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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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an Ihnen.«
    Ich zog ein Gesicht.
    »Nun?«
    Eliza klimperte mit den Ringen an ihrer Hand. »Wo, Wittgenstein, glauben Sie, habe ich die letzten beide Jahre verbracht?«
    »Ich denke, dass Sie es uns gleich sagen werden.«
    Sie musste laut lachen, mit einem Mal, ganz unverhofft. »Sie können sehr charmant sein. Wenn Sie nur wollen.«
    Ach, wollte ich?
    Ich musste an Kairo denken, wo ich ihr zum ersten Mal begegnet war. Eliza Holland, die damals noch ein junges Mädchen und weder Lilith noch eine Wiedergängerin gewesen war.
    »Es verhält sich nun einmal so, dass ausgefeilte Lügengespinste einen etwas vorsichtiger werden lassen.«
    Eliza Holland senkte den Blick.
    Holte tief Luft.
    Seufzte.
    Und gestand: »Ich habe fast zwei Jahre in Gefangenschaft verbracht.«
    »Wo?«
    Sie sah sich um. »Hier.«
    »In Pandaemonium?«
    Sie nickte. »Erstaunt Sie das?«
    »Was ist geschehen?«
    »Die Mala’ak ha-Mawet haben mich ausfindig gemacht. Sie wussten von meinen Plänen. Gabriel ahnte, dass ich Lucifer finden wollte. Und ich denke, dass ich auf der richtigen Spur war.«
    »Aber kaum jemand wusste von deinem Vorhaben«, entfuhr es Emily, doch dann flüsterte sie betroffen: »Außer Miss Monflathers.«
    Elizas Blicke sprachen Bände. »Miss Monflathers!«
    »Sie war unsere Vertraute.«
    Das Misstrauen, das wir wegen ihrer Kontakte zu gewissen Personen in Paris gehegt hatten, hatte sich schnell als unbegründet erwiesen, und so war sie für uns wieder zu jemandem geworden, der sich einfach um die Belange der uralten Metropole sorgte. Ein Trugschluss, wie wir nun wussten.
    »Miss Monflathers hat ihr Wissen mit den Black Friars, dem Nyx und Lord Gabriel geteilt.«
    Miss Monflathers war die Spinne, in deren Netz das Wissen der uralten Metropole zusammenlief. Sie unterhielt Kontakte zu Manderley Manor, dem Haus von Blackheath, Nyx und Hemera, den Black Friars. Sie wusste von Paris und der dunklen Bruderschaft. Vermutlich auch von den anderen Metropolen, deren Schicksal von ähnlichen Mächten gesteuert wurde wie jenen, die in London walteten.
    »Es gibt keine Zufälle«, murmelte ich grimmig.
    Und Emily fragte, Eliza zugewandt: »Was ist passiert?«
    Die junge Frau wirkte nachdenklich.
    »Eines Tages«, erzählte sie, »wurden wir vom Geräusch riesiger Schwingen aus dem Schlaf geschreckt.« Sie schien sich nur ungern an diese Begegnung erinnern zu wollen. »Gerade einmal eine Woche befanden wir uns in der Hölle. Hatten einen Plan ausgearbeitet, um den Limbus zu lokalisieren. Doch dann erschienen die Mala’ak ha-Mawet.« Für einen Moment nur schloss sie die Augen. »Es war wie damals in Zmargad.« Sie seufzte. »Lord Gabriel hat Pandaemonium für sich beansprucht, als neuen Himmel für seine Schar.«
    »Und Pickwick?«
    »Der war bei mir, als die Mala’ak ha-Mawet diesen Ort besetzt haben.« Wie bereits zuvor hatte Emily auch jetzt das Gefühl, dass Eliza uns etwas verschwieg. Sie rieb sich müde die Augen, und die Melodie ihrer Stimme wurde langsamer. Schleppender. »Die Mala’ak ha-Mawet sind einfach da gewesen und haben uns überrascht.«
    Eine ganze Horde war es gewesen.
    Kämpferische Engel, die es irgendwie in die tiefste Hölle verschlagen hatte.
    Unheilschwangere Erinnerungen waren mit einem Mal wieder lebendig geworden. An Zmargad, wo Lilith mit ihren Kindern gelebt hatte, als die Mala’ak ha-Mawet in dunkler Nacht angegriffen, eines ihrer Kinder getötet und die Stadt dem Erdboden gleichgemacht hatten. Eliza hatte den Zorn förmlich schmecken können, die überwältigende Trauer, die sie damals beinah um den Verstand gebracht hatte. Die Hilflosigkeit, die an Lilith gefressen hatte und die jetzt ihr selbst gehörte, als sei sie immer schon da gewesen. Sie konnte sich an den Geruch der Wüste erinnern und das Schreien der Babys, an das Weinen und Wehklagen der Frauen und die Schreie der Männer und die verzweifelte Flucht in die Länder jenseits des schroffen Gebirges. Sie erinnerte sich an ihren Gefährten, der sie tot geglaubt hatte. Ja, sie hatte etwas für ihn hinterlassen, auf dem Schlachtfeld vor der zerstörten Stadt. Erinnerungen, im Wüstensand vergraben. Lucifer hatte aus seinen Tränen und ihren Erinnerungen eine Maske zu formen vermocht, und mit deren Lippen hatte Lilith zu ihm gesprochen, hatte ihn mit Worten liebkost und ihm ihr Versteck verraten.
    Damals, nachdem sie einander gefunden hatten, waren sie zusammengeblieben, und all die Jahre über hatte niemand sie zu trennen vermocht. Jede Nacht hatte

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