Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen
wir das zuweilen übersehen.«
Dann verließen wir Piccadilly Circus. Es war an der Zeit.
»Wissen Sie, dass mein Vater hier gespielt hat?«
»Im Cheshire Cheese?«
Sie nickt.
Tiefe Abdrücke hinterlassen ihre Schuhe im hohen Schnee. Spuren, die bald verweht sein werden.
Sie betrachtet den Geigenkoffer in ihrer Hand.
»Wir haben noch nie zusammen gespielt, Adam und ich.«
»Ich weiß.«
Emily sieht mich lange an, zögerlich und auch furchtsam.
»Es gibt keine Zufälle, Miss Laing.«
Sie schaut in den Himmel hinauf, schließt die Augen, ganz kurz nur. Dann sieht sie mich an wie das Kind, das sie einst war und nie wieder sein wird, und sagt: »Ich weiß.« Fügt hinzu: »Aber das macht es nicht einfacher.«
Sie wirft mir einen letzten Blick zu. Und betritt das Cheshire Cheese. Eine Kreideaufschrift auf der neben dem Eingang hängenden alten Schiefertafel kündigt für den Abend »Adam Stewart – Stories & Songs« an. Sie knöpft sich den Mantel auf. Stimmengewirr umfängt sie. Zuhörer sitzen an runden und eckigen Tischen in dem Raum mit der niedrigen Holzdecke. Adam sitzt vorn auf einem Barhocker. Er spielt »Hungry Heart« und sieht sie den Raum betreten. Emily kennt seine Stimme, die ganz anders ist, wenn er singt und auf der Bühne steht.
Sie nimmt die Geige aus dem Koffer und beginnt zu spielen, einfach so. Das ist es, was Adam sich immer gewünscht hat. Ja, sie spielen zusammen, und die Zuhörer drehen neugierig die Köpfe herum, weil die Geige sich wie eine sanfte Umarmung über die Gitarrenstimme legt, zärtlich und wehmütig zugleich. Eine Berührung, die von den Dingen erzählt, die einfach passieren, weil Lieder auch nur lebendige Wesen sind, die wie Menschen zu singen versuchen. Weil Lieder bloß hungrige Herzen sind, die einen Platz zum Bleiben suchen.
Als das Lied zu Ende ist, treffen sich ihre Blicke wie Worte, die nicht mehr gesagt werden müssen.
Emily geht nach draußen, ohne sich umzudrehen.
Sie spürt den eisigen Wind in ihrem Gesicht und sieht die Schneeflocken ihre wilden Tänze tanzen. Sie fühlt sich frei, und der junge Mann, der unter der Laterne vor dem Cheshire Cheese auf sie wartet, schenkt ihr das Lächeln, auf das sie so lange gewartet hat. Sie läuft auf ihn zu, so schnell es nur geht. Lacht und weint, weil das Leben so verrückt sein kann.
»Emily Laing«, sagt er und hebt sie hoch.
»Ich dachte, du seist fort.«
Er küsst sie stürmisch.
»Ich bin hier«, sagt er nur.
Küsst sie erneut.
»Wittgenstein sagte mir, dass ich dich hier finde.«
»Sei still«, bittet sie ihn und schreit ihr Glück laut in die Nacht hinaus, weil ihr hungriges Herz endlich ein Zuhause gefunden hat. Und als Tristan Marlowe sie ansieht, da erkennt sie in seinen wunderschönen Augen das Licht ihres Lebens. So hell und so klar, wie ein funkelnder Nadelstich im Mantel der Nacht.
Danksagung
Die Welt ist wild und manchmal ist es ein langer Weg, bis eine Geschichte zu Ende erzählt ist. Ständige Wegbegleiter waren Steve Jablonsky, Danny Elfman, Klaus Badelt, Hans Zimmer und Frank Nimsgern (auf deren Klangteppichen ich geflogen bin), Wolfgang Niedecken und Anne deWolff (ohne die es eine sehr schöne Szene nicht geben würde), Stephen Smith und Peter Ackroyd (die in »London Underground« und »London – Die Biografie«äußerst tiefe Einblicke in die Stadt der Schornsteine gewährt haben).
Danke auch an das Team bei Heyne: Martina Vogl (die allzeit offen für neue Ideen ist), Uta Dahnke (die gelbe Zettel zu jonglieren weiß), Gisela Frerichs (die immer ans Telefon geht) und Sascha Mamczak (der Mann im Hintergrund), nicht zu vergessen die Zeichenstiftzauberer Dirk Schulz und Andreas Hancock.
Zu danken (für vielerlei) habe ich Ralf Reiter (mit zwei Büchern Verspätung), Stephan Marzi (für den Prag die beste Stadt der Welt ist), Markus Heitz (für die leckeren Frühlingsecken der Finsternis), BioBern von Bodenstandig2000 (für die Bremse und die Mondlandungs-Diskussion), Kai Meyer (für Telefonate und Buch), Gudrun Leinen und Frank Krämer (die wissen, warum) und Christian Rocas (der auch weiß, warum).
Besonderer Dank gebührt Judith Gehr, die eindeutig die beste Hebamme der Welt ist und einen neuen Stern in unser aller Leben hat aufgehen lassen.
Zuletzt danke ich meiner Familie, die, wie immer, geduldig darauf gewartet hat, dass Emily endlich ihren Platz im Leben findet: Tamara (ohne die »Lumen« nicht so romantisch geworden wäre), Catharina Chiara (die Coolness neu definiert), Lucia
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