ab in einen tiefen, erschöpften Schlaf.
    Am Morgen des folgenden Tages verließen Tom und ich »Castle Carter« (wie die Mitglieder der Expedition unser neues Heim betitelt hatten) in aller Frühe. Wie am Vortag geleitete uns Ahmed Gurgar zum Tal der Könige. Die Sonne war vor nur wenigen Stunden aufgegangen und tauchte die Wüste und die nahen Felsformationen in grelles Licht. In Kürze würde sich die sandfarbene Welt erneut in einen Glutofen verwandelt haben.
    Im Lager der Expedition angekommen, hießen wir die kühle Luft des Grabes mehr als nur willkommen. Von den vormals zwölf Arbeitern waren nur vier geblieben, zuzüglich des treuen Vorarbeiters Ahmed Gurgar. Nach einigem Hin und Her gelang es den Anwesenden mit vereinten Kräften, einen Stromgenerator in Gang zu setzen, der die im Grab installierten Glühbirnen aufleuchten ließ. Die Howard Carter treu gebliebenen Arbeiter hatten den Rest des vergangenen Tages damit zugebracht, die provisorisch angebrachten Fackeln durch ein Netz elektrischer Beleuchtung zu ersetzen, welche uns die Arbeit um ein Vielfaches erleichtern sollte.
    Während Tom sofort nach unserem Eintreffen in der Grabkammer damit begann, die Hieroglyphen zu fotografieren und zu zeichnen, steckte ich meine Nase in jede Ecke der Kammer, ohne zu wissen, wonach genau ich denn suchte. Selbst die kleinsten Fundstücke (Scherben, rostige Nägel oder Fetzen alten Stoffes) konnten später aufschlussreiche Informationen liefern. Jeden Fund und den Ort des Fundes exakt in einem Notizbuch festhaltend, bewegte ich mich vorsichtig durch den Raum. Eine fast sprichwörtliche Grabesstille umgab uns, gestört nur vom häufigen Zischen des Blitzlichts.
    Nachdem Tom den Sarkophag und die Kammer aus allen nur erdenklichen Winkeln auf Zelluloid gebannt hatte, begannen wir damit, die obere Schicht Hieroglyphen zu entfernen, was sich als äußerst mühselig erwies. Nach und nach offenbarte sich uns eine neue Schicht, die eindeutig eine andere Variante der Geschichte Smenkh-ka-Res erzählte. Das Vathek-Symbol tauchte dabei überaus häufig auf.
    Am Nachmittag traf Carter im Lager ein, und wir fanden uns in seinem Zelt zu einer Lagebesprechung zusammen. Am Morgen hatte Carter, wie er uns bei einer Tasse Tee mitteilte, ein Gespräch mit Gaston Maspero vom Museum

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