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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Stimme.
    »Das müsste unsere Frage beantworten«, meinte Carter.
    »Vathek war also eine Person«, stellte ich fest.
    Während Ahmed nach oben lief, um weitere Fackeln und einige Halterungen dafür zu besorgen, standen wir vor dem Sarkophag, der zweifelsohne jenem mysteriösen Vathek zu gehören schien. Die Tatsache, dass die Kammer bis zu diesem Tag unentdeckt geblieben war, schürte in uns die Hoffnung, im Inneren des Sarges eine unversehrte Mumie vorzufinden.
    Nachdem Ahmed mit Fackeln und einem weiteren Arbeiter zurückgekehrt war und die überall an den Seiten der Kammer aufgestellten Fackeln den Raum in helles Licht tauchten, begannen wir mit der Öffnung des Sarkophages. Ungewöhnlich erschienen uns die nunmehr rostigen Klammern, die offenbar der Befestigung des Sargdeckels dienten.
    »Fast könnte man meinen«, sagte Tom, »die Hersteller des Sarkophags hätten sich darum gesorgt, dass jemand
aus
dem Sarg
herauskommen
könne.« Von außen ließen sich die Klammern jedenfalls mühelos öffnen. »Welchen Zweck hätten sie sonst erfüllen sollen?«
    Ahmed und der Arbeiter wechselten einige unruhige Blicke.
    »Schaurig, nicht wahr?«, flüsterte Tom mir mit einem Grinsen zu, während er die letzte der Klammern aufschnappen ließ. Anschließend schoben wir gemeinsam den Deckel so weit zur Seite, dass wir einen Blick ins Innere des Sarkophags erhaschen konnten. Mit angehaltenem Atem warteten wir, bis die abgestandene Luft aus dem Sarginneren entwichen war. Dann leuchtete Carter mit einer Fackel in den Sarg hinein. Ich musste mich auf die Zehenspitzen stellen, um etwas erkennen zu können.
    Zu Anfang sagte niemand auch nur ein Wort.
    Im Innern des Sarkophags lagen die Überreste eines Skelettes, dessen fleckige Knochen brüchig wirkten. Fetzen eines schlichten farbigen Gewandes wickelten sich um die Knochen. Hand- und Fußgelenke des Toten steckten in eisernen Fesseln, die fest an den Stein geschmiedet waren.
    »Bei allen Heiligen«, murmelte Carter, »was hat das zu bedeuten?«
    »Warum wurde er nicht mumifiziert?« Niemand beachtete meine Frage. In einem Grab dieser Größe wurden nur Personen von gesellschaftlicher Bedeutung beigesetzt, und normalerweise verlangten die Riten die Einbalsamierung und Mumifizierung des Leichnams. Denn nur auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass der Verstorbene unversehrt ins Totenreich gelangte.
    Tom schüttelte ungläubig den Kopf. »Wer war dieser Vathek nur, dass man ihn so hat sterben lassen?«
    Alle starrten wir gebannt auf den Kopf des Toten. Der Teil des Schädels, der einst das Gesicht gewesen war, wurde fast gänzlich von einer eisernen Maske umschlossen. Zwei rostige Schrauben steckten in den Augenhöhlen, ein weiteres Stück Metall von der Größe einer kleinen Hand zwischen den Kieferknochen. Als Carter die Maske berührte, klappte der Unterkiefer nach unten, und der Schädel kippte zur Seite. »Man muss diesen armen Kerl bei lebendigem Leibe begraben haben.«
    »Unglaublich«, sagte ich. »Haben Sie je von einem derartigen Fall erfahren?«
    Carter verneinte.
    Tom beugte sich nun tiefer in den Sarkophag und betrachtete den Schädel, während er seinen Gedanken laut Ausdruck verlieh. »Es sieht so aus, als habe man ihm diese Maske angezogen, als er noch lebte. Mit diesem eisernen Knebel im Mund hat man ihn zum Schweigen gebracht. Dann hat man ihm die Schrauben in seine Augen gedreht.« Er atmete tief ein. »Dieser Vathek muss unter unermesslichen Schmerzen gestorben sein.«
    »Zusätzlich hat man ihn festgekettet und den Sarkophag von außen verschlossen.« Carter konnte den Blick nicht von dem Leichnam lösen.
    »Weil man Angst hatte, er könne sich befreien?« Alle sahen mich an.
    »Wer immer er war, die Menschen müssen Vathek wirklich sehr gefürchtet haben«, gab Carter leise zur Antwort. »Ich frage mich, weshalb er ausgerechnet hier beigesetzt wurde, verborgen im Grab des Priesters.«
    »Verdammt viele Fragen«, stellte Tom fest.
    »Die zu lösen unsere Aufgabe ist«, gab ich zu bedenken und berührte einen der von den Knochen herabhängenden Fetzen verblichenen Stoffes. Kalt fühlte er sich an. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich das Fragment eines Musters. »Es sieht nicht ägyptisch aus«, bemerkte ich. Die Aufmerksamkeit der anderen wurde augenblicklich auf das schmale Stück Stoff gelenkt. Schweigend standen wir da und betrachteten unseren grausigen Fund. Schließlich sprach ich meine Vermutung laut aus: »Ich glaube, dieses Muster ist

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