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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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welchem Grab Howard Carter suchte.
    »Was glauben Sie dort zu finden?«, fragte Tom.
    Ahmed Gurgars freundliches Gesicht zeigte ein verheißungsvolles Lächeln. »Reichtum und Ruhm«, sagte er feierlich. »Reichtum und Ruhm.« Das diese Worte begleitende Glänzen seiner dunklen Augen ließ keine Zweifel daran aufkommen, dass er von der Wahrheit dieser Aussage mehr als überzeugt war.
    »Nichts Geringeres haben wir uns vorgenommen, als das Grab aller Gräber zu finden«, erklärte uns Howard Carter kurz nach unserer Ankunft in seinem Haus. Er führte uns in sein Arbeitszimmer, einen kleinen Raum mit Ausblick auf den Norden der Stadt Theben und die dahinter liegende, von Felsen durchsetzte Wüste. »Diese Gegenstände«, sagte er mit einem Blick auf die Ausstellungsstücke, »fanden wir vor vier Wochen im Bilban-el-Muluk, dem Tal der Könige.«
    Howard Carter war ein Engländer Anfang vierzig. Seine kultivierte Sprache und sein gepflegtes Äußeres ließen auf einen Mann von klassischer Bildung schließen. Er hatte das sich lichtende dunkle Haar nach hinten gekämmt. Wachsame, dunkle Augen und eine leicht gekrümmte Nase beherrschten das runde, bebrillte Gesicht. Er trug die für sich in Ägypten aufhaltende Europäer typische Kleidung: Hose und Hemd aus robustem, leichtem Stoff in hellen Brauntönen, dazu ein Halstuch. Der Staub der Grabungen haftete an seiner Kleidung wie eine zweite Haut.
    Tom und ich standen vor seinem massiven hölzernen Schreibtisch und betrachteten die dort ausgebreiteten kunstvoll bemalten Kartuschen und Scherben und die Berge loser Zettel, Blätter und Bücher.
    Alle Gegenstände zeigten das gleiche Symbol.
    »Es sind Beigaben für den Sohn des Sonnenkönigs Akh-en-Aten«, erklärte uns Howard Carter. Dann sah er uns erwartungsvoll an. »Wir hoffen nichts Geringeres zu finden«, offenbarte er uns, »als das Grab des Tut-ankh-Amen.« Voller Begeisterung teilte er uns dies mit. Wie ein kleiner Junge, so überschwänglich. »Und alle Funde hier lassen darauf schließen, dass das Grab irgendwo in der Mitte des Tals zu finden sein muss.«
    Wir schwiegen.
    Howard Carter schien unsere Verblüffung zu genießen.
    Nur wenig wusste man über diesen König.
    »Pharao Tut-ankh-Amen war ein Herrscher der zehnten Dynastie«, erklärte uns Carter, »und höchstwahrscheinlich der leibliche Sohn des Ketzerkönigs Akhen-Aten. Seine Jugend verbrachte er unter den religiösen Reformen seines Vaters als Anbeter der Sonne.« Als sicher wurde lediglich angesehen, dass er im frühen Alter von nur achtzehn Jahren eines mysteriösen Todes gestorben war. Und die von ihm geführten Feldzüge ließen große Reichtümer vermuten.
    »Das größte Problem«, erklärte uns Carter, »mit dem wir es hier zu tun haben, sind jedoch die Grabräuber. Sie werden es morgen selbst sehen, wenn wir im Tal sind.«
    »Ein unversehrtes Grab zu finden, ist fast unmöglich«, gestand uns Carter. Dann begannen seine Augen erneut zu leuchten. »Doch in diesem Falle haben wir vielleicht eine Chance.«
    Wir lauschten gebannt seinen Worten.
    Howard Carter schien sich keine Gedanken über die uns nach der langen Reise befallende Müdigkeit zu machen. Nachdem uns Ahmed Gurgar zum Haus des Archäologen gebracht hatte und unserer Gepäckstücke in die uns zugewiesenen Zimmer gebracht worden waren, hatten wir die Möglichkeit erhalten, uns im Salon zu erholen. Zwei Stunden nach unserem Eintreffen (Tom vergrub seine Nase in ein Buch über die alten Herrscherhäuser, dessen er in der an den Salon angrenzenden Bibliothek hatte habhaft werden können; ich selbst nickte ein und gab mich tagträumerischen Fantasien hin) kam Howard Carter dann endlich in den Salon gestürmt, schüttelte freudig unsere Hände, erkundigte sich in aller Kürze nach der Reise und zerrte uns sodann in sein Arbeitszimmer, um uns die Artefakte zu zeigen und seine Pläne zu offenbaren.
    »Sie glauben«, fragte ich nach, »dass Tut-ankh-Amens Grab unversehrt ist?«
    Er nickte. »Niemand vermutet es. Nicht hier, nicht im Tal. Wir haben die Möglichkeit, ein völlig erhaltenes Grab zu finden.«
    Ein unversehrtes Grab voller Reichtümer. Das erklärte allerdings die Geheimhaltung Lord Carnarvons. Wenn diese Neuigkeit im Tal und in Kairo die Runde machte, würde es hier vor Banden bald nur so wimmeln. Gauner, die sich alle ein Stück von diesem goldenen Kuchen erhofften.
    »Ihr Vorarbeiter, Ahmed Gurgar«, sagte ich, »erwähnte ein Grab, auf das Sie am heutigen Morgen gestoßen

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