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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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dann in eine Kapelle, deren Decke mit abscheulichen Bildern von uralten Wesen bedeckt war, die sich wie wild umeinander schlangen und sich selbst aus den eigenen Mündern fortwährend neu gebaren.
    Es gab keinen Altar und auch kein Mobiliar. Was immer vorher in der Kapelle gewesen war, hatte die Form von noch rauchender heißer Asche angenommen.
    »So was passiert, wenn ihnen langweilig ist«, entschuldigte sich Eliza für das Verhalten ihrer Freunde, die lichterloh im Raum standen und schon seit geraumer Zeit unserer Ankunft harrten. Es waren ihrer fünf an der Zahl, und manchmal standen sie so dicht beieinander, dass ein einziges großes Feuer in der Mitte der Kapelle zu lodern schien. Hungrige Flammen züngelten nach der Decke und tauchten die gemalten Wesen in ein gespenstisches Licht.
    »Fegefeuer!«
    »Sie haben es erkannt, Wittgenstein.«
    Eliza klatschte in die Hände. »Lasst uns aufbrechen«, sagte sie laut, und mir wurde bewusst, dass sie zu den Feuern sprach. Die Flammen veränderten ihre Farbe und umkreisten uns.
    Hinter uns schlossen Mr. Fox und Mr. Wolf die Pforten zur Kapelle.
    Schoben einen Riegel vor.
    »Sie werden uns nach Pandaemonium bringen«, erklärte Eliza und stand still da.
    Das Fegefeuer, das ihr am nächsten war, stürzte sich augenblicklich auf sie, umhüllte ihren Körper, und Emily konnte sehen, wie die Flammen das blonde Haar streichelten.
    Dann war es vorbei.
    Eliza Holland war fort. Mit ihr das Fegefeuer.
    »Jetzt sind wohl wir an der Reihe«, bemerkte ich.
    »Na, klasse«, grummelte das Mädchen.
    Fügte sich aber dem Schicksal.
    Und ließ es geschehen.
    Die Flammen der Fegefeuer kamen über uns und nahmen uns einen nach dem anderen mit in die Hölle, die, wie wir schnell herausfinden sollten, ein verloren gegangenes Paradies und unsere letzte Zuflucht war.
    »Alles«, meinte Emily nachdenklich, »hat sich verändert.«
    »Das«, entgegnete ich, »tut es immer.«
    Pandaemonium, des Lichtlords einstige Festung inmitten der Wüstenei, war von Eis und Schnee bedeckt, als wir dort ankamen. Fauchende wilde Winde krallten sich an den Zinnen fest und sangen Lieder, die sie am Anbeginn der Zeit schon gesungen hatten. Lieder von Kämpfen und Schlachten, von Siegen und Niederlagen. Gesänge, in denen schreiende Engel mit geschundenen Körpern im Wüstensand ertranken und Wesen, die niemals einen Namen besessen hatten, sich an ihnen zu laben begannen. Lieder, die traurig und wütend waren und voller Sehnsucht nach dem Licht, das lange schon fortgegangen war aus den Gefilden, die eine Winterwelt geworden waren.
    Die Fegefeuer hatten uns mitten in der Festung, die ein Palast war, abgesetzt. Alles war hell erleuchtet, und die Nacht hing wie eine Wolkendecke hoch oben am Firmament der Hölle.
    Es war ein Wiedersehen in den Hallen, die einst den Lichtlord beherbergt hatten.
    Eine Zusammenkunft.
    Alle waren sie da, und der Gedanke, dass das Schicksal jene, die uns am Herzen lagen, verschont hatte, ließ Emily weinend in die Arme ihrer Freundin sinken.
    »Wir haben das Allerschlimmste befürchtet«, gestand Aurora und hielt Emily fest, als gebe es kein Morgen.
    Neil Trent war ebenso nach Pandaemonium gelangt wie Tristan Marlowe, der lässig an einer Wand lehnte und sich nicht anmerken ließ, ob er sich nun über dies Wiedersehen freute oder nicht. Ein reserviertes Nicken war alles, was er Emily schenkte.
    Sariel, der Lichtengel, hockte wie ein Vogel auf einer der steinernen Büsten mit den seltsam verformten Fratzen.
    »Wir müssen reden«, teilte Eliza den Anwesenden mit, »denn die Zeit drängt.«
    Mr. Fox und Mr. Wolf verabschiedeten sich aus der Runde, um Wachtposten zu beziehen.
    Jemand hatte bereits knisternde Feuer entfacht in den Kaminen, von denen es viele gab in Pandaemoniums großer Halle und die goldene singende Engel und tiefdunkle Wolkenmeere zeigten, aus denen Blitze zuckten. In den Bronzeschalen, die sich auf eisernen Ständern überall in dem Palast befanden und die mit Öl gefüllt waren, loderten ebenfalls kleine Feuer. Zudem hatten die Fegefeuer beschlossen, noch eine Weile zu bleiben, und so wurde der Winter, der sich über die Hölle gelegt hatte, fern gehalten.
    »Nehmt Platz«, forderte Eliza Holland uns allesamt auf, »und lasst uns ein Palaver abhalten, bevor wir erneut aufbrechen. Denn wir haben eine Stadt zu retten. Mehr noch, wir müssen ein Übel bekämpfen, das viel zu lange schon unter uns weilt.«
    Und so nahmen wir Platz zwischen den breiten Kaminen und den

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